Traumhafte Strände, braungebrannte Gigolos,
Rocco Siffredi und..- STOP!!! Meine Heterosexualität verbietet es mir, in diesem Sinne fortzufahren. Wir machen mal einen riesen Sprung und setzen bei der Musik an. Nicht
Ramazzotti, Ferro, Nannini oder
Pavarotti. Dieser Post soll sich natürlich auf Musik beschränken, die diesem Blog praktisch auf's Layout gebrannt sind. Für mich war Italien, hinsichtlich meiner musikalischen Vorlieben, bisher ein schwarzer Fleck. Mit den verrückten
Almandino Quite Deluxe, den Postrockern
K.C. Milian und den grandiosen Ska-Corelern
Shandon, finden sich nur wenige Landesvertreter in meiner Sammlung wieder. Auch um einige wichtige RIO/Avant-Bands der 70ger, wie
Stormy Six und
Il Balletto Di Bronzo, wusste ich. Aber ansonsten... Und mal ehrlich - wer kommt schon auf die Idee, nach EMO, POST-HARDCORE, FOLK und INDIE ausgerechnet in Italien zu wildern?! Nicht gerade das größte Aushängeschild des Landes. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich vieles im Untergrund abspielt, die meisten Independent-Labels noch ein großes DIY auf dem Rücken stehen haben und Werbung meist in der Landessprache bevorzugen. Eines steht jedoch fest: Musik in Italien funktioniert wie überall sonst auch. Beziehungen sind wichtiger denn je und Bandhopping an der Tagesordnung. Eine große Familie, deren Stammbaum hier nur angerissen werden kann.
Fargo:
Geschlagene dreizehn Jahre ist es her, als uns
The Get Up Kids mit "Something to Write Home About" ein Denkmal des emotionalen Indie-Rocks setzten. Ich bin ein Mensch, der an Zufälle glaubt und will mal blauäugig behaupten, dass
The Get Up Kids im Jahr 2000/2001 noch nicht bis nach Italien vorgedrungen waren. Während dieser Zeit fing das italienische Trio
Fargo an, fleißig Songs aufzunehmen. Bedauerlicher Weise, reichte es bis heute nur zu einem handfesten Release (eine 7", Songs "What Could Be Wrong?", "I Feel Nothing" u. "Me And My Half"). Andere, fertige Songs standen bereits vor dem Presswerk Schlange, ohne jedoch die physikalische Vollkommenheit zu erlangen. 2009 fasste sich die Band schließlich ein Herz und veröffentlichte unter dem Titel "A Record That Was Never Made" ihre komplette Diskographie als digitalen Download. In Zahlen ausgedrückt sind das acht Songs, die ganz und gar nicht italienisch klingen. Die Ähnlichlkeit zur amerikanischen Ausnahmeband ist natürlich verblüffend, aber wen juckt das schon, wenn solch tief emotionale Songs dabei heraus springen?! Und das vor allem, ohne viel Aufwand zu betreiben. Kein Schminkköfferchen, keine Kitsch getränkten Violinen. Dafür die treibende Kraft der Stimme, als stärkstes Instrument. Es ist egal, ob
The Get Up Kids nun Segen oder Fluch bedeuten -
Fargo sollten nicht unerhört bleiben!
Fine Before You Came:
Eine ganze Ecke stürmischer kommen
Fine Before You Came aus den Startlöchern. Über ihre Bandpage, kann man sich ihre komplette Diskographie aus elf Jahren Bandgeschichte herunter laden. Das macht Sinn, denn ihr Sound im Jahr 2012, kann nur noch bedingt mit dem aus den Anfangstagen verglichen werden. Zum einen, tobt sich die Band seit ihrem 2009er Album "Sfortuna" in ihrer Landessprache aus. Die Songs sind zwar mit einer Durchschnittslänge von 4 1/2 Minuten immer noch alles andere als eingängig, wirken jedoch weniger zerfahren. Der Millenium typische Emocore-Sound des italienischen Trios hat sich ein Stück weit dem Post-Hardcore angenähert, ohne sich diesen jedoch bedingungslos zu unterwerfen. Das klingt immer noch erfrischend neu und eigenständig und vermag so manche Hype-Erscheinung der letzten Jahre an die Wand zu spielen.
