Samstag, Januar 23

Colored Moth - Ever Dared to Dream Before EP



Band: Colored Moth

Titel/Release: Ever Dared to Dream Before/EP (100x Black Vinyl w/ screenprinted B-Side, Digital, Repress in Planung)

Label: Light Bulb Records

Erscheinungsjahr: 2015

Genre: Experimental Post-Hardcore, Hardcore, Post-Rock, Math

FFO: Dÿse, Paulinchen brennt, Jaked Off Shorts And Loaded Heads

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Kurzinfo:

Der Hannoveraner Freigeist Nils Wittrock hätte mit Colored Moth sicherlich auch eine Menge Spaß im Tonstudio gehabt, denn ähnlich wie dessen Hauptband The Hirsch Effekt, drängt auch das Berliner Trio ihren experimentellen Hardcore an den Rand seiner Definition. Demnach ergeben sich Begriffe wie Artcore, progressiver Post-Hardcore oder Mathcore, die mehr nach Erklärungsnöten klingen, als eine Faustformel. Das spacige Intro "...the Tomorrow People" dürfte dabei wohl der konstanteste Song ihrer "Ever Dared to Dream Before"-EP sein, denn was das Berliner Trio mit den folgenden vier Songs nachlegt, ist keineswegs darum bedacht, sich an irgendwelchen Konventionen zu klammern. "Night Skies" in etwa quält sich durch skurrile Post-Rock-Soundscapes und artet mittendrin in Dÿsische Hardcore-Eskapaden aus, während das folgende "Craniotomy" die zerflossene Hardcore-Masse wieder zu einem bedrohlich-stampfenden Post-Hardcore-Smasher der Marke Always Wanted War zusammenkehrt. Die beiden letzten Songs leben vor allem von ihrer instrumentelle Willkür und stottern sich durch mathige Zerfahrenheit und moshigen Breaks, aber auch treibenden Melodien wie im abschließenden "Tragedy on Saturn", das genau dort die Stimme erhebt, wo man es sich bei den früheren Releases von ASIWYFA gewünscht hätte.
"Ever Dared to Dream" wurde von Matti//El atae (u. A. Hive, Nervöus) aufgenommen und abgemischt, in der Oldenburger Tonmeisterei gemastert und über das eigene Label Light Bulb Records veröffentlicht. Ihre auf 100 Stück limitierte, B-Seiten-besiebdruckte 12" war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Nachschub (ebenfalls limitiert auf 100) soll nächste Woche folgen.

DL Ever Dared to Dream Before


Montag, Januar 11

Hollywood Trash Vol.5

The Pizza Underground



Seine zwei Darstellungen als 8-jähriger Rotzlöffel, der sich jeweils zu Weihnachten mit zwei trotteligen Einbrechern herumärgern muss, machten Macaulay Culkin quasi über Nacht zu dem Kinderstar der 90er-Jahre. Nachdem die Kinoerfolge fortlaufend ausblieben, folgte nach dem Millenium ein für Hollywood beispielhafter Absturz in die Belanglosigkeit, der sich schließlich auch auf das Privatleben des einstigen Teenieidols auswirken sollte. Scheidung, Drogen- und Alkoholexzessen, Knast. Der Weg zum Rockstar schien geebnet zu sein. Um so erstaunlicher war es, dass sich Culkin für einen wesentlich unprätentiöseren Weg entschied und 2012 gemeinsam mit Phoebe Kreutz (Two Kazoos, Urban Barnyard), Matt Colbourn und weiteren Angehörigen der urbanen Folkszene New Yorks die Anti-Folk-Gruppe The Pizza Underground gründete. Der Name zeigt dabei schon die beiden Hauptmerkmale der Band auf: The Pizza Underground covern Klassiker von The Velvet Underground und ihres Masteminds Lou Reed und stopfen sie mit albernen Texten über die WG-Mahlzeit Nr.1 aus. Live können dann auch schon mal andere Songs von beispielsweise Nirvana dran glauben. Schüchterne Akustikgitarren; eine Pizza-Box als Schlagzeugersatz; unaufdringlicher, mehrstimmiger Gesang - und Culkin quält ein paar undefinierbare Laute durch's Kazoo.
Für Diejenigen, die "Kevin allein zu Haus" in ihr alljährliches Weihnachtsritual integriert haben und stets mit Wehmut zurückblicken, sind The Pizza Underground wahrscheinlich der endgültige Abgesang (aha, man bemerke das Wortspiel!) ihres weihnachtlichen Lieblingslausbuben. Wir sagen: warum nicht gleich so?!

