Es wird mal wieder Zeit, den Bands hierzulande etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Deshalb bezieht sich das 13. Volumen der Bandcamp-Punks ausschließlich auf deutsche Vertreter. So finden sich neben klassichen Deutschpunk-Bands wie Mann kackt sich in die Hose oder Schmutzstaffel auch wieder einige Ausreißer ein, z. B. die aus alten Bekannten neu formierten Marais, die genauso wie Jungbluth, die mit ihrem Debüt-Album am Start sind, eher im Screamo bzw. Hardcore zu verorten sind. Auch Roger Robota und Kommando Kant drängen den Punk mit ihren Progressive- und Indie-Ausflügen bis an den Rand seiner Genre-Definition. Alles erlaubt, alles Punk. Viel Spaß.
Mann kackt sich in die Hose:
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Mann kackt sich in die Hose - so simpel kann und muss man vielleicht auch das Cover zur "Angst macht keinen Lärm"-7" von Rachut's ehemaliger Band Angeschissen interpretieren. So geschehen bei dem HIER vorgestellten Dortmunder Quartett, dass sich diese einfache, dafür unmissverständliche Interpretation auch gleich mal auf den Bandbanner druckte. Nach ihrem ersten Demo, dass in diesem Jahr auf 3,5" Floppy Disk über Spastic Fantastic Records bzw. Yakuzzi Tapes veröffentlicht wurde, legen sie nun ein Weiteres nach, als Vorgeschmack auf ihre im Herbst über SFR und Phantom Records erscheinende Debüt-LP. Neun Songs, darunter auch die drei des ersten Demos neu aufgenommen, die sich ebenso kurz wie kakophonisch durch Deutschpunk ätzen. Angeführt von Sänger Maz, der mit seinem krächzenden Gesang etwas an die früheren Tempeau erinnert, nur dass Marek Harloff damals wahrscheinlich wirklich davon überzeugt war, er könne singen. Bei MKSIDH ist das natürlich genauso provoziert, wie die sich gegen alles auflehnenden Texte, deren kritische Kernpunkte noch zusätzlich mit reichlich Dada auf's Korn genommen werden. Und da ihr Deutschpunk sowieso noch zur Hälfte in den 80ern feststeckt, ist das auch alles erlaubt. Für Schönklang haben wir ja schließlich immer noch unsere Emo-Punks.
Mevrsavlt:
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Eigentlich waren sie mal zu zweit, dann wieder nicht, dann doch, Demo eingespielt, und nun also doch Solo-Projekt. Der Essener Singer/Songwriter Phil hält sich auch alleine ganz gut über Wasser, denn für seinen Folk-Punk braucht es gar nicht mehr als seine frenetisch treibende Stimme und ein paar melodiöse Akustikanschläge. Und weil er seine Meinung auch gerne von anarchistisch verträumt bis radikal explodierend zum besten gibt, sollten vor allem Fans der Plan-It-X-Records-Schösslinge mindestens ein Ohr in Lauschangriffstellung bringen. Sein S/T-Tape kommt mit Poster und A5-Booklet plus kleinem Kaffee-Täschchen (mit echtem Kaffee).
Schmutzstaffel:
Roger Robota:
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Roger Robota gingen irgendwann um 2008/2009 aus der Ska-Punk-Band Choke ISP hervor und veröffentlichten 2011 ihr Debüt- und bislang einiziges Album "Das Grau dazwischen". Schon der erste Song "Kartenhaus" zeigt, dass man mit dem Begriff Punk alleine nicht auskommen wird, um den Stil der drei Hannoveraner auf den Punkt zu bringen. Fast eine Minute braucht der Song, ehe er sich nach Indie-Geplänkel und progressiven Taktwechseln dann doch im explosiven Deutschpunk wiederfindet und später mal kurz beim emotionalen Rock der Marke Klez.e Rast macht. Und wenn es im Song "Versteckspiel" heißt: MIT EUREM SCHUBLADENDENKEN WISST IHR DENN WO IHR HINGEHÖRT, kann man das sicher nicht nur auf die scheinheilige Moral unserer Gesellschaft ableiten. Denn mit eben jenem Schubladendenken kommt man bei Roger Robota sowieso nicht sehr weit. Mit Progressive Rock, Indie und Punk kann man die Musik somit sicherlich nicht auf einem gemeinsamen Nenner bringen, aber immerhin grob eingrenzen. Und das tolle daran ist, dass trotz dieser Experimentierfreudigkeit den abgehenden Melodien noch genügend Platz eingeräumt wird..
Cobretti:
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Elf Jahre Cobretti könnte die Überschrift zu der diesjährig erschienenen EP "Axis" lauten. Die ist mit ihren fünf Tracks und 15 Minuten Spielzeit zwar recht überschaubar ausgefallen, fasst die über die Jahre hinweg vollzogene Entwicklung des Kölner Quintetts aber ganz gut zusammen. "Axis" ist das abgestimmte Resultat des punkigen Old-School-Hardcores ihres ersten Albums ("S/T", 2005) und dem geschliffenen Hardcore-Punk ihres dritten ("Trip Down Memory Lane", 2011), deren Texte abermals reichlich mit Attitüde (Punk) und eigenen Erfahrungen (Emotional) gefüttert werden.
