Mittwoch, Juni 29

Snatch the Snail - S/T Album



Band: Snatch the Snail

Titel/Release: Snatch the Snail/Album (Digital)

Label: DIY/Bandcamp

Erscheinungsjahr: 2015

Genre: Alternative, Experimental, Pop-Punk, Weirdo-Surf, Math-Pop

FFO: Ruins of Krüger, SHVS, She Looks Like a Horse

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Kurzinfo:

Snatch the Snail sind mit ihrer "Snailien"-EP und ihrer Compilation "The Snail Collection: Vol.1" beim Experimental-Label Little L Records untergekommen, wenn mensch so will das amerikanische Pendant zum Berliner Label Kitchen Leg Records. Beide Labels teilen sich den Anspruch, Bands aus aller Welt, die sich fernab vom Mainstream und den üblichen Hörgewohnheiten bewegen, eine Starthilfe zu geben, zumeist in Form von Tape-Releases. Nicht selten entwächst dabei dem Experimentellen ein künstlerischer Anspruch. Und weil Kunst nunmal im Auge des Betrachters bzw. im Ohre des Hörers liegt, kann mensch derartige Musik eben gut finden oder auch nicht. Genau das sind die Kriterien, anhand derer mensch auch das selbstbetitelte Album von Snatch the Snail bewerten sollte, ihrem vierten Album seit 2012.
Es ist nicht so, dass mensch den darauf enthaltenen neun Songs keine Alternative- und Pop-Punk-Affinität zusprechen könnte. Das kann mensch durchaus. Fast jeder Song wird von einer, nunja, Weezer-tauglichen Wohlfühlmelodie getragen, die sich zumeist allerdings erst später im Song offenbart. Nicht alle Songs spielen mit derartig offenen Karten, wie das schrammelige "Mollusk Love Song". "Stfu" und "Bryan's Baby's Birthday" in etwa legen eine gezielte Finte Richtung Reggae, "Pop Culture Porn" und "Finger Trapped" verlieren sich zwischendurch in leiernden Surf-Rock, "Get it Going" liebäugelt gar mit Soul und "Celebrity Escargot" ist die unsentimentalste und schrägste Ballade, die ich seit längerem gehört habe.
Trotz alle dem ist "Snatch the Snail" das wohl zugänglichste Album der Band, das bemerkenswert gute Melodien zum Vorschein bringt, aber auch zeigt, dass das eben nicht alles sein muss. Vielleicht lässt es sich ja am treffendsten als die exakte Mitte von Sänger und Gitarrist Zach Carson's Nebenbands dividedividedivide und She Looks Like a Horse, in der auch StS-Schlagzeuger Drew Ryan mitmischt, ausmachen.

DL Snatch the Snail Album

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Samstag, Juni 25

Platte des Monats 06/2016: Colored Moth - Fragmenting Tensions LP



Band: Colored Moth

Titel/Release: Fragmenting Tensions/Album (Limited Pink & Regular Black Vinyl, Digital)

Label: Twisted Chords

Erscheinungsjahr: 2016

Genre: Experimental Post-Hardcore, Punk, Noise, Math, Post-Rock

FFO: Drive Like Jehu, Fugazi, Paulinchen Brennt, DŸSE, Aldo Raine

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Kurzinfo:

