Sonntag, August 28

Tentackle - Lower Your Expectations EP



Band: Tentackle

Titel/Release: Lower Your Expectations/EP (CD, Digital)

Label: DIY/Bandcamp

Erscheinungsjahr: 2015

Genre: Mathcore, Noisecore, Metal

FFO: The Dillinger Escape Plan, Kids With Guns for Hands, Cortarmao, Soma Nowaja

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Kurzinfo:

Erst haben sie sich allmählich in die Female-Fronted-Punkband Last Joke eingenistet, bis schließlich auch das letzte Gründungsmitglied seinen Hut nahm, um sich kurze Zeit später dann doch nach dem Point & Click Adventure Day of the Tentacle (Bandschreibweise Day of the Tentackle) umzubennen, unter der sie eine selbstbetitelte EP einspielten, was aber irgendwie wohl auch nicht so richtig passte. Seit 2009 dauert diese Odyssey nun schon an, ehe die fünf Hannoveraner 2015 nicht nur bei ihrem derzeitigen Bandnamen Tentackle ankamen, sondern auch bei ihrer zweiten EP "Lower Your Expectations". Schlagzeuger Moritz Schmidt hat in der Zwischenzeit ein Engagement bei den beheimateten The Hirsch Effekt angenommen, was ihm zumindest schonmal im Hinblick auf die EP-Produktion zu Gute kam, da sich diesmal Nils Wittrock um die Drum Recordings kümmerte. Scheinbar aber nicht der einzige Einfluss, der von den progressiven Artcorelern an Moe hängengeblieben und zu seinen Tentackle übergelaufen ist, denn die drei neuen Songs klingen wesentlich, wenngleich auch extrem strukturierter, als noch die drei ihrer Vorgänger-EP. Weniger Chaoscore mit Hardcore-Punk-Attitüde, stattdessen auf Hochglanz polierter Mathcore. Klingt der Opener "Lolcats Ruined My Life" noch nach einer schizophrenen Kreuzung aus System of a Down und The Dillinger Escape Plan, wird's mit dem folgenden "Fatal Terror" schon etwas genregetreuer und eingängiger, sodass mensch sich etwas besser auf die präzise Gitarrenarbeit im Zusammenspiel mit dem hektischen Schlagzeug konzentrieren kann, die mangt treibenden Riffs und Melodien immer wieder gut getimte Breaks platzieren. Der letzte Song "Rebel the Cat" legt das anfängliche Gegniedel gar progressiv aus und gewährt inmitten des Geshoutes und -schreies auch einigen cleanen Gesangparts Unterschlupf, woraus sich schließlich auch etwas Anlass zum Meckern ergibt: generell etwas mehr Schmutz auf den Saiten, hätte der EP vor allem hinsichtlich ihres Titels sicherlich besser gestanden.

Stream & Buy Digitally "Lower Your Expectations"

Buy CD via PM on Facebook or Mail to: kontakt@tentackle.de



Donnerstag, August 25

Platte des Monats 08/2016: Fir Cone Children - Firconium



Band: Fir Cone Children

Titel/Release: Firconium/Album (CD, 15x Tape, Digital, Lim. Edition Wooden Box "Fircology" incl. all 3 FCC-Releases on CD)

Label: Blackjack Illuminist

Erscheinungsjahr: 2016

Genre: Dream-Pop, Noise-Pop, Shoegaze, Hot Fuzz, Pop-Punk, Alternative, Garage

FFO: The Rational Academy, Weezer, The Hives, Times New Viking

Links: Facebook\\//Last.fm



Kurzinfo:

Wie jetzt, schon wieder ein Fir Cone Children-Release? Dabei ist das Review zur Vorgänger-EP "The Age of Blastbeatles" noch so dermaßen frisch, dass ich es aus dem Stegreif auswendig vortragen könnte. Will ich aber nicht, auch, weil es zum zweiten Band-Album "Firconium" nur bedingt passen würde. 
Seit dem letzten Jahr zählt Zurückhaltung nicht gerade zu den Tugenden von Blackjack Illuminist und dessen Kopf Alex Donat. Warum auch? Solange die Ideen sprießen, kann es sicherlich nichts schaden, sie in digitaler und physischer Form festzuhalten. Und bis auf die beiden Tracks "From Afar" und "Turn Around", die bereits auf der EP zu hören waren, scheinen sie dem Königs-Wusterhausener auf dem dritten Release seines Solo-Projektes noch immer nicht ausgegangen zu sein. Entgegen der stellenweise wüst-verschwurbelten EP, saugen die zwölf Album-Songs nun wieder wesentlich mehr Lichtstrahlen auf. Manchmal etwas melancholisch verhangen, im Großen und Ganzen aber genau der richtige Antrieb, die sommerliche Leichtigkeit einzuatmen und der Unternehmungslust Folge zu leisten. Schon mit dem ersten Gitarrenschlag ist man sich sicher, dass hier wird ein gutes Album, vielleicht sogar das beste von FCC. Klar, vieles klingt wohltuend vertraut. Dafür liegen die beiden vorangegangenen Releases zeitlich gesehen nunmal zu nah an der Gegenwart. Allem voran Alex' zart-schwelgende und doch aufgeregte Stimme und die schrammeligen, verzerrten Gitarren kehren als Erkennungsmerkmale mit Aha!-Effekt immer wieder. Genauso, wie die eingängigen, pop-punkigen Melodien, die nur aufgrund ihrer Affinität zum Noise- und Dream-Pop als potentieller Soundtrack für Teenie-Komödien ausscheiden. Und natürlich, weil auch "Firconium" ein (Über-)Kinder-Album geworden ist. Eines, dass diesmal auch die biestigen Seiten der kleinen Racker mit viel Warmherzigkeit und Verständnis in Wohlgefallen auflöst, statt sie mit fahrigen Blastbeats auf die Spitze zu treiben. Obwohl mich der Song "Cry, Cry, Cry, Cry" dann doch irgendwie an Lesley Gore's "It's My Party" in Verbindung mit dem Film "So ein Satansbraten" erinnert.
Es sind aber nicht nur die spaßbringenden und locker-leichten Wohlfühlnummern wie "My Green Bike" oder "Family (First Encounter)", die "Firconium" zu einem tollen wie außergewöhnlichen Album anwachsen lassen. So könnte der Closer "Where We Are Going" problemlos als Weezer-Gedächtnishymne durchgehen, während der Album-Hit "(We Are) Fir Cone Children" ebenso wie "From Afar" schrammeligen Garage-Punk der Marke Martini Henry Rifles und Times New Viking mit dem rockigen Sexappeal der Hives kombinieren. Dazwischen befinden sich mit "The Cow" und "At Night" zwei atmosphärisch-verträumte Balladen und das ausgelassene "Go Forth, Luna", das sich zwar hervorragend ins Albumgefüge integriert, jedoch dermaßen viele Stimmungen ineinander verflechtet, dass einem/einer fast die Sprache verschlägt. Muss ja nichts Schlechtes bedeuten, so bleibt immerhin mehr Zeit zum Genießen.