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Tom Cruise & Katie Holmes

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Tom Cruise & Katie Holmes, mal lediglich Tom & Katie, TomlovedKatie oder 汤姆克鲁斯和凯蒂赫尔姆斯 - das Shanghaier Quartett um Frontsängerin Cee Q (Marquee VII) und ihren heimischen wie interkontinentalen Mitstreitern von Bands wie Pairs, Hu Jia Hu Wei, Pale Heads und So So Modern, will sich da nicht so genau festlegen. Ähnlich verhält es sich mit ihrem Sound, der grob als eine Melange aus Dreampop, Shoegaze, Noiserock, Drone und landestypischer Folkore beschrieben werden kann. Mit ihrer schwelgerischen Stimme und weich-pluckernden Keys erschafft die Band träumerische Soundscapes, die immer wieder in grell-leuchtenden Nebelschwaden verschwinden. Tom Cruise & Katie Holmes kreieren eine trügerische Idylle, die jederzeit von einer drohenden Unruhe oder gar einem Tobsuchtsanfall durchberstet werden kann. Alles kann, nichts muss - das ist die Lehre, die spätestens seit Anbeginn asiatischer Martial-Arts- oder Monsterfilme in uns wohnt. Von einer derartiger Rasanz sind die bisherigen drei Band-Releases allerdings meilenweit entfernt. Vielmehr spielen sich ihre Songs in einer gänzlich fantastischen Welt ab, die vielleicht auch deshalb in der Wirklichkeit nur schwer greifbar sind.




Bud Spencer

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Er war das grimmige und wortkarge Pendant zu Terence Hill. Nicht gerade die geistreicheste Seele, seine Bodenstampferschläge und Ohrfeigen dafür um so schlagfertiger. Carlo Pedersoli, Bud Spencer's bürgerlicher Name (und mittlerweile selber Singer/Songwriter), war vor allem für seine stumpfe Hau-Drauf-Action und mimische Situationskomik bekannt. Eine nur bedingt gelungene Überleitung zur französischen Band Bud Spencer, denn an Stelle von überzogenem Nonstop-Geknüppels mit Slapstickeinlagen, liefert uns das Trio aus Nancy instrumentalen und progressiven Stoner-Sludge. Damit distanzieren sich die drei Hardcoreveteranen weitgehendst von ihren Metal-, Trashcore- und Grindcorevorprojekten wie Meny Hellkin, Gu Guai Xing Qiu, Shall Not Kill oder Strong as Ten.
Ihr erster Longplayer "People Are Curious But From the Outside", das zweite Release nach ihrer Debüt-EP "Le Commencement", pendelt vielmehr dynamisch zwischen fies grummelnden Groove und 80er-Jahre-Score á la "Running Man" und "Terminator". Vielleicht wäre ja Arnold Schwarzenegger der bessere Bandname gewesen...



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Eddie Brock

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Hier die obligatorische Quotenband aus dem Bereich Trashcore/Powerviolence. Da ich kein Marvel-Freak bin, Google mich auf der Suche nach Bandinfos aber immer wieder auf die Fährte von Spider-Man frohlockte, gehe ich davon aus, dass da wohl zumindest ein vager Zusammenhang besteht. Eine heimliche Affäre vielleicht?...
Hinter Eddie Brock, der Band aus Baltimore, verbergen sich drei Amerikaner, die sich 2009 zusammenfanden, drei 7inches einprügelten und sich 2013 wieder auflösten, um fortan mit Sokushinbutsu (kaufe HIER) im metallischen Trashsektor für Furore zu sorgen.
Ihre Rezeptur ist simpel wie altbewährt: hämmernde Riffs, asoziales Gegrowle und wütend-berstendes Stakkato-Geknüppel. Alles, was das Pennerherz zum Schlagen braucht und noch viel weniger. Dicke Empfehlung für Fans unserer Hallenser Jungs von BATTRA//.

DL Split w/ Lapse A-Seite & B-Seite

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PAVEL CHEKOV

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PAVEL CHEKOV - ihr lest richtig, ihr Trekkis - atmen entgegen oben genannter Eddie Brock wesentlich mehr San Diegoer Küstenluft ein bzw. speihen diese postwendend wieder aus - mit Galle! Trashy und angry Fastcore der Marke Charles Bronson. Das all ihre Tape-Releases fast restlos vergriffen sind, ist daher also keine allzu große Überraschung. Ihrem genre-typischen Gebolze mischt das Trio aus Dallas vermehrt altväterlich-sowjetische Volkspropaganda unter, die regelrecht in den Songs miteinfließen. Ein durchaus gelungener Kontrast-Konsens und somit der solide Abschluss unseres fünften Hollywood-Trash-Volumens.

DL Split w/ Endless Swarm A-Seite & B-Seite
DL unfinished Split
DL Split w/ Criminal Slang
DL V.I. Lenin EP
DL 1701 Warpcore EP

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Donnerstag, Januar 7

Cold Kids - Demo Tape



Band: Cold Kids

Titel: Demo/EP (25x Tape, Digital)

Label: Trainwreck Tapes

Erscheinungsjahr: 2015

Genre: Synth-Punk, Wave, Deutschpunk

FFO: Jens Rachut, Ton Steine Scherben, Oma Hans

Links: Bandpage\\//Facebook



Kurzinfo:

Ich muss es mal so banal schreiben: angefangen beim Bandnamen bis hin zur Musik, klingt das hier alles irgendwie vertraut. Der banale Unterschied allerdings ist, dass einem die Cold Kids trotzdem eiskalt erwischen, vor allem, wenn man ihnen genau mit dieser Einstellung gegenüber tritt. Rein oberflächlich trifft auf ihrem Demo-Debüt Wave-lastiger Deutsch(-Post)-Punk auf Reiser-Rachut'scher Kaltschnäuzigkeit. Das ist OK, denn immerhin hat dieses Konzept in der jüngeren Vergangenheit eine Menge großartiger Underground-Bands zum Vorschein gebracht. Wer das Bamberger Quartett aber allein daran aufhängen will, läuft Gefahr, all die ausgeklügelten, eigenen Ideen der Band schlichtweg zu überhören. Klar, die Stimme ist angepisst, spröde und klagt das Leid von hunderten durchzechten Kneipennächten, nur, dass sie eben nicht bloß mit dem Starrsinn und der Direktheit des Deutschpunk durch die Wand rammelt. Das Wort ist die stärkste Waffe des Beamten? Blödsinn! Dieses Patent halten schon längst die Punks in ihren Händen. Zumal wir ohnehin die besseren Argumente auf unserer Seite haben. Den Beweis liefern die Cold Kids mit ihren ironischen, teils sarkastischen Texten, wie im eröffnenden, bitter-amüsierenden und behördensprachlichen "Mühlen".
Den soundtechnischen Kontrast zur altehrwürdigen Deutschpunk- und NDW-Riege dagegen, bilden vor allem die frivol aufspielenden Synthies, die die Band zwar nicht bedingungslos in die Arme der post-modernen Jüngerschaft von Gruppen wie Snarg, Walter Kovacs, Antitainment & Co. treibt, jenen aber vielleicht immerhin ein Augenzwinkern abgewinnen kann.

DL Demo

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Sonntag, Januar 3

Leonard Las Vegas - Jagmoor Cynewulf LP



Band: Leonard Las Vegas

Titel/Release: Jagmoor Cynewulf/Album (1x Black Swirl Clear, 38x Clear & 62x Black Vinyl + CD, CD, Tape, Digital)

Label: Blackjack Illuminist

Erscheinungsjahr: 2015

Genre: Indie(-pop), Dream(-pop), Noise, Post-Rock, (Cold) Wave, Shoegaze

FFO: the pAper chAse, The Cure, My Bloody Valentine, David Bowie

Links: Facebook\\//Bandcamp\\//Twitter\\//Myspace\\//Youtube\\//Last.fm



Kurzinfo:

Buch oder Verfilmung? Die Frage, was denn wohl besser ist, scheint sich nur in den wenigsten Fällen ernsthaft zu stellen. Den Score oder Soundtrack zu einem Film, kann man hingegen als gelungen empfinden oder eben als Gegenteiliges. Und wie verhält es sich bei dem Soundtrack zu einem Buch? Lässt sich das überhaupt vergleichen oder objektiv bewerten?
"Jagmoor Cynewulf" ist nicht nur die erste Buchveröffentlichung des Königs Wusterhausener Labels Blackjack Illuminist, sondern gleichzeitig auch Leonard Las Vegas' viertes Studioalbum, der Zwei-Mann-Band um Labelchef Alex Donat und dem Würzburger Drummer, Cajonist, Percussionist und Sänger David Kandert (u. A. bei Clemens Bittlinger und Mofa Kahului). In beiden Varianten kämpft der gleichnamige Protagonist gegen seine eigene Psyche an, unterwirft sich, von Selbstzweifeln zerfressen, existenziellen Fragen und findet sich schließlich in einer Welt wieder, die sich erst langsam zusammensetzt, zu erahnende Konturen offenbart, merkwürdige Figuren kreiert und die letztendlich immer wieder in sich zusammen fällt. "Jagmoor Cynewulf's" Weg führt durch ein sich selbst reproduzierendes Labyrinth voller heller und dunkler Räume, hinter deren Türen nichts weiter als Ungewissheiten lauern, die den ohnehin schon verunsicherten Kerl wie Sirenen in Sackgassen, zu Trugbildern oder schlicht in die Irre führen. Ja, sowohl Buch als auch Album biedern sich derartigen psychologischen Metapherfloskeln regelrecht an. Aber es ist OK, wenn man weiß, worauf man sich einlässt. Schließlich stolpert man über Autor und Band nicht zufällig. Ein vertracktes Psychogramm (Buch) und ein schizophrenes Stück Experimentalmusik.
"Jagmoor Cynewulf", dem Album, merkt man die Verunsicherung seines Protagonisten an und in lyrischer Hinsicht lassen die beiden Musiker auch keinen Zweifel darüber aufkommen, dass dem tragischen Helden sein verhängnisvoller Weg vorher bestimmt ist. Dennoch wirkt die akustische Umsetzung um Einiges heller, als die morbide Literatur. So trudelt das Album sanft und verträumt mit dem zwischen Shoegaze und Indie pendelnden "Where to Go?" ein, in dem sich ein melancholisches Piano und eine muntere Gitarre zu einer mitreißenden Melodie aufschaukeln. Doch bereits im folgenden "Checkout & Goodbye" oder im Violinen-begleitetem "Through the Dark of the Atmosphere", die im Kern von nicht weniger Hitpotential zusammengehalten werden, fängt die harmonische Fassade allmählich an zu bröckeln. Diesen Songs kann man ohne Weiteres Pop-Affinität zusprechen, nur, dass Leonard Las Vegas auf eine dicke Zuckerglasur verzichten. Ein Rezept, mit dem bereits the pAper chAse einen höchst eigenwilligen Stil kreierten. Um mutwillige Destruktivität geht es der Band aber ebenso wenig, wie die totale Verstörung des Hörers. Einen fragilen, sich manisch wiederholdenden und stetig aufputschenden Song wie "Birth & Death, Stuff That Freaks Us Out" in etwa, haben Pearl Jam mit "Bugs" oder "Hey Foxymophandlemama That's Me" um einiges labiler hinbekommen. "Jagmoor Cynewulf" zielt darauf aber gar nicht ab. Es ist vielmehr ein facettenreichen Portrait, das trotz seiner Kuriosität viel Wärme und Licht ausstrahlt und seine Zerbrechlichkleit überwiegend in Alex' Stimme zum Ausdruck bringt. Stellenweise könnte sich sogar der Eindruck aufdrängeln, dass sich der Protagonist ganz wohl fühlt - in seiner eigenen Welt. Ein Trugschluss, der sich wohl erst offenbart, wenn man die Zeit zum Lesen aufbringen kann.

Stream & Buy "Jagmoor Cynewulf"


Jahres-Sampler