Ich hatte Colored Moth erst relativ spät für mich entdeckt. Glücklicher Weise nicht zu spät, denn nicht nur, dass das Berliner Trio erst kürzlich einen Repress ihrer letztjährigen EP "Ever Dared to Dream Before" (Black Vinyl w/ screenprinted B-Side, /100) veranlasste, sondern mittlerweile auch ihren ersten Longplayer "Fragmenting Tensions" veröffentlichte, der diesmal über Twisted Chords erscheint, statt dem eigenen Label LightBulb Records.
Mensch könnte fast behaupten, dass wir Hierzulande mittlerweile ein Luxusproblem im Untergrund haben, was außergewöhnliche Hardcoreformationen angeht. Pride and Ego Down z. B., die im letzten Jahr ein sehr atmosphärisches Emocore-Album veröffentlichten oder auch die kürzlich erschienene This April Scenery-LP. Von den üblichen Underground-Größen samt Inzest-Gruppierungen will ich gar nicht erst sprechen. Colored Moth haben mit den e. g. Bands nicht viel gemeinsam, außer, dass sie grob dem Post-Hardcore zugeordnet werden können und es spätestens mit ihrem Album verdient hätten, auch über die Landesgrenzen hinaus gehört zu werden. Um zu zeigen, dass auch wir hier eine freigeistliche und selbstbestimmte Szene haben, die problemlos mit der Internationalen mithalten kann und sich nicht nur aus verwöhnten und ängstlichen Spieß- und Wutbürgern zusammensetzt.
Zwar dürfte der experimentelle und noisige Hardcore der Band sicherlich nur eine bestimmte, nicht allzu große Zielgruppe ansprechen. Bands wie Converge, The Dillinger Escape Plan oder Patton'sche Auswüchse haben allerdings gezeigt, dass Band mit derartiger Musik durchaus die Tore der Welt passieren kann. Auch mit diesen extravaganten Vertretern haben Colored Moth im direkten Vergleich recht wenig gemein. Wenn überhaupt, erinnert ihr analoger und rauh-knarzender Sound an zerfahrene 90er-Jahre Noise-Rock-Combos wie The Jesus Lizard, Drive Like Jehu oder Fugazi, was die äußerst nervö(u)se Gitarren-Hook zu Beginn des Openers "Decay Accelerating Factor" gleich mal gut unter Beweis stellt. Dass sich der Song in einer tollen Melodie und prägnanten Riffs verliert, ist nur eine von vielen Facetten, die sich fortan auf "Fragmenting Tensions" offenbaren werden. "LZRDSNC", dem übrigens Svffer-Schreihälsin Leonie ihr raffsüchtiges Organ leiht, sucht anfangs noch die Nähe zum hektischen Mathcore, ehe der Song durch smoothe und fast schon spacig-schrammelige Etappen mäandert. Colored Moth geht es aber nicht darum, das altbewährte und -kannte Laut-Leise-Spiel zu zitieren. Vor allem die ruhigeren Passagen sind oftmals vielschichtiger und detailverliebter ineinander verstrickt, als die wüsten Momente des Albums. Da ist dieser spannende Post-Rock-Einstieg in "Second Sight - Craving of the Id", der von Nicole Carter Cash's (ex-Cosmic Fuzz) sanften Stimme fast schon zur träumerischen Ballade geformt wird, wäre da nicht die querzirpende und quietschende Gitarre, die den bevorstehenden Sturm artgerecht ankündigt. Hierfür konnte die Band schließlich auf die Dienste von Simon (Nervöus) zurückgreifen, der vom Trio zudem in heroische Sphären gehoben wird. Was für ein Song! Colored Moth sind aber nicht gekommen, um Erwartungen zu erfüllen. Nach einem plänkelnden Interlude ("Void"), wandelt das folgende "Power Outage Monologue" bereits schon wieder auf holprigen Shellac-Pfaden. Das ist keinesfalls ein übertriebenes Wirr-Warr, als vielmehr eine Demonstration, was zu dritt und allein mit den Rock-typischen Instrumenten so alles möglich ist. Ein Album, das auch noch nach dem zig-maligen Hördurchlauf immer noch neue Details zum Vorschein bringt. Hört euch mal allein den Titeltrack an, in dem Bass und Gitarre zeitweilig ihr eigenes Ding durchziehen, während das Schlagzeug um etwas Zusammenhalt bemüht ist, und schlussendlich doch alles wieder glücklich zueinander findet.
Vielleicht liegt es ja in der Natur der "Kleinen", dass sie sich etwas mehr profilieren müssen, um in der Masse nicht unterzugehen. Colored Moth haben das gar nicht nötig, denn sie befinden sich mindestens auf Augenhöhe mit den ganz großen Querulanten des Hardcores.

DL Fragmenting Tensions

Buy Here, Here, Here or via Mail to: colored_moth@gmx.de

Mittwoch, Juni 22

Slow Bloomer - Gravel Between Teeth EP



Band: Slow Bloomer

Titel/Release: Gravel Between Teeth/EP (Tape, Digital)

Label: DIY/Bandcamp

Erscheinungsjahr: 2015

Genre: Alternative, Emo, Punk

FFO: Citizen, Daisyhead, Ashes of Pompeii, Rivers & Tides, Basement

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Kurzinfo:

Dresden und Leipzig müssen nicht immer so herrlich harmonieren, wie im Falle von Slow Bloomer, deren Mitglieder aus eben jenen zwei Städten zum gemeinsamen Musizieren zusammenkommen. Trotz der Gründung vor gerade mal zwei Jahren, haben sich die vier Sachsen bereits als wahre Lebemenschen entpuppt, denn mit der Hardcore-Punk-Größe Reason to Care und den Emo-Grungern Rivers & Tides haben Slow Bloomer bereits zwei Europa-Touren auf dem Buckel.
Eine 4-Song-EP steht der Band zu Buche, die mit Hilfe von the KIDS ihren Weg auf's altehrwürdige Tape schaffte. Dabei klingt "Gravel Between Teeth" für ein Debüt schon ziemlich ausgereift, was den Verdacht nahe legt, dass sich hinter der Band vielleicht keine musikalischen Anfänger verbergen. Die EP ist aber gleichzeitig auch eine Demonstration, zu was Slow Bloomer alles im Stande sind und in welche Richtungen sich das Alternative-Genre so alles ausbreiten kann. So zeigt die Band in "Featherweight" und dem melancholisch eintrudelndem "Arrythmia" ihr Geschick für Pop-Punkige Melodien, die mit etwas Melodycore-Einschlag Richtung 00er gedrängt werden. "Plainview" hingegen schielt mit einem Auge über den Großen Teich Richtung Midwest-Emo, während der Closer "Cedarskin" nach plänkelndem Einstieg die Nähe zum Post-Hardcore sucht.

DL Gravel Between Teeth EP

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Samstag, Juni 18

Debutante - EP3



Band: Debutante

Titel/Release: EP3/EP (15x Tape, Digital)

Label: Cruel Bones

Erscheinungsjahr: 2016

Genre: Alternative, Post-Punk, Noise, Drone, Doom, Electronic, Shoegaze

FFO: Fir Cone Children, Have a Nice Life, Spectre Eyes, Life in Slow Motion

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Kurzinfo:

Glücklicher Weise haben wir uns hier im Hause Gerda die Freiheit genommen, einen sehr großen Radius um den musikalischen Mittelpunkt Punk zu ziehen. Ansonsten wären für uns wohl viele interessante Gruppen, die die Musik in ungeahnte Richtungen manövrieren, im Verborgenen geblieben.
Hinter Debutante verbirgt sich der Züricher Student Chris, der sich uns mit seinem Solo-Projekt als "Drone-Pop-Künstler" vorstellte. Nun, das ist sicherlich sein gutes Recht und auch gar nicht so falsch. Es ist nur so, dass es "verdronter Pop" vielleicht besser treffen würde. Allein der Opener "Destroy Brogaze" seiner "EP3" ist dermaßen an Soundspuren überladen, dass sich daraus kaum noch ein Referenzgenre ableiten lässt, vielleicht am ehesten noch Alternative Rock. Wahrscheinlich musste Debutante seinen Laptop auf einen Gletscher kühlen, während er diesen Song abgemischt hat. Trotzdem kriecht unter all den Verzerrungen eine catchy Melodie hervor, die sich nun schon seit Tagen in meinen Playlisten eingenistet hat, inklusive Kopfnicker-Abo. Starker Song, der auf Debutantes dritter EP keine Ausnahme bleiben soll. Das siebeneinhalb-minütige "Schirm" in etwa, könnte eine verträumte, vom Shoegaze und Dream-Pop vernebelte Post-Rock-Ballade sein, "Dresses (Crimson)" ein dynamischer Ritt durch Post-Punk und New Wave, während in "Yours" Chris' Fabel für den nostalgischen Konsolensound (siehe hierzu -> Wicked Stupid Pride) seinen Platz findet. Was Debutantes "EP3" trotz dieser a-puristischen Ausflüge zusammenschweißt, ist, dass all diese Stücke unter einem hohen Berg an Verzerrungen, Noise und Distortions begraben werden und somit von Song zu Song aufkeimende Reminiszenzen zu My Bloody Valentine, The Cure, Arbouretum oder Nine Inch Nails zumeist im Ansatz wieder verpuffen.