Marais:
Die Kölner/Bonner Band Marais ist seit ihrer Gründung 2012 fleißig unterwegs und konnte sich nur durch viel Eigeninitiative bereits die Bühne mit Größen wie June Paik, Birds in Row, Jungbluth und Grand Griffon teilen. Ihre strikte DIY-Attitüde nahmen einige Mitglieder bereits von ihren Vor- und Nebenprojekten wie die crust-punkige Powerviolence-Band Risse (Free-DL HIER) und den Emo-Punks Maitresse (Free-DLs HIER) mit hinüber, im Übrigen genauso wie ihr Anti-Diskriminierungsprogramm. Ihr Debüt-Demo-Tape veröffentlichten sie demnach in Eigenregie, mit der freundlichen Unterstützung vieler Freunde, darunter auch Anne, die der Erstauflage (20 St.) eine schicke Tapehülle häkelte. Vier Songs befinden sich auf dem Demo. Vier mal feinster, meist deutschsprachiger Screamo, der trotz vieler Tempowechsel eingängig ins Ohr huscht - und es sich dort gemütlich macht.
Sad Neutrino Bitches:
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DL Split-LP /w Paul Harbour (nur SNB-Hälfte)
Buy Here, Here, Here & Here
Ein gutes Pferd:
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Ehe man von einem guten Pferd sprechen kann, braucht es viel Zeit und Training. Das Mitte letzten Jahres gegründete Quartett Ein gutes Pferd spielte schon gemeinsam mit Love A und sammelt im August neben den Trash-Punks Henry Fonda weiter Bühnenerfahrung. Auf ihrer Debüt-EP "Konferenz der Verwirrten" ist aber noch nicht so recht zu erkennen, welchem Ziel die vier Berliner entgegen reiten. Der Opener "Der Soffleur" beginnt mit einem Sample aus "Der Pferdepflüsterer", dass man in diesem Zusammenhang ruhig schon mal bringen kann. Allerdings wirkt der Song dann doch zu ernsthaft für diesen Gag. Emotionaler Alternative-Punk, irgendwo zwischen Muff Potter und Revolverheld. , der in den Songs "Holzbrücke" und "Sauerstoff in der Badewanne" mit etwas Hardcore-Punk aufgepeppt wird. Das steht der Band dann doch um einiges besser, genauso wie der fast schon klassische Deutschpunk in "Wasser in die Augen".
DL Konferenz der Verwirrten EP
Flo und Paul und Flo:
Geradeaus gerichteter und unpeinlicher Deutschpunk, der keine Blume vor den Mund nimmt. U. A. mit Mitgliedern von Maitresse, ballern und keifen sich die Kölner erbittert und kompromisslos zwischen Bands wie Rattenkönig und Scheissediebullen. Natürlich darf sich da auch ungeniert bei Fettes Brot ("Digitalfotografie") bedient werden und dass der Verspieler beim Ansetzen zur deutschen Nationalhymne in "Du bist Dearutschland, ich bin Punk" auf ein Versehen oder Unvermögen zurückzuführen ist, lässt sich wahrscheinlich bezweifeln.
Kommando Kant:
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Kommando Kant spielen alles andere als Klugscheißer-Punk. Nicht, dass das einer denken könnte, ich will's ja auch bloß mal so angesprochen haben. Ihre Hamburger Herkunft bzw. Wahlheimat können die vier dennoch nicht ganz verbergen. Punkrock, der auch immer die Nähe zu spielfreudigem Indie und zu emotionaler Nachdenklichkeit sucht, aber auch aus der Haut fahren kann. Mit "Geschenktergauldemo" gelang ihnen jedenfalls schonmal ein tolles Debüt, dass über der Bandpage als Direct-Download erhältlich ist und die Vorfreude auf mehr weckt.
Außerdem
Jungbluth:
Und wieder bin ich leider etwas zu spät dran, um euch die auf 100 Stück limitierte, Yellow-Vinyl-Variante von Jungbluth's Debüt-Album "Part Ache" nahezulegen. Die war nämlich schon im Pre-Order restlos vergriffen, sodass den Vinyl-Liebhabern nur noch die Standard-Black-LP übrig bleibt. Oder ihr seid noch schnell genug und sichert euch die letzten Exemplare der amerikanischen Blue-LP (ebenfalls 100 St.), die es derzeit im Pre-Order für 28 $ (inkl. Versand) über Halos of Flies zu ergattern gibt. Aber die Farbe ist bei einer Ausstattung mit Poster und neun Karten als Textblatt-Ersatz (bei allen Varianten gleich) eh bloß das I-Tüpfelchen und die Musik ist sowieso überall die selbe. Und die bietet, wie schon auf ihrem S/T-Tape, mal wieder fiesesten und düsteren Hardcore-Punk, mit ordentlich Screamo-Einschlag und kleinen Post-Rock/-Core-Ausflügen. Der souveräne und eindrucksvolle Beweis, dass Jungbluth nicht nur ein zeitweiliger Bandpausenvertreib der drei Alpinist-Mitglieder ist. Der Bandcamp-Download übrigens ist für ein Minimum von 50 Cent fast geschenkt.
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