Stream & Buy "Firconium"

Montag, August 22

Youth Avoiders - Spare Parts E.P.



Band: Youth Avoiders

Titel/Release: Spare Parts/EP (Digital, 7" in Planung)

Label: Deranged Records, Destructure Records, Build Me a Bomb Records

Erscheinungsjahr: 2016

Genre: Hardcore-Punk, Punk

FFO: Clowns, Gatherers, Dean Dirg

Links: Bandpage\\//Facebook\\//Bandcamp\\//Last.fm



Kurzinfo:

Es gibt sie also doch noch. Wäre ja auch zu schade gewesen, hätten sich die fünf (Wahl-)Pariser Punk-Veteranen nach ihrem 2013er Hit-Album klammheimlich aus dem Staub gemacht. Seit 2009 gibt es die Youth Avoiders bereits, die sich aus einer Menge B-Prominenz der französischen Undergroundszene wie Black Spirals, Youssouf Today, Toad Flanders, Noisy Champs, Peur Panique oder RIXE zusammensetzt. Dennoch hat sich das Quintett nicht erst seit dem Album zu einer Art Main Act entwickelt. Schon auf den vorherigen EP's ließ sich erahnen, dass die Hauptstadtkatakomben irgendwann einmal nicht mehr ausreichen würden, denn die Youth Avoiders hatten von Anfang an ihr eigenes Verständnis vom Hardcore-Punk: eine rotzige Attitüde verpackt in treibenden Melodien. Das kennt man in etwa auch von Refused zu Zeiten von "The Shape of Punk to Come", die ihre fast schon mainstreamigen Melodien mit Lyxzén's räudiger Schreistimme immer wieder zurück in den Punk lotsten, aber auch von artverwandten Vertretern wie Kvelertak, Pulled Apart By Horses oder Every Time I Die. "Spare Parts", ihr fünftes Release (allesamt als PWYW-DL auf Bandcamp), führt den Gedanken des vorangegangenen Albums nun nicht nur weiter fort, sondern setzt ihm auch noch eine gehörige Schippe Melodie und Eingängigkeit oben drauf. Vier Songs, die sich abermals unterhalb der Zwei-Minuten-Grenze bewegen und ohne Umwege ihr Ziel erreichen. Mittlerweile kommt die Band ohne Orgel aus. Dennoch haftet der EP, allem voran "Crushing Machine" und "Face Up to It", eine dezente Garage- und umso größere Punk'n'Roll-Note an.
Ich sage es mal so: "Spare Parts" ist nur deshalb keine Pop-Punk-EP geworden, weil sich Sänger Christopher Gaultier noch einiges an Wut im Bauch aufgespart hat und seinen Stimmbändern der Schmutz vergangener Chaostage anhaftet.

Im März/April dieses Jahres waren Youth Avoiders auf großer US-East-Coast- und Puerto Rico-Tour. Mit dabei waren auch die Garage-Punks (Aha!) Stalled Minds, dem jüngeren Nebenprojekt von YA-Gitarrist Christoph Schmidt und -Drummer Marlon Roux.

DL Spare Parts E.P.

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Donnerstag, August 18

Hollywood Trash Vol.6


FAMOUSxPERSON



Warum unnötig Zeit damit verschwenden, eine passende Berühmtheit zu suchen, um sie anschließend für den eigenen Bandnamen zu adaptieren, wenn es doch auch so funktioniert, wie im Falle des kalifornischen Duos FAMOUSxPERSON? Wir wissen ja schließlich, was uns erwartet, denn: ob's tatsächlich um Hardcore geht, siehst du, wenn ein X drin steht (Gerda-Weisheit #2). Auch an ihrer selbstbetitelten Debüt-EP, für deren sporadisches Cover die berühmte Person Suge Knight herhalten darf, wollen sich die zwei umtriebigen Veteranen aus der HUMBOLDTxCOUNTY-Szene (u. A. Komatose, IGNiT, Desenfreno, Lie Still, iMPLeMeNTO, Tortured Conscience, Utter Bastard, uvm.) gar nicht lange aufhalten. Neun Songs, sieben Minuten, und wahrscheinlich sind die beiden schon wieder damit beschäftigt, neue Combos zu gründen. Ist ja eigentlich auch alles gesagt, was Powerviolence- und Fastcore-Heads ansprechen dürfte. Knarzendes Bassgeschrammel, Trommelfeuer, räudige Growls und spastisches Gekeife. Dazu eine herrlich asoziale Attitüde, wie ich sie schon von unseren zwei Jungs von BATTRA// abfeierte.

FACExBOOK

DL S/T Demo



Neil Perry

Myspace\\//Last.fm
Keine Ahnung, ob sich die ehemalige Screamo-Band Neil Perry aus New Jersey nach dem australischen Star-Koch benannt hat (der gleichnamige Schlagzeuger einer populären Geschwister-Band dürfte wohl außer Frage stehen), aus der Band selbst trug jedenfalls keiner diesen Namen. 
Die vierköpfige Band existierte in den Jahren 1998 bis 2002 bzw. 2003 und brachte es auf vier EP's, fünf Splits und einem Compilation-Album, wovon derzeit nur ihre Split-EP mit den ebenfalls aufgelösten Screamoviolencern A Days Refrain auf offiziellen Weg gedownloaded werden kann. Einen (inoffiziellen) Gesamteindruck kann mensch sich übrigens HIER verschaffen. Folge-Projekte der Mitglieder waren und sind u. A. You and I, Joshua Fit for Battle, Welcome to the Plague Years und die weitaus bekannteren Hot Cross.
Zu hören gibt's Millenium-typischen Screamo, der mühelos den Spagat zwischen tollen Emo-Melodien und zerfahrenen Violence-Attacken packt und somit eine wunderbare Kombination aus Herzblut und Wut schafft. 


Buy Here



La Tumba de Nicolas Cage

Bandcamp\\//Soundcloud\\//Myspace
La Tumba de Nicolas Cage, was frei übersetzt soviel bedeutet wie "Das Grab von Nicolas Käfig", ist eine dreiköpfige Band aus dem spanischen Torrelavega, die seit dem Jahre 2010 aktiv ist und aus bereits szene-erfahrenen Mitgliedern besteht (u. A. OsoLuna, TheRoom). Mit dem Bandnamen könnte mensch eigentlich aufgeregten Post-Punk oder angeschrägten Indie verbinden, stattdessen liefert das Trio instrumentalen Post-Rock, der zu keiner Zeit eine Stimme vermissen lässt. Allein die vier Songs auf ihrer gemeinsamen Split-LP mit ihren autonomen Landsmännern Témpano (die sich auch eine Split-EP mit den Göttingern_innen von te:rs teilen) erweisen sich als äußerst abenteuerlich und begeben sich auf eine weitreichende Reise durch das schier unendliche Genre. Auf der Basis von sphärischen Soundscapes, ändern die Songs immer wieder die Richtung, brechen die schwelgerische Melancholie mit treibenden Riffs auf oder verlieren sich in spacige Höhen. Fans von Explosions in the Sky, God is an Astronaut und ASIWYFA könnten hier alle gemeinsam auf ihre Kosten kommen.

DL Split-LP w/ Témpano '\-_-/` A-Seite <-> B-Seite
DL Complete Split-LP
DL Demo

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Harrison Fjord

Bandpage\\//Facebook\\//Bandcamp\\//Soundcloud\\//Twitter\\//Youtube
Als bekennende Star-Wars-Fans ist es natürlich legitim, sich als Band nach einem der Hauptakteure der Weltraum-Saga zu benennen, in leicht abgewandelter Form versteht sich. Im Bezug auf ihre Musik hätte es "Pink Fjoyd" aber vielleicht besser getroffen. Egal, sie heißen Harrison Fjord und spielen jene Art von halluzinogenen Psychedelic, den ihr Idol wohl noch im Original miterleben dürfte.
Um den knallbunten und spacigen Trip auf "Puspa in Space", der Debüt-EP des Septetts aus Chandler, AZ, demnach stilecht genießen zu können, braucht es nicht mehr als eine Trompetenhose, eine volle Lockenmähne auf dem Kopf und unter den Achseln und ein paar Blotter.
Wer es weniger smooth, dafür umso abgedrehter mag, dem/der kann ich auch wärmstens The USA is a Monster ans Herz legen.




Jeff Bridges

JB Homepage\\//JB Facebook
Kein Fake, das hier ist der Dude himself. Wer Jeff Bridges bislang auch fernab seiner Schauspielkarriere Beachtung schenkte, dürfte vom musikalischen Treiben des gebürtigen Kaliforniers durchaus schon Wind bekommen haben. "Sleeping Tapes" ist bereits sein drittes Album, hinzu kommt noch das "Live"-Album mit seiner Tour-Band The Abiders.
"Sleeping Tapes" ist, wie der Titel bereits verrät, ein Gute-Nacht-Album. Fünfzehn Spoken-Word-Songs, untermalt mit sanften Pianoklängen, minimalistischen Drones, hauchzarten Electronicas und Naturgeräuschen, die von Keefus Ciancia (Unloved), u. A. für den Soundtrack von "True Detective" verantwortlich, zu einem ambienten Score zusammengeschustert wurden. Dazu brummelt uns Jeff's sonore und beharrliche Stimme sämtlichen Alltagsstress von der Seele. Anders als seine bisherigen Country-Alben, ist "Sleeping Tapes" ein therapeutisches Werk, ein Entspannungsalbum, das uns behutsam in den Schlaf wiegen soll. Und wenn Mensch sich darauf einlässt, kann das sicherlich auch wunderbar funktionieren.
Der Erlös aus den Downloads und den bereits restlos vergriffenen Tape- und Vinyl-Releases kommt übrigens komplett der amerikanischen Organisation No Kid Hungry zu Gute.




Sonntag, August 14

Jake Bellissimo - Piece of Ivy EP



Band: Jake Bellissimo

Titel/Release: Piece of Ivy/EP (30x 7" Lathe Cut, Digital)

Label: Drunk With Love Records

Erscheinungsjahr: 2016

Genre: Singer/Songwriter, Indie(-Pop), Folk, Art-Pop

FFO: Sufjan Stevens, Andrew Bird, Jon Kohen

Links: Bandpage\\//Facebook I\\//Facebook II\\//Bandcamp\\//Youtube\\//Twitter\\//Last.fm



Kurzinfo:

Mit seinem Alter Ego Gay Angel hat der amerikanische Wahl-Berliner und Musikstudent Jake Bellissimo erst im letzten Jahr seine Tetralogie "floral" fertiggestellt, eine 100-Song-Soundcollage verfältigster Klangexperimente rund um die Themen Alltag und Streben nach Glück. Klar, dass ihm bei einem derartigen Tatendrang mittlerweile gehörig die Decke auf dem Kopf fällt. Unter seinem bürgerlichen Namen näherte er sich in den letzten neun Monaten nun wieder den klareren Singer/Songwriter-Folk-Strukturen an, was nach dem vorangegangenem gemeinsamen Piano-Experiment mit Andrew Langman in dieser Form nicht zwangsläufig zu erwarten war. Mit freundlicher Unterstützung von einigen altbekannten Weggefährten (u. A. Trompeter Nick Piato und Sänger/Bassist Acadia Braxton-Barto) entspringen "Piece of Ivy" nicht nur unbeschwert-leichte Indie-Folk-Pop-Nummern wie der eröffnende Titeltrack oder "Swan Song", sonder auch der fast schon im Alternative verankerte Hit "Munich" und die herrlich an 60er-Jahre-Liebesschnulzen erinnernde Pop-Ballade "(A considerable amount of) "Ow"", dem mit "The Burning Sky" eine Musical-Arien-mäßige Einleitung beiseite gestellt wird. Somit entpuppt sich "Piece of Ivy" zum Ende hin dann doch wieder als ein vielseitiges Werk, dass vielleicht auch deshalb mehr unter dem Begriff Art-Pop läuft. So ist das halt, wenn man als Musiker versucht, eingefangene Lebensgefühle in akustische Signale umzuwandeln.

DL & BUY "Piece of Ivy" Here & Here

Mittwoch, August 10

Kuballa - Auf dem Weg durch die Zeit EP



Band: Kuballa

Titel/Release: Auf dem Weg durch die Zeit/EP (100x Clear & 200x Black 7"-Vinyl, Digital)

Label: KBLA RCRDS/DIY

Erscheinungsjahr: 2016

Genre: Punkrock, Emo, Deutschpunk

FFO: Edgar R., Captain PlaneT, Love A

Links: Bandpage\\//Facebook\\//Bandcamp\\//Myspace\\//Last.fm



Kurzinfo:

Bereits in der jüngeren Vergangenheit der Ludwigsburger Band Kuballa ging es recht turbolent zu: etliche Besetzungswechsel, die schließlich auch eine Umbenennung (ehemals Gerda Kuballa) nach sich zogen; beiläufige Nebenprojekte wie die pseudo-frankophonen Power-Popper Amélie & Les Sucettes; eigenes Label (KBLA RCRDS); eigene Radioshow ("Lazy Sunday" auf dem Freien Radio Stuttgart an jedem vierten Sonntag im Monat); und zuletzt auch noch Ärger mit einer Fehlpressung ihrer zweiten EP "Auf dem Weg durch die Zeit" (der 1. Song doppelt, der eigentlich 4. gar nicht drauf). Dabei hängt an der eigentlichen Bandhistorie ein noch wesentlich längerer Rattenschwanz, der die (ehemaligen) Beteiligten bis in die Spät-80er zurückzieht. Dem Gerücht nach, resultierten Kuballa gar aus der ehemaligen Soli-Verbindung Gruppe 14/2, die sich neben der Widmung gemeinnütziger Organisationen vor allem aber gegen die Atomkraft engagierte.
Mittlerweile ist die Band im Hier und Jetzt angekommen und fand im letzten Jahr mit Minutes From Memory-Schreihälsin Marta, die sich fortan bei Kuballa die Gitarre um den Leib schnallte, ihr vorläufiges, vielleicht sogar endgültiges Line-Up. Natürlich drückt sich die gesammelte Erfahrung der zum Teil Anfang-40er auch auf ihren routinierten Sound nieder. Dennoch klingen die vier Songs auf "Auf dem Weg durch die Zeit" zu keiner Zeit nach Alte-Herren-Rock, als vielmehr aufgewühlt und forsch nach vorne treibend. Eine frische Brise, die auch direkt vom Hamburger Elbhafen hinüber ins Schwabenland gezogen sein könnte und nicht den Anspruch erhebt, das Rad neu erfinden zu wollen. Allerdings bewegen sich Kuballa auch ein ganzes Stück weit weg vom angepriesenen Minimalismus, womit sie sich scheinbar selbst gerne unter den Scheffel stellen. Kuballa liefern eingängige Songs ab, in denen sich messerscharfe Gitarren schneiden und druckvolle Riffs bohren und die mit aufgeregt-leidenschaftlichem, teils aggressivem Gesang genau den Nerv der Zeit treffen. Wenn die Jungs und das Mädel das live auch so herüberbringen, wird es sicherlich ganz schwierig, die Tanzbeine still und die Aussprache trocken zu halten.

STREAM "Auf dem Weg durch die Zeit"

Buy Here or via Mail to: info@kuballa.org


Samstag, August 6

Die Bandcamp-Punks Vol.27

Routeens



Manchmal kann Punk auch ein unkompliziertes Vergnügen sein, so wie im Falle der jüngst gegründeten Band Routeens. Im Gießener Quintett finden sich u. A. Mitglieder von Kick It!, The Hip Nuns und Berlusconi Headshot wieder, die gemeinsam melodischen Punkrock und treibenden Garage miteinander vermengen, inklusive direkter Ansagen. So finden sich auf ihrem selbstbetitelten Demo-Debüt sechs Songs ein, die sofort ins Tanzbein wandern und in ihrer simplen Art so rein gar nicht den Anspruch hegen, das Rad neu erfinden zu wollen. Angeführt von einer herrlich angenervten Sängerin, die gelegentlich von einigen Backgroundchören zur Heiterkeit animiert wird, erinnert das Ganze dann im Hinblick auf die hiesige Szene an Kombos wie Kenny Kenny Oh Oh, Femme Krawall oder Gurr.

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DL S/T Demo

Buy Tape via PM on Fuckbook or Mail to: Routeens@web.de


Honeymoon

Bandpage\\//Vimeo
Ich habe keine Ahnung, ob Namedropping immer im Sinne des jeweiligen Künstlers ist. Ist mir ehrlich gesagt aber auch egal, denn ich für meinen Teil habe so schon eine Menge anderer toller Bands entdecken können, die mir ansonsten wohlmöglich nicht in die Ohren gerutscht wären. Los geht's! Die Mitglieder von Honeymoon verteilen sich nicht nur auf die Städte Nürnberg, Erlangen und Leipzig, sie waren vorher und nebenbei auch in Hardcore-Punk-, Punk- und Screamo-Gruppen wie Vengeance, White Boy Problems, The High Society, Leidkultur, I Refuse oder Rêche aktiv.
Mit Honeymoon haben sie seit 2014 ein Projekt am Laufen, mit dem sie sich nicht zwangsläufig wiederholen wollen, allerdings ihrer Linie treu geblieben sind und gegenläufig zur Assoziation mit dem Bandnamen eine Art Kein-Spaß-Punk spielen. Drei Akkorde reichen der Band zumeist aus, um daraus eine unprätentiöse aber durchaus treibende Masse zu formen, der stets etwas Twang nachhallt und mit verbitterten wie aufgeregten Gesang gen 80er-Jahre-Hardcore-Punk und -Wave schielt. 
Neun locker in der Hüfte sitzende Songs beherbergt ihr Debüt-Lonplayer, der als Tape über Jean-Claude Madame erschienen ist und dessen Vinyl-Variante noch in der Planung feststeckt (über Taken by Surprise Records).



Desastro

Bandpage\\//Vimeo\\//Bandcamp
Und weil mir Namedropping so viel Freude bereitet gibt's gleich nochmal Nachschlag. Nicht von ungefähr, denn bei Desastro mischen nicht nur Leute von Smart Ass Dynamite & The New Generation of Destructive Entertainment und Here Comes Conclusion mit, sondern auch von eben vorgestellten Honeymoon und entsprechenden Nebenkombos. Vor allem im Hinblick auf die beiden Erstgenannten dürfte klar sein, dass die Grenzen des herkömmlichen Punkrocks für die Musik von Desastro zu eng bemessen sein dürften, obwohl sich auf ihrer zweiten, selbstbetitelten EP fast nur Ohrwürmer tummeln. Fast schon selbstverständlich entgleiten der Nürnberger Band die eingängigen Melodien, die über der EP verteilt mit etwas Cold Wave, Noise, Deutsch- und Post-Punk verfeinert werden, mit ein paar härteren Riffs aber auch den Hardcore-Punk nicht vollkommen außer Acht lassen.
Im Februar diesen Jahres spielte die Band ihr Abschiedskonzert und hinterließ der Hörerschaft ihr Demo und die EP gegen Spende auf Bandcamp. Die 2013 über Jean-Claude Madame erschienenen Demo-Tapes sind bereits restlos vergriffen.




Atmen, weiter...

Bandpage\\//Last.fm
Als ich den Bandnamen Atmen, weiter... das erste Mal las, musste ich sofort an die mittlerweile verflossenen Der Trick ist zu atmen denken. Ein ziemlich schlichter Gedankengang, ich weiß, der sich nach einem ersten Hördurchlauf ihres Demos "Die fabelhafte Welt der Lethargie" auch schnell wieder verflüchtigte, denn bis auf die clever ausgeklügelten Lyrics und ein paar dezente Hardcore-Punk-Anleihen, hat die Mainzer/Landauer Band mit ehemaliger Burn/It/Out-Beteiligung nicht wirklich viel gemein mit den ehemaligen Hamburgern. Vielmehr tobt sich das Trio auf dem viel beackerten Post-Punk-Feld aus und erinnert in seiner angerauhten Art an die allseits bekannten Trbstt. "K-Pax 2.0" plätschert etwas abseits davon im eingängigen Indie-Punk herum und "Haus/Hell" mündet nach seichtem Einstieg gar im Düster-Screamo. Das sind natürlich alles altbekannte Zutaten, die allerdings souverän zusammengemixt wurden. Und wer nebenher noch McLusky zitiert (aus "Balbo's Theme" im Non-Demo-Track "Die Scheissheit"), der hat bei mir ohnehin ein Stein im Brett.
Das besprühte Demo-Tape kommt übrigens in selbstgebastelter und handnummerierter Papphülle mit Textblatt und Sticker.


Buy Tape or Merch via Mail to: atmenweiter@googlemail.com


Das Tante Mathilda P.r.o.j.e.k.t.

Bandpage\\//Facebook\\//Bandcamp\\//Soundcloud
Ich sag's euch, die Bandnamen und Musik werden immer interessanter und natürlich zieht sich auch im Falle von Das Tante Mathilda P.r.o.j.e.k.t. das Namedropping wie ein roter Faden durch das 27. Bandcamp-Punk-Volumen. Diesmal aber durchaus berechtigt, denn die vier Düsseldorfer_innen um Sängerin Lotte Lindex sind allesamt bekannte Gesichter aus dem AK47-Umfeld und diverser Punk-Gruppen wie Die Schwarzen Schafe, Saigoons, Scum and Nancy, Punk-O-Mat (Karaoke mal anders, geile Nummer!) The Lazy Bombs und Marshmallow Muschis, die sich selber eher als Konglomerat bzw. Projekt sehen. Bleibt also abzuwarten, wie lange es das Quartett am Laufen hält. Zunächst einmal steht ihre Debüt-EP "...und der freie Fall" zu Buche, die auf Tape und CD als Co-Release zwischen Racoone Records und My Delight Records erscheint. Darauf zu finden sind fünf Songs, die zwischen satten Alternative Rock und Stoner umherpendeln und eigentlich nach etwas Größerem verlangen, als einem AZ. Tonangebend ist dabei ganz klar die kräftige Stimme von Lotte, die den Songs energetisch in feinster Cristina Llanos-Manier (Dover) oder rotzig-poppig á la Maria Mummert (MIA.) und Judith Holofernes, aber auch avantgardistisch an Amanda Palmer erinnernd, vielen Gefühlsschwankungen unterzieht.


Buy Here, Here & Here


20 Liter Yoghurt

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Viele verschiedene Eindrücke zu verarbeiten, galt es auch auf der Debüt-EP "HeartCore" der Grimmaer Band 20 Liter Yoghurt, die wir hier erst vor ein paar Monaten vorgestellt hatten. Auch auf "Thoughts of the Modern Youth", ihrem quasi dritten Demo-Release, das diesmal auch in einer limitierten und selbstgebastelten CD-Auflage erscheint, wollen sich die vier Sachsen stilistisch noch immer nicht genau festlegen. Authentischer Hardcore-Punk und ansteckender Melodic Hardcore kämpfen um die Vormachtstellung, zwischendurch und in ihrer Art unerwartet glänzen die Alternative-Nummern "Animals" und "Our World", mit denen die Band einen nostalgischen Sprung zurück in die spröden 90er wagt. Ihre tollen Melodien stülpen 20 Liter Yoghurt über direkte Texte, die in ihrer Einfachheit sicherlich keine große Erleuchtung bringen. Im Opener "Aryan" (bereits auf dem '15er-Demo, Artikel zum rechtsextremen Mode-Label HIER) klingen die sich überschlagenen Lyrics stellenweise gar etwas zu sehr in die Melodie gepresst. Egal. Die Probleme heutzutage sind nunmal die gleichen, wie vor zwanzig Jahren. Was soll Band da schon großartig rumschwafeln?


Buy CD via PM on Facebook or Mail to: 20literyoghurt@gmail.com


Useless (Winterthur)

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Wesentlich mehr dem 90er-Alternative/Grunge zugehörig, fühlen sich die drei Jungs um Bassistin Sarah von Useless aus Winterthur, womit unsere Schweizer Wochen auch in diesem Beitrag vertreten sind. Nicht nur Sänger und Gitarrist Nik Petronijevic kann mit seinen Vorbands The Stifflers, Molotov Rocktail und seinem jüngeren Solo-Projekt King Contradiction schon auf einiges an Banderfahrung zurückgreifen, auch Zweit-Gitarrist Flurin Wäger und Schlagzeuger Lukas Wäger (Fake Empire) sind keine unbeschriebenen Blätter mehr. Dass bei einer Alternative/Grunge-Band ausgerechnet die Bassbesetzung zum ersten Mal auf der Bildfläche erscheint, ist nur eine Sonderbarkeit von Useless. Vor allem aber ihr ungewöhnlich düster-grummelnder Retro-Sound mit den Nirvana- und später auch The Vines-typischen, langezogenen Interjektionen (aaaaaah, yeeeeeah, usw. ;) dürfte Nostalgikern ein sehnsüchtiges Lächeln abgewinnen können. In der Quintessenz beider Bands bewegt sich der Sound von Useless, die diesbezüglich sehr offen mit ihren Referenzen umgehen. Im epischen EP-Closer "Thoughts of a Suicide" weicht die Band sogar nochmal Sludge-doomig Richtung Melvins aus. Wenn schon 90er, dann eben richtig.




Rivers & Tides

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Mensch muss schon wahnsinnig aufpassen, dass Rivers & Tides nicht spurlos an einem/einer vorbeiziehen. Ihr selbstbetiteltes Demo-Debüt, das als Tape über Koepfen erschien und natürlich schon restlos vergriffen ist, liegt nun schon zweieinhalb Jahre zurück. Es folgte ein exklusiver Sampler-Beitrag und anfang 2015 klammheimlich ihre zweite EP "Shelved", auf der die fünf Regensburger abermals ein Melodiefeuerwerk aus Alternative, Pop-Punk und Emo ablieferten. Klar, dass kennt mensch auch hierzulande schon von Bands wie Twin Red (ex-Client.), Rowan Oak (ex-Western Grace) oder den Rollergirls. Rivers & Tides gehen allerdings mit dem (Selbst-)Verständnis der ganz großen dieses Genres zu Werke und schaffen es, den/die Hörer_in mit viel Gefühl, vielleicht auch etwas Theatralik, vor allem aber treibenden Songs mitzureißen. Da stellt sich eigentlich nur die Frage, warum die Band noch kein Label gefunden hat.
Immerhin ist ihre bereits angekündigte dritte EP "Complete", von der es den Vorläufer "Eclipse" bereits auf Stageload zu hören gibt, als Tape-Release über das Wiener Label Featherlight Records geplant. Wenn hier keiner will, dann eben in Österreich.




Young Season

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Auch mit Young Season will die Alternative-Welle in diesem Beitrag einfach nicht abflachen, auch wenn sich die erst kürzlich zusammengeraufte Band aus Hannover etwas mehr im Dreck suhlt, als die vorangegangenen Rivers & Tides. Auf ihrem 4-Song-Demo-Debüt schielen Young Season nicht nur mit einem Augen über den Großen Teich Richtung Gainesville, obwohl die Songs sicherlich auch nochmal für einen guten Antrieb auf dem Skateboard sorgen dürften. Ihre Proberaum-Buddies von Schmutzstaffel sprechen dagegen eine etwas andere Empfehlung aus: "Falls ihr auf Title Fight in schlecht, oder auf No Fun At All in gut steht, dann checkt das mal ab."




In der Kürze liegt die Würze



JaaRi

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Hat sich Dÿse-Drummer Jarii van Gohl etwa eine neue Frisur zugelegt und das als Anlass genommen, gleichmal ein neues Projekt zu starten, nachdem schon sein Mitstreiter An3 Dietrich mit Haik abtrünnig wurde? Dies waren zumindest meine ersten Gedanken, als mein Blick über JaaRi's Bandfoto gleitete und an der linken Seite hängen blieb. Doch dann fiel es mir wie Shuppen von den Augen - die Band JaaRi hat ihren doppelten Vokal auf's A vorgezogen. Als ersten Song präsentiert uns das Hauptstadt-Trio "Interflug", der durch eine Art Alternative-Pop-Punk mäandert und mich vielleicht auch wegen des verhallten Gesangs wirklich stark an das Debüt-Album von Desaparecidos erinnert. Kann gerne so weiter gehen.

DL Song "Interflug"


Acerola

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Post mortem haben Acerola nun endlich auch Bandcamp für sich entdeckt und ihr zweites Album "Meister der Romantik" aus dem Jahre 2007 zum kostenlosen Download freigegeben. Erschien damals als CDr auf den Tru-Punk-Labels Kill All Human Records und Empty Head Records, ihr Debüt-Tape "This Boy is *Acerola*" über Aldi-Punk. Somit dürfte klar sein, was uns mit Acerola erwartet. Eine typische Band aus dem Backkatalog von Greffo Lachpansen (u. A. Lafftrak und Der Kopflose Börsenmakler), Marian Brenneke (u. A. Huchi Can Take It und Affenscheisse) und Neon Bone-Lars: holprig, blechernd, Texte Freischnauze voraus. Kurzum: Asselpunk der dilettantischen Sorte, der damals sogar das Ox-Fanzine zu einem ordentlichen Verriss verleitete: "Schülerband, aus der vielleicht was werden kann, wenn sie mehr übt." Wie wir heute wissen, wurde aus ihnen nichts.

P.S.: So ganz stimmt das natürlich nicht. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist Marian Brenneke einer der führenden Köpfe hinter dem jüngst gegründeten Label Stajner Youth Entertainment, das mit dem Sampler "Die Realität muss sterben, damit wir leben können" einen furiosen Start hinlegte.

DL Meister der Romantik LP


Schnulz

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Die Bezeichnung dilettantisch dürfte das Frankfurter Duo Schnulz dagegen wohl eher als Kompliment aufschnappen. Auf ihrem Debüt-Album "Schnulzianic Ohmacht" entgleiten die Songs stellenweise gen Opernbühne, driften an anderer Stelle ins Musikantenstadl ab oder finden sich im Gangster-Rap wieder. Ich stelle mal die waghalsige Vermutung auf, auf ein nicht ganz ernstgemeintes Album gestoßen zu sein, dass vielleicht Diejenigen mit offenen Armen in Empfang nimmt, denen Knorkator, Alfons Bauer und Cindy aus Marzahn schlichtweg zu ernst sind.

DL Schnulzianic Ohnmacht


Dienstag, August 2

Vlimmer - Loslösung EP



Band: Vlimmer

Titel/Release: Loslösung/EP (Digital)

Label: Last Day Deaf

Erscheinungsjahr: 2016


Genre: Cold Wave, Krautrock, Post-Punk, Electronica, Drone, Noise-Pop, Dream-Pop

FFO: Soft, Love in Prague, In Death It Ends, L'Avenir

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Kurzinfo:

Seit den Veröffentlichungen seiner Alben "Michigan" und "Illinois" kursiert das heiß umstrittene Gerücht, dass Sufjan Stevens auch den restlichen US-Bundesstaaten ein Album widmen möchte. Auch, wenn dieses Gerücht vor allem durch die abweichenden Themen seiner zahlreichen Folge-Werke mittlerweile entkräftigt sein dürfte, ist dem amerikanischen Singer/Songwriter die 50er-Release-Marke durchaus zuzutrauen. Mit dem Indie-Folk-Art-Pop des Herrn Stevens hat Vlimmer, ein weiteres Solo-Projekt von Alexander Donat, nicht wirklich viel gemein. Allerdings kündigte dieser mit den zeitgleichen Veröffentlichungen der beiden Vlimmer-EP's "I" und "II" an, dass auch dieses Projekt etwas größer angelegt ist. So sollen in den nächsten Jahren 16 (!!) weitere EP's folgen, von denen die Nummern "III" und "IIII" bereits im Katalog seines Labels Blackjack Illuminist verankert sind. Und wie wir den rastlosen Alex auf unserem Blog nun schon kennenlernen dürften, werden daraus sicherlich 30.
Ein erster Ausreißer aus diesem Manifest ist nun also die EP "Loslösung", die exklusiv und digital als kostenloser Download über das griechische Netlabel Last Day Deaf erscheint. Abgesehen davon, lassen sich aber durchaus noch andere Unterschiede zum bisherigen Schaffen des Königs-Wusterhauseners ausmachen. So wirkt "Loslösung" insgesamt wesentlich minimalistischer und unterkühlter, als die vorherigen vier Vlimmer-EP's. Vom Opener "Hinabgezogen" steht anfangs nur ein wackeliges Song-Skelett, dass sich vorsichtig seinen Weg durch dichte und nass-kalte Nebelschwaden bahnt und schließlich doch noch die eingänge Struktur findet. Der morbide, klaustrophobische Einstieg von "Losgelöst" zieht den/die Hörer/in jedoch postwendend in den düsteren Abgrund hinab und somit zur Erkenntnis zurück, dass auf "Loslösung" nur wenig so ist, wie es scheint. Mit flächig-verhallten Synthies, tropfsteinartigen Pluckerbeats und einer monoton-schwebenden Stimme, scheint uns der fast schon sakral wirkende Song immer tiefer in ein unterirdisches Labyrinth zu locken, in dem nichts als Ungewissheiten und trügerische Leeren auf uns warten. "Begraben" kommt schwungvoller in Gang, wenngleich einem/einer die verzerrten Gitarren wie ein kalter Schauer über den Rücken laufen. Noch immer ist nicht so ganz klar, ob die mystische, über alles thronende Stimme gut- oder schlechtgesinnt ist und wohin der Weg führen soll. Gitarren und Electronicas türmen sich post-rockig auf und leuchten einen vermeintlichen Weg aus der Finsternis. Ein Trugschluss, wie so vieles auf "Loslösung", denn auch "Aufgelöst" sickert wie eine konturlose Amöbe durch die Erdschichten hinab. Nach eigenen Angaben ist Vlimmer - neben Fir Cone Children - ein Projekt, mit dem sich Alex nun wieder der melodiösen Seite seiner Musik annähern will. Der leicht angeschrägte Closer "Zeitentschleunigt" ist sicherlich der EP-Song, der das am deutlichsten zum Vorschein bringt. Doch trotz der insgesamt kühlen Atmosphäre, die sich wie ein düsterer Schleier über die gesamte EP ablegt, finden sich auch in den vorherigen vier Songs durchaus melodische Momente wieder. Diese zu entlarven, liegt allein beim/bei der Hörer/in und wie gut er/sie sich darauf einlassen kann.

Das EP-Artwork entstammt übrigens der kreativen Ader von Bernardino Constantino (siehe u. A. The Lost World of Duccio, Absurd World of Duccio, Prossimo A Disintegrazione), der seine Dienste auch schon für die beiden letzten Fir Cone Children-Releases zur Verfügung stellte.

DL & Stream "Loslösung"

Jahres-Sampler