DL EP3

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Dienstag, Juni 14

magret. - Spucken in den Wind EP



Band: magret.

Titel/Release: Spucken in den Wind/EP (Digital)

Label: DIY/Bandcamp

Erscheinungsjahr: 2015

Genre: Indie, Indie-Punk, Post-Punk

FFO: Muff Potter, Love A, Kazimir, Mr. Inman, Skeletor

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Kurzinfo:

Für asseligen Deutschpunk vielleicht zu indirekt, zu schnörkellos für den Post-Punk. Es gab eine Zeit, zu der Indie-Punk gekonnt ein Schlupfloch besetzte und von Bands wie Muff Potter & Co. Hierzulande salonfähig gemacht wurde.
Magret. liefern auf ihrer zweiten EP "Spucken in den Wind" (anscheinend gab es noch mehr Bandcamp-Veröffentlichungen, die mittlerweile aber heruntergenommen wurden??) vier eingängige Songs ab, von denen vor allem der echauffierte Opener "Gänsemarsch" und das zum Ende hin choral-explodierende "RIP" im Ohr hängen bleiben. Das Trierer Quartett will sich gar nicht allzu lange in der Post-Moderne aufhalten, schließlich war früher zwar nicht alles besser, aber zumindest anders und einiges auch unkomplizierter: "when we die bury us in the clothes of our youth". Magret. wollen uns nicht erzählen, was wir zu tun oder zu lassen haben. Vielmehr sind sie aufmerksame Beobachter mit einem Auge für die Schwarzmalerei und dem Herzen am linken Fleck. Und genau diese Bordsteinkantengeschichten sind es, die die Band nostalgisch in der Zeit zurückkatapultiert. Ein emotionaler Chor wie in "RIP" mit Verszeilen wie "weil Wahrheit eine Scheiß-Lüge ist" biedert sich der Theatralik regelrecht an. Magret. verpacken das Alles lieber in einer rotzigen Attitüde und wollen die Dinge unreflektiert für sich stehen lassen, weshalb sie auch keiner Übertreibungen oder Zielvorgaben bedürfen. Natürlich tragen sie auch etwas triste Schwermut im Herzen, was nicht ganz spurlos an einem melancholischen Song wie "2 Wale" oder dem schrammeligen Closer "Die grosze Freiheit" vorbeizieht.

DL Spucken in den Wind EP

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Freitag, Juni 10

Video Kills the Radio Star Vol.2


Captain Planet



Geht es um deutschsprachige, post-moderne Punkmusik, sitzen bei den Kritikern wohl kaum zwei andere Bandnamen so locker im Mund, wie Turbostaat und Captain PlaneT. Da es auf Dauer aber auch ganz schön nerven kann, immer nur als Referenz herhalten zu müssen und Erstgenannte bereits im letzten Jahr ein Album veröffentlicht hatten, haben sich nun auch Captain PlaneT ein Herz gefasst und nach vierjähriger Abstinenz einen Longplayer nachgelegt. "Ein Ende" ist das vierte Studioalbum der vier Hamburger, das genauso wie ihr Drittes über das Label Zeitstrafe erscheint. Neben der schwarzen und orangenen Vinyl, gibt's dazu auch eine Deluxe Vinyl Edition, die neben das orangene Vinyl mit Poster noch eine Bonus-7" und Live-CD enthält, bei Band und Label aber bereits vergriffen sind. Ich habe schon wieder ein paar private Angebote entdeckt, die jenseits von Gut und Böse sind, aber sich darüber aufzuregen bringt ja anscheinend nichts.
Als ersten Vorboten zum Album hatte die Band bereits das Video zu "Vom Ende an" ins Rennen geschickt und somit schonmal einen schön temporeichen und echauffierten Start hingelegt. "Irgendwas", das zweite Video, nimmt diese Unruhe direkt auf, gönnt sich kurz etwas Zeit zum Verschnaufen und mündet schließlich in einer ebenso tollen Melodie. Bleibt als erster Eindruck nur das Altbekannte, nämlich, dass sich Captain PlaneT auf das Wesentliche konzentrieren und ihre jugendlich-ungestüme Art beibehalten haben.





KMPFSPRT


Auch KMPFSPRT, die Band um ehemalige Fire in the Attic- und Days in Grief-Mitglieder, gehören mittlerweile zur Speerspitze der deutschen Punkszene, und das nicht nur, weil sich die vier Kölner im letzten Jahr eine Split-EP mit Boysetsfire teilten. Inzwischen bespielen KMPFSPRT auch die großen Festivals und teilten sich u. A. schon die Bühne mit Casper und Jennifer Rostock. Blöder Weise ist das "Intervention", dem Titeltrack ihres zweiten Albums, auch ziemlich anzuhören, der, abgesehen von der Message, wie ein beliebiger Jupiter Jones-Track klingt. Etwas zackiger bekommen es die Domstädter da schon mit "Ich hör' die Single nicht" hin, in der es allerdings etwas bezeichnend heißt: "Kein Hit, kein Pop, kein Punk". Wird sich wohl noch zeigen müssen, wo genau dazwischen sich KMPFSPRT positionieren werden.




Meadow Saffron


Des Einen Freud ist des Anderen Leid. Die Siegener Band Meadow Saffron existiert bereits seit 2006, ihr Debüt- und bis vor Kurzem noch einziges Album "Leaving the Black Square" (Freedownload auf Bandcamp) veröffentlichten die Jungs 2008 in Eigenregie. Ein unbestimmbares Biest aus Alternative, etwas Post-Rock und Math, Indie und Post-Hardcore in herrlicher DIY-Ästhetik. 
"Saving the Sandbank" lautet nun also der Titel ihres zweiten Albums, das mit dem Opener "The Leap" einen ersten Vorgeschmack darauf bietet, was sich innerhalb von fast acht Jahren so alles geändert haben könnte. "Saving the Sandbank" wurde vom Alternative-Gott Kurt Ebelhäuser höchst persönlich produziert, was der Vorab-Single absolut anzuhören ist. Ich weiß nicht, ob der Sänger in der Zwischenzeit Gesangsunterricht genommen hat oder im Studio fleißig nachgeholfen wurde, geschweige denn, ob es mittlerweile einen Wechsel am Mikrofon gab, aber mit dem leicht brüchigen und etwas in der Leere hängenden Gesang vom Debüt hat das hier nichts mehr zu tun. Dementsprechend klar und satt präsentiert sich auch das Instrumentale. Erinnert mich irgendwie an Ill Niño zu Zeiten, als sie etwas softer wurden ("Confession").




This April Scenery



Auch das nordrhein-westfälische Quartett This April Scenery ist mit seinem zweiten Album "Luminality" auf dem saarländischen Hardcore-Exoten-Label Midsummer Records gestrandet und feiert somit nicht nur sein erstes Label-, sondern auch das erste Vinyl-Release (150x Black/White Marbled & 350x Black, beide Varianten inkl. CD). Endlich, muss mensch da schon sagen, denn angekündigt wurde es bereits mit ihrer 2013er EP "Concrete Garden" (Freedownload auf Bandcamp). Das sich die Fertigstellung so lange hinausgezögert hat, ist auch dem Umstand geschuldet, dass sich Sänger, Gitarrist und Produzent Nico Vetter in der Zwischenzeit um anderweitige Produktionsprojekte kümmern musste, wie z. B. City Light Thief oder Neufundland. Das Warten scheint sich aber in jedem Fall gelohnt zu haben, denn This April Scenery haben mit "Luminality" ein Post-Hardcore-Album abgeliefert, dass zu aller erst die Frage aufwirft, welchen Anteil der Hardcore auf diesem Album überhaupt einnimmt. Mich haben die beiden Vorab-Videos zu "Shifty Eyes" und "Caught in Mediocrity" etwas an den ungestümen Emo von Cursive erinnert, aufgeweicht in reichