Donnerstag, Februar 28

Extinct - A Piece Of Extinction!



Kurzinfo:

Nach dem Best Of, ist vor dem Nächsten. Die Querfurter Band Extinct legt knapp drei Jahre nach ihrem "Greatest Hits" eine sechs Song starke EP nach und erweitert damit ihre bislang eindrucksvolle Diskografie. Wie es sich für eine Band im Spannungsfeld zwischen Powerviolence und Hardcore-Punk gehört, lassen sich die Songs nicht anhand von Attributen wie den klassischen Strophe-Refrain-Mustern oder Schönklang bewerten. Stattdessen sorgen die vier Sachsen-Anhaltiner auch diesmal wieder für einen wohlig-düsteren AZ-Sound im gemütlichen Kreis der Pogenden.
Und so kündigen sich Extinct mit dem anfangs noch schleppenden Opener "Redundancy" standesgemäß bedrohlich an, ehe der Track mit dem einsetztenden Scream-Shout-Duett so langsam Betriebsklima aufnimmt. Mit dem folgenden "Abuse" legen die Jungs dann auch furios los. Was für ein Brett, dass die Angepissheit über die Gesamtscheiße auf den Punkt bringt. Ein misanthropischer Reigen, der sich mit niederdrückendem Downtempo-Riffing und explodierenden Blowouts über die gesamte EP erstreckt.
Untermalt wird die Endzeitstimmung durch das tolle Artwork von OdeToBlack.
Kleiner Schmankerl für die Kassetten-Liebhaber: die Tape-Version über Lower Class Kids kommt auf der B-Seite mit einem kompletten Live-Set vom Gig im Gerber 3 in Weimar vom 14. August 2018.


Band: Extinct

Titel/Release: A Piece Of Extinction!/EP (7" Vinyl -> 5x Testpress w/ Alternate Cover, 57x Black, 156x Green; 66x Tape; Digital)

Label: Affront Vinyl (7"), Lower Class Kids (Tape)

Erscheinungsjahr: 2019

Genre: Powerviolence, Hardcore-Punk

FFO: Strafplanet, Svffer, Derbe Lebowski

Links: Facebook\\//Bandcamp\\//Instagram\\//Youtube




Stream "A Piece Of Extinction!"

Buy Vinyl

Buy Tape


Montag, Februar 25

Platte des Monats 02/2019: Whole - Bias



Kurzinfo:

Musikalisch spielt sich heutzutage Vieles auf digitaler Ebene ab. Klar, die Sound-technischen Möglichkeiten sind schier unbegrenzt, während sich der logistische Aufwand dazu in einem überschaubaren Rahmen bewegt. Eine Band jedoch live zu erleben, entfaltet dann aber doch nochmal eine ganz andere Intensität - oder führt im schlimmsten Fall zu einem bösen Erwachen. 
Das ist sicher nicht die Weisheit des Tages, im Falle von Whole aber schon etwas Besonderes. Hat sich Eigentüftler Alex Donut in den letzten Jahren überwiegend im heimischen Studio eingenistet und über das eigene Label in regelmäßigen Abständen seine Solo-Projekte (u. A. Feverdreamt, Fir Cone Children, Vlimmer) veröffentlicht, tourt die andere Whole-Hälfte Thomas Schernikau seit 2011 mit der Depeche-Mode-Tribute-Band Forced To Mode äußerst erfolgreich durchs Land und spielt vor ausverkauften Häusern. 
Seit ihrer gemeinsamen Tour in 2009 - mit ihren damaligen Bands Leonard Las Vegas und der FTM-Quasi-Vorband Forced Movement - , verbindet die beiden Musiker eine Freundschaft, die im letzten Jahr schließlich zum erneuten musikalischen Zusammenschluss führen sollte. Nur diesmal eben als gemeinschaftliche Band, die sich entgegen ihrer anfänglichen Intention nicht scheut, ihre Virtuosität auch auf der Bühne auszuleben. Und mit dem Begriff Virtuosität stehen wir auch schon im Mittelpunkt von Whole's Debüt-Album "Bias". Die beiden (Rand-)Berliner haben es in Rekordzeit geschafft, ihre unterschiedlichen Einflüsse und Vorlieben perfekt miteinander zu verflechten. So schwebt nicht nur über den morbiden "Lust/Terror" und "Tides Made By Our Hands" die schwarze Seele von Depeche Mode, während sich ein Song wie "What Scares You" in einer ähnlichen Weise psychotisch verstrickt, wie es auf den letzten beiden Leonard Las Vegas-Releases nicht selten der Fall war. Diese allgegenwärtige, düstere Abgründigkeit saugen Whole aber nicht nur aus ihrer eigenen Inspiration. Reminiszenzen an Bowie-esken Avantgardismus bis hin zu Reznor-ische Destruktivität, aber auch schwelgerische Passagen á la Radiohead, ziehen sich wie ein roter Faden durch das gesamte Album. "Berghain" nimmt den Hörer mit einer eingängigen Melodie an die Hand und entführt ihn fast schon verführerisch in immer trügerischere Sphären, nur, um ihn einen Song später inmitten einer fast schon versöhnlichen Düsterballade abzusetzen.
Whole öffnen mit "Bias" das Tor zu einer neuen Dimension des Synthpop. Ein Album zwischen Licht und Schatten, gespickt mit vielen versteckten Details, voll fragiler Poesie, betörend und verstörend zugleich.


Band: Whole

Titel/Release: Bias/Album (15x Tape, Digipak-CD, Digital)

Label: Blackjack Illuminist

Erscheinungsjahr: 2018

Genre: Synthpop, Indie, Electronic, New Wave, Gothic

FFO: David Bowie, Radiohead, Depeche Mode

Links: Facebook




Stream & Buy "Bias"


Freitag, Februar 22

Wiederhören: Stompin' Souls - ...And It's Looking A Lot Like Nothing At All



Es liegt sicher auch an der zeitgenössischen Überflutung gleichartiger Bands, dass einige tolle Genre-Vertreter schlichtweg in die Belanglosigkeit versunken sind. Was wurden meiner Zeit Mando Diao oder The Hives in den Indie-Discos und Radiostationen durch die Boxen gejagt und somit regelrecht totgenudelt. Doch warum, verdammt nochmal, habe ich da nie einen Song wie "Into The Firing Line" oder "Nothing Is Holy Now" von den Stompin' Souls gehört?! Ganz im Ernst: manchmal frage ich mich, ob mein Musikgeschmack wirklich so verkorkst ist. Wahrscheinlich würde ich als DJ auch immer bloß vor einer handvoll Anstandsgästen wie meinen Eltern auflegen. Ja, du kannst alles schaffen, wenn du nur daran glaubst. Ich glaube jedenfalls, dass Stompin' Souls mit ihrem Album "...And It's Looking A Lot Like Nothing At All" ein klasse Debüt abgeliefert haben, das sich hinter den vermeintlichen Größen keineswegs zu verstecken braucht. Energie-geladener Schweden-Pop trifft auf rotzigen Garage und vereint sich zu höchst infektiösen Moshpit-Gedränge. Und mit "Put Me On, Bring Me Out" hatten die fünf Schweden, von denen einige vorher bei der Ska-Kombo The Funpark Five mitmischten und andere mittlerweile Game-Soundtracks komponieren, sogar einen echten Hit hierzulande. Für mich eher einer der schlechteren Songs des Albums, wo wir aber wahrscheinlich wieder bei meinem verkorksten Musikgeschmack gelandet wären.
Ob es nun an der banal-beiläufigen Orgel liegt, dem mangelnden Durchhaltevermögen der Band (Album #3 wurde 2012 angekündigt aber nie veröffentlicht) oder doch an der starken Konkurrenz - Stompin' Souls hatten leider nie die Aufmerksamkeit erhalten, die sie meiner Meinung nach mit diesem Album verdient gehabt hätten.


Dienstag, Februar 19

Paulinchen Brennt - "wie Salz"



Kurzinfo:

Ich hatte schon die Befürchtung, dass Paulinchen Brennt bloß ein kurzweiliges Spaßprojekt wird, das nach dem ersten musikalischen Aufschrei ("Viele werden satt", 2016) mindestens genauso schnell wieder verstummt. Auch, weil Bassist, Sänger und Tausendsassa Daniel Schmitt in der Zwischenzeit für mehr Furore mit der Alternative-Desert-Rock-Formation Cannahann sorgte und kürzlich mit Maffai ein kleines Independent-Star-Ensemble um sich versammelte.
Zum Glück, wie sich nun also herausstellte, sind die drei Nürnberger/Leipziger immer noch kräftig am Tüfteln, was sie der Hörerschaft in Form einer zwei Song starken 7inch präsentieren. Ihr Label- und gleichzeitig Vinyl-Debüt "wie Salz" beginnt mit messerscharfen, abgehackten Riffs, mündet in plänkelnden Hooks, Flirr-Gitarren und wird durch kehliges Geschreie aufgerieben, ehe inmitten des Songs dieser unerwartete Hymnenchor selbigen vollkommen aus der Bahn wirft. Mit "Souzeraine" macht das Trio unmissverständlich klar, dass Menschen mit Vorliebe für Erwartungshaltungen und Schubladendenken bei ihnen nicht lange durchhalten werden. Mich persönlich erinnert der Song stark an Biffy Clyro zur "Infinity Land"-Ära oder auch Masada, die in ihren Konzepten einen ähnlichen Ansatz von destruktivem Schönklang verfolgten.
Der Titel-Track kommt da schon mit wesentlich monotoneren Saitenschlägen aus, verleiht dem schleiernden Post-Rock-Gedanken des Vorgängers hingegen mehr Kontur und galoppiert mit einer melancholischen Grundstimmung gen 90er-Skramz.
Aufgenommen und aufpoliert wurde übrigens im Leipziger Laboratorium von LIITTO-Kopf Jens Anders, der sich mit verqueren Genre-Koryphäen jeglicher Art (u. A. DRRST, Empire Club und Kraene) ja bestens auskennt und "Souzeraine" kurzzeitig sein zartes Stimmchen leiht.


Band: Paulinchen Brennt

Titel/Release: "wie Salz"/EP (200x Black 7inch; Digital)

Label: 30 Kilo Fieber Records, Different Records, Not So Happy Records

Erscheinungsjahr: 2018

Genre: Mathcore, Post-Hardcore, Screamo

FFO: Cortarmao, Tentackle, Dÿse, Masada

Links: Bandcamp\\//Facebook\\//Youtube




DL "wie Salz" Here & Here

BUY Here & Here




Strommasten - Allerzweite Sahne



Kurzinfo:

Einige werden mir jetzt sicherlich zusammengewachsene Augenbrauen wünschen, aber auch nach neun Jahren kann ich noch immer nichts mit dem Proleten-Punk von Kraftklub anfangen. Zum Glück sind Strommasten eben nur "Allerzweite Sahne" und fliegen noch weitestgehend unter dem Radar. Dabei haben die elf Stücke ihres Debüt-Albums durchweg das Zeug in sämtlichen Mainstream-Radio-Playlisten zu rotieren. Ungeniert und unbekümmert dessen, dass die vier Dortmunder mehr darauf bedacht sind, Klischees zu bedienen als neue Akzente zu setzen, bewegen sich die Stücke straight durch fröhlich hüpfenden Indie-Pop mit vielen elektronischen Plucker-Elementen und dezentem Silberblick Richtung überdrehte und knallbunte NDW. So schwebt nicht nur über das selbstgefällige "Gleich vorne an" der Geist von Falco. Ansonsten könnten sich Strommasten auch unbemerkt unter die Riege der Anfang 2000 sprießenden deutschen Indie-Pop/Rock-Szene mischen, in der einprägsame wie simple Melodien und pathetische Lyrics eben noch gebührend abgefeiert wurden in den Dorfdiskotheken. Würde mich doch stark wundern, wenn das 2019 anders sein sollte...


Band: Strommasten

Titel/Release: Allerzweite Sahne/Album (200x Digipak-CD; Digital)

Label: DIY (Boketto Records)/Bandcamp

Erscheinungsjahr: 2017

Genre: Indie, Indie-Pop

FFO: Samba, Virginia Jetzt!, Die Sterne

Links: Bandpage\\//Facebook\\//Bandcamp\\//Youtube




Stream & Buy "Allerzweite Sahne"



Samstag, Februar 16

Die Bandcamp-Punks Vol. 31

Bruised Willies - Dark Humour



Die Südost-asiatische Insel-Kette war für mich in musikalischer Hinsicht bislang nicht sonderlich interessant, mit Ausnahme des malaiischen Labels Utarid Tapes natürlich, das aufgrund gemeinsamer musikalischer Interessen kontinuierliche Beziehungen auch zu deutschen Labels pflegt (u. A. Time As A Color, Moment Of Collapse). Bruised Willies haben damit direkt erstmal recht wenig zu tun, fördern mit ihrer dritten EP nun aber auch schon über zwei Releases die deutsch-asiatische Freundschaft. Wie zuvor schon "John Malkovich Was Great As John Malkovich In Being John Malkovich", erscheint auch "Dark Humour" als Co-Release der Labels Dangerous Goods und Dingleberry Records. Und wie bereits Bandname und Titel der Vorgänger-EP zeigen, erweisen sich die drei Singapurer als wahre Cineasten, was auch auf der neuen EP in Form von schwarz-humorigen Zitaten aus Filmen wie "Grosse Point Blank", "7 Psychos" oder "Kiss Kiss Bang Bang" zum Ausdruck kommt. Musikalisch bewegen sich Bruised Willies ziemlich straight zwischen Emo, Punk, Alternative und Post-Grunge mit ganz viel Pop-Punk-Affinität. Das ist zwar nichts Neues und erinnert ungeniert an Größen wie Citizen und Cloud Nothings oder auch Vertreter hierzulande (Pool Rules, Oat), bringt aber eine Menge Spaß mit. Und eben das, ist auch das erklärte Ziel dieser Spaßtruppe aus Szene-bekannten Musikern von Bands wie The Caulfield Cult, To Hell With You und Abolition A.D.. Nicht mehr und nicht weniger.


DL "Dark Humour"

Buy Here



Disgusting News - Demo

Facebook
Auf wesentlich pissigeren, aber keineswegs melodieärmeren Pfaden wandelt die Band Disgusting News, die im Sommer dieses Jahres mit ihrer Demo-EP debütierte, deren Sound der dunklen Jahreszeit aber irgendwie besser zu Gesicht steht. Die Band aus Bielefeld, die sich den Drummer mit der noisigen Hardcore-Punk-Band Phantom Pain teilt, vermittelt vor allem lyrisch viel aggressive Anti-Haltung, die sicher auch im ortsansässigen AJZ viel Anklang finden dürfte. Dazu ein herrlich manisch-wirbelndes Schlagzeug, in die Prärie galoppierende, dreckige Gitarren und eine Sängerin, die echauffiert Gift und Galle spuckt und dabei gelegentlich Rückendeckung ihrer nicht weniger angepissten männlichen Kollegen erhält. So und nicht anders, sollte Punk klingen, der ernst genommen werden will.
Mit Hilfe von No Firecracker, Please, veröffentlichte das nordrhein-westfälische Quartett sein Demo auf Tape. 

DL "Demo" Here & Here

Buy Tape via PM on FB



Lunch Break - Demo 2018


Herrlich angespisst klingt auch der heisere Schreihals hinter dem Mikro von Lunch Break. Das Berliner Trio, dem zwei ex-Sleep Routines angehören, spielt rotzig-schnellen Hardcore-Punk mit einem Hauch von D-Beat und Crust, der mich vor allem in den rockig-überschäumenden, melodischen Parts wie in "Wrongnorw", "Radar Love II" und "Solving Strategies" an die dänischen Crust-Punks Parasight erinnert. Übrigens genauso eilig scheinen es die drei Hauptstädter auch zu haben, die die neun Songs ihres Debüt-Demos in der gleichen Zeit über die Bühne bringen, wie oben genannte Disgusting News die sechs ihres eigenen. Und die lagen mit knapp 9 ½ Minuten schon gut in der Zeit. 
Bis auf den PWYW-Download auf Bandcamp, sind derzeit nicht wirklich viele Infos über Lunch Break im Netz zu finden. Aber sowohl das kultige Cover (ich liebe diese verdammte Frühstück-Szene) als auch der kurze musikalische Amoklauf, hätten zumindest ein Tape-Release mehr als verdient.

DL "Demo 2018"



Bomb Out - Bomb Out

Facebook\\//Bandcamp\\//Instagram
Dritte EP des 2013 gegründeten Quartetts Bomb Out. Das Berliner Underground-Star-Ensemble um (ehemalige) Mitglieder von Fabrik Fabrik, Sleep Routine, New Golden und somit auch aus dem näheren Henry Fonda/Ancst/Afterlife Kids-Umfeld, serviert uns auf der selbstbetitelten EP vier gewohnt eingängige und äußerst aggressive Hardcore-Smasher, die im Moshpit garantiert für eine unangenehme und schmerzhafte Rudelbildung sorgen dürften. Straight in your face, lautet hier wohl die Attitüde. Nur gut, dass diese Jungs ihre Herzen am linken Fleck tragen, da verzeiht mensch dann gerne auch mal einige platt-gedroschene Phrasen. Zumal "Bomb Out" zu guter Letzt mit dem Chab Loozy-Rap-Feature "Kein Pardon" nochmals ordentlich hinlangt.


Buy "Bomb Out"



Gilb - Tape 1


Na wenn das mal kein gewollter Flashback ist... . Vieles auf Gilb's Debüt-EP "Tape 1" klingt wohl-wollend vertraut. Noisige, fast schon surfige Schrammelgitarren, die das solide und um Ordnung bemühte Drum-Bass-Fundament immer wieder aus der Ruhe bringen und hektisches Weirdo-Geschreie, sind die simplen wie effektiven Bausteine dieses katharsischen Garage-Hardcore-Punk-Gebräus. Sechs Songs, die in knapp neun Minuten weniger um Schönklang, als vielmehr um ein ausgelassenes AZ-Feeling bemüht sind.
Freunde des Flennen-Kollektives wissen unlängst, dass sich hinter Gilb umtriebige Gesichter aus Berliner Kombos wie Zelf, Pigeon, Molde und Pretty Hurts verbergen und zudem 3/4tel Deltoids, was optisch (Tape-Cover) wie musikalisch einige Parallelen offenbart.

DL "Tape 1"



Videowelt - Benediction

Instagram
Mit der ebenfalls aus Berlin stammenden Band Videowelt, folgt ein Vertreter aus dem Umfeld des Flennen-nahen Labels Spaeti Palace. Videowelt ist ein audio-visuelles Musikprojekt von Alex Roth (Yoga, Redakteur bei Tausend Ebenen), der sich für die musikalsiche Umsetzung u. A. Billy Billfred  von Trucks und Benjamin Wild aka DJ Dingo Susi auf die Bühne holte. So ist es nicht überraschend, dass auch in akustischer Hinsicht über die Debüt-EP "Benediction" ein künstlerischer wie experimenteller Charakter schwebt, der sich glücklicher Weise nicht zu tief in Spielereien verstrickt. 
Stilelemente aus Drone, Doom, Lo-Fi und Noise fordern von der Hörerschaft zwar eine gewisse a-puristische Offenheit ein. Auf der Basis von eingängigem Post-Punk, liefert das Quartett mit "Seventeen", "Televangelism" und dem Titeltrack dennoch einige melodische Songs zum Mitwippen ab.

DL "Benediction"



Freidenkeralarm - Nie Wieder Faschismus

Facebook\\//Youtube\\//Bandcamp
Kennt hier noch jemand diese intellektuelle Emo-Indie-Ska-Punk-Band Tut Das Not? Ich war jedenfalls ziemlich von derem Album "Bildfänger" angetan, was wahrscheinlich aber auch an der damaligen Zeit lag, in der ich meine Ohren mit viel Deutsch-Indie(-pop) á la Tomte, Tocotronic, Samba und Schrottgrenze weichspülte. Jedenfalls hat sich die Trierer Band Freidenkeralarm nach dem scheinbar auf Spotify beliebtesten Song eingangs erwähnter Band benannt, wobei wir die Suche nach weiteren Gemeinsamkeiten auch schon wieder getrost einstellen können.
Das Trio aus der ältesten Stadt Deutschlands (ja, wir sind stets um etwas Rucksackwissen bemüht) spielt munteren wie melodiösen Punkrock. Ihre zweite, ebenfalls im letzten Jahr erschienene EP "Nie wieder Faschismus" richtet sich konzeptionell über fünf Songs gegen braunes Gedankengut, mal direkter, mal ironisch oder Klischee-bedienend. Die Marschroute ist von Anfang an klar und mündet stets in eingängige Singalongs. Das hier hat Potential zu mehr, 2018 war zumindest das Ertrag-reichste Jahr der Ende 2016 gegründeten Band. Mal schauen, was Freidenkerlalarm 2019 noch so alles reißen können.

DL "Nie wieder Faschismus"



Limp Blitzkrieg - Koniec Kraju Polska

Facebook\\//Bandcamp
Nicht nur wir sehen uns mit einem zunehmenden Rechtsruck konfrontiert, auch die polnische Bevölkerung muss spätestens seit 2015 miterleben, wie durch die rechts-konservative Partei PiS die Demokratie Stück für Stück aus der eigenen Verfassung gedrängt wird. 
Die in Polen beheimatete Band Limp Blitzkrieg hat mit ihrem zweiten Longplayer darauf nur eine Antwort - "Koniec Kraju Polska", zu deutsch: "Nieder mit dem polnischen Staat". 
Mit wütendem Hardcore-Punk keift das Warschauer Quartett gegen Diskriminierung, Patriotismus und rechte Tendenzen, aber auch gegen die Gemütlichkeit der Punk-Szene. Der grundlegende Queer-Gedanke der Band, der vor allem durch die Galle-speiende Frontfrau versprüht wird, findet schlussendlich Fromvollendung im Alex Freiheit (Siksa) - Feature "Dobre Rady" und Limp Wrist-Cover "The Ode".

DL "Koniec Kraju Polska"

Buy Here, Here & Here



Knarre - Live Demo (Epple, 23.06.18)

Facebook
Und als seichten Abgang zum Schluss bekommt ihr nochmal eine rohe Schippe Rumpelpunk serviert. Eigentlich bin ich auf das Quartett Knarre aus Baden-Württemberg auch nur aufgrund meiner Recherchen zur gleichnamigen Berliner Skramz-Pop-Band gestoßen. Doch statt Balsam für die Ohren, durchdrang meine selbigen überraschender Weise kakophonischer wie ironischer als auch herrlich angepisst-direkter Deutschpunk, der mich vor allem wegen des schräg-krächzenden Gesangs nicht selten an Mann kackt sich in die Hose erinnert. Schön rumpelig, knarzend und einige nette Hook-Fetzen, die scheinbar vom übermäßigen Bierkonsum oder fehlendem Talent immer wieder verrissen werden. Vielleicht ist das ja auch einfach bloß Angst vorm Schönklang. Egal. Molle her, Nacken dehn, Pogen gehn!

DL "Live Demo (Epple, 23.06.18)"

Mittwoch, Februar 13

OXMO - Was hast du dir dabei gedacht?



Kurzinfo:

Wie auch schon mit ihrer Quasi-Vorband Oxnard Montalvo, teilen uns OXMO in ihrem Bandnamen ihr Faible für retrospektive Zeichentrickserien mit. Das passt irgendwie, denn mit seinem Hip-Hop-Crossover-Mix transportiert das süd-deutsche Quartett viel unbekümmertes und überdrehtes 90er-Jahre-Feeling, irgendwo zwischen unpeinlichen Die Fantastischen Vier, Fettes Brot und Tic Tac Toe. .......... Aber im Ernst, vieles auf "Was hast du dir dabei gedacht", dem Debüt-Album unter dem neuen Bandnamen, klingt nach gut gelaunten Fratzen, die in ausgewaschenen Baggy Pants und schlabbrigen Karohemden durchs knallbunte VIVA-Programm hüpfen, natürlich in schlechter Bildqualität. Auch, wenn das alles schon mal da gewesen ist und vielleicht zwanzig Jahre zu spät kommt, begründen OXMO vor allem textlich ihre Daseinsberechtigung im Hier und Jetzt. Neben dem aktuell vorherrschenden Rechtsruck, prangern die eigentlichen zehn Songs vor allem von der Gesellschaft auferlegte Erwartungshaltungen an, was unter dem Album-Motto "Frei sein" oder ironischer Weise eben "Was hast du dir dabei gedacht" zusammengefasst werden könnte. Frei sein von Zwängen und der Meinung von Andersdenkenden, wie auch die stilistische Willkür aus Hip Hop, Electronicas, Ska und Reggae zeigt, die hier zu locker in der Hüfte sitzenden Pop- und Rhythmus-Hymnen vereint wurde. Und wenn mensch bedenkt, dass sich hier ein Mitglied der Pop-verliebten Punkkombo Arbeitstitel: Bullenblut hinterm Mikro versteckt, lässt sich das Album ohnehin mit einem Augenzwinkern genießen.


Band: OXMO

Titel/Release: Was hast du dir dabei gedacht?/Album (Digipak-CD; Digital)

Label: DIY

Erscheinungsjahr: 2018

Genre: Hip Hop, Punk, Ska, Reggae, Funk

FFO: Strommasten, Ginsengbonbons, Die Fantastischen Vier

Links: Bandpage\\//Youtube\\//Soundcloud




Stream "Was hast du dir dabei gedacht?"

Buy via Mail to: kapellmeister@o-x-m-o.de



Sonntag, Februar 10

Maffai - Maffai EP



Kurzinfo:

Spätestens mit dem Millenium wurde auch ein neues Kapitel im deutschen Post-Punk-Sektor aufgeschlagen. Fast zwanzig Jahre später, liegt es also an Bands wie Maffai, die Geschichte immer weiter fortzuschreiben. Und dass die drei Nürnberger und der Würzburger nicht nur gute Autoren, sondern vor allem auch großartige Musiker sind, beweisen sie eindrucksvoll mit ihrer selbstveröffentlichten und -betitelten Debüt-EP. 
Das Konzept dahinter ist nicht neu, allerdings auch wesentlich mehr als ein bloßer Abklatsch. Das liegt vor allem am homogenen Zusammenspiel zwischen modernen Pop- und altehrwürdigen Wave-Elementen, aber auch am aufgewühlten Gesang, der unter der seichten Oberfläche aus Indie-Rock und Post-Punk gewaltig brodelt und stets auszubrechen droht. In diesem Sinne könnte man fast meinen, dass das Quartett auf "Maffai" sein Faible für Kontraste auslebt, auch, wenn es eben nicht zwangsläufig danach klingen muss. Die vier Songs huschen eingängig ins Ohr und verschrecken sicherlich nur eine kleine Gruppe streng-puristischer Mainstream-Hörer.
Im Prinzip liefern Maffai genau das ab, was die Mitglieder bereits in ihren Vorprojekten immer wieder offenbarten: Jan Kretschmer (Panda People), Mike Illig (Cannahann), Simon Züchner (Godzilla Was A Friend Of Mine) und Daniel Schmitt (Paulinchen Brennt, Tending To Huey, Cannahann, 52 Hertz) überzeugen mit aufpolierter Sperrigkeit.


Band: Maffai

Titel/Release: Maffai/EP (300x Black 7inch; Digital)

Label: DIY/Bandcamp

Erscheinungsjahr: 2018

Genre: Indie, Post-Punk

FFO: Kazimir, Turbostaat, Edgar R.

Links: Bandpage\\//Instagram\\//Youtube\\//Facebook




Stream & Buy "Maffai"


Donnerstag, Februar 7

Agador Spartacus - Agastonishing



Kurzinfo:

Agador Spartacus beschreiten auch auf ihrer dritten EP "Agastonishing" ihren Weg konsequent und entwickeln sich dabei stets weiter. Wie auch schon beim Vorgänger "Agadawesome" und entgegen dem Debüt "Agadorable", haben sich die vier Ruhrpottler/Hamburger im Kaputtmacher Studio eingenistet und die Aufnahme und den Feinschliff in die Hände von Jochen Stummbillig gelegt, was abermals in einem sehr druckvollen Soundgewand mündet.
Die EP startet mit einem Intro, das nahtlos in den folgenden Song "Living Slow/Dying Hard" hineinfließt und mit einem düsteren Schwarm auf die schwermütige Atmosphäre niederdrückt. Natürlich verliert sich auch dieser Song wieder in einer eingängigen Melodie, auch wenn sich die eigentlichen sechs Songs nie so ganz an einer manifestierten Songstruktur festklammern. Generell wird man den Eindruck nicht los, als hätten die Donots bei ihrem letzten Studiobesuch einen nachhaltigen Eindruck beim o. g. Tontechniker hinterlassen. Agador Spartacus schaffen einen beeindruckenden Spagat aus alternativer Hymnenhaftigkeit und post-hardcoriger Sperrigkeit, aus sozialkritischen Texten aus persönlichem Blickwinkel. Das ist vielleicht etwas zu viel Willkür für die große Stadionbühne, allerdings auch überqualifiziert für die kleinen Kellerspelunken.


Band: Agador Spartacus

Titel/Release: Agastonishing/EP (ca. 100x DIY-CD; Digital)

Label: DIY (Boketto Records)/Bandcamp

Erscheinungsjahr: 2019

Genre: Alternative, Post-Hardcore, Punk, Emo

FFO: Paraquat, Passed Me By, Ashes Of Pompeii, We Will Fly

Links: Bandpage\\//Facebook\\//Bandcamp\\//Soundcloud\\//Instagram\\//Youtube




Stream & Buy Digitally "Agastonishing"

Buy CD-r via Mail to: contact@agageddon.com


Montag, Februar 4

Video Kills The Radio Star Vol. 8


Malm - Ins Nirwana


Es gibt Bands, die feiern gefühlt alle fünf Jahre eine Reunion oder eben solche, die sich für ihr nächstes Release die nötige Zeit nehmen, ohne gleich alles über den Haufen zu werfen. 
Die Würzburger Band Malm, deren Mitglieder zwischenzeitlich auch bei Bands wie Omega Massif, Blacksmoker und Elision aushalfen, ist seit 1998 eine feste Größe im deutschen Noise-Rock-Sektor. Über drei Alben und vier EP's, blieben sich die vier Bayern ihren kompromisslosen Stil stets treu. Pünktlich zum 20-jährigen Bandjubiläum, erschien nun also Album Nummer vier, "Kollaps", auf dem das Quartett abermals ein wahres Noisegewitter entfacht. Minimalistisch, dissonant und brachial zugleich, ohne die blank liegenden Nerven über das nötige Maß hinaus zu strapazieren. "Ins Nirwana" ist nur eines von zwölf eindrucksvollen Belegen dafür.
Nach der Split (2008) mit der Berliner Noise-Rock-Formation Kint, ist "Kollaps" das zweite Bandrelease, das u. A. auch auf Vinyl erscheint.


Buy "Kollaps" Here & Here



Kind Kaputt - Unperfekt


Pop und radiotaugliche Härte - ein Konzept, dass sich spätestens mit dem Debüt von Madsen in den Mainstream-Sendern hierzulande durchgesetzt hat. Ein Klischee, das vor allem im letzten Jahrzehnt durch Bands wie Marathonmann, Naechte, Kaff König oder Heisskalt kräftig bedient und vom geneigten Publikum durchaus belohnt wird. Auch der Sound der relativ jungen Formation Kind Kaputt erscheint für die feucht-dunklen Wände der Punk-Spelunken etwas zu überambitioniert, obwohl das Mannheimer Trio auf seiner Debüt-EP "Die Meinung der Einzelnen" textlich am Zahn der Zeit bleibt und musikalisch durchaus einige Überraschungen parat hält.
"Unperfekt" ist der etwas ruppigere Ausreißer der EP, was sicherlich auch dem Feature von Jonas Jakob (8KIDS) zu verdanken ist.
Die zur EP gehörige CD ist über dem bandeigenen Shop erhältlich.





Peter Coretto - Sie zündeln wieder



Peter Coretto sind auch schon gefühlt eine Ewigkeit Bestandteil der deutschen Post-Punk-Bewegung. Jetzt, wo die Euphorie nach dem letzten Turbostaat-Studio-(und meiner Meinung nach weitaus nicht bestem)-Album allmählich verflogen ist und einige hoffnungsvolle Nachzügler vorzeitig die Segel gestrichen haben, könnte für die vierköpfige Band aus München vielleicht genau der richtige Zeitpunkt gekommen sein, um mit ihrem neuen Album "Angst kostet Freiheit" ein paar desillusionierte Genre-Verehrer zurück zu erobern. Der Vorreiter "Sie zündeln wieder" erzählt zwar nichts Neues, packt aber den heimischen und scheinbar stetig wachsenden Tumor direkt an der Wurzel: "Rassismus - keine Meinung! Antisemitismus - keine Meinung! Faschismus, Sexismus - keine Meinung!". So sieht's aus. Und vielleicht braucht es eben diese direkte Art und eine solch eingängige Hymne, um die breite, gleichgültige Masse zu erreichen und ihr die Augen zu öffnen.
Wurde die Vorgänger-EP "Gier" einmal mehr vom Quartett selbst produziert, legte diesmal kein geringerer als Torsun Burkhardt (Egotronic) persönlich Hand an.


Buy "Angst kostet Freiheit" Here & Here



[trap] - Gommage Éclat



Eigentlich gar nicht meine Musikrichtung, eigentlich nicht mal ein richtiges Video. Eigentlich habe ich mich auch bloß mal wieder gefragt, auf welchen musikalischen Pfaden Emmanuel Aldeguer (H.O.Z., Ebisu, 42 The Band) gerade so wandert. Und siehe an, da stoße ich doch tatsächlich auf ein (schon älteres) Projekt namens [trap], dem Manu zwar seine Stimme leiht, ansonsten aber gar nicht so wirklich involviert ist.
Hinter [trap] stecken der Breakbeat- und Sample-Virtuose Zôl und Drummer und "Hybrid Artist" Merlin Ettore. Für ihr Debüt-Album "Offrande 1,697", das standesgemäß über das japanische Label Murder Channel erschien, vereint das Duo schneidende Breakbeats mit tollen Drum n Bass-Kombinationen und etwas Dubstep - und sampeln dazu Manu's und Sylvain Bekaert's Gekreische und Geshoute aus dem H.O.Z.-Album "Loud Noise Making".



 

Jahres-Sampler