Distanti:
Punk spielen ist wie BWL studieren. Wenn man nicht so richtig weiß, was man sein möchte, ist man halt Punk. Im Falle von
Distanti ist deren Wahl jedoch absolut nachvollziehbar, da das Sextett aus Forli sonst wohl als müder
Placebo-Abklatsch abgetan worden wäre. Zum Glück, kommen
Distanti in ihren eher kurzen Songs recht schnell auf den Punkt, verlieren sich nicht in unnötigen Wiederholungen und Schnick Schnack, und überzeugen mit einem Sänger, der die volle Bandbreite seines egozentrischen Organs auszureizen weiß. Und genau dieser ist nicht nur größtes Markenzeichen der Band, sondern sorgt auch für die meiste Abwechslung. Ob nun dynamisch oder als Sprechgesang zur Akustikklampfe, oder mit herrlich kratzender Stimme, die sich nicht selten zur Hysterie hineinsteigert. Tolle Sache!
Arnoux:
Im Grunde verbirgt sich hinter
Arnoux der italienische Multiinstrumentalist
Fabio Arnosti. Um nun also bei seinem 2008er Debüt "Cascades" anzugelangen, empfiehlt es sich, den Rattenschwanz seiner vorherigen Banddiskographie entlang zu hangeln. Mit
Oslo und
I Missili war er nach der Jahrtausendwende im italienischen Punkuntergrund unterwegs. Mit
Ten Thousand Bees erweiterte er seinen musikalischen Horinzont Richtung Indie-Pop, Folk und Electronicas. Vor allem Letzteres, sollte auf sein späteres Soloprojekt unmittelbaren Einfluss ausüben. Aus dem Untergrund zurückgekehrt, widmete er sich dem Kontrabass zu und entdeckte zudem seine Faszination für elektronische Musik. Am Laptop entstanden erste Ideen, die trotz experimentierfreudiger Verspieltheit, den Song als solchen nicht aus den Augen verlieren sollten. Schließlich bekam er Unterstützung von alten Bandkollegen und mit
Andrea Pilia einen (fast) stetigen Gesangspartner. Seit 2011 arbeit
Arnoux an einer EP-Trilogie, von der zwei bereits erschienen sind (eine davon bereits vergriffen). Die Musik
Arnoux's lässt sich bestenfalls nur mit Tags erklären, die man von Song zu Song zusammen-, um- und wegstecken kann. Indie, Pop, Folk, Kraut, Electronicas, Singer-/Songwriter und Acoustic gebe ich vor - das Puzzlen ist euch überlassen :).
The Storylines:
Im gleichen Tempo kommen
The Storylines aus Piancavallo daher. Diese nutzen allerdings eher den Folk-Rock als fundamentale Basis, um mit Electronicas und Akustikeinlagen zu experimentieren. Für ihr bislang einziges Full-Lenght-Album "June Leaves", holte sich die vierköpfige Band Verstärkung aus der Region. Prominentester Gast dürfte dabei wohl
Andrea Hideo Zorat sein, Frontsänger bei
Threatcon Charlie (siehe unten), der auch schon
Arnoux (siehe oben) seine Stimme lieh. Italien ist halt klein, und die Familie hat sowieso einen großen Stellenwert - in mehrerer Hinsicht. Mit Violine, Mundharmonika und Melodica hat die Band die volle Breitseite Folk ausgereizt. Schlagwerk, Gitarre, Bass, Synthies und insgesamt fünf Sänger, vollenden das Ganze zu einem abwechslungsreichen Trip über die italienische Alpenlandschaft.
Threatcon Charlie:
Zu guter Letzt noch ein Vetreter des Alternative. Obwohl, auch diesen Begriff muss man mal wieder großzügig zum gemeinsamen Nenner subsumieren, da es
Threatcon Charlie nunmal nicht so mit der Eingängigkeit haben. Das kann bisweilen an bessere
Farmer Boys erinnern, erlaubt sich aber auch einige Psychedelic-Ausflüge. Mischen sich dann auch noch Electronicas mit ein, wird die Musik hingegen wieder in progressivere Bahnen gelenkt. Und wenn sich Sänger
A. H. Zorat dazu noch die Kehle aus dem Hals schreit, dann fällt mir dazu auch nichts mehr ein. Hört rein! So schlimm ist es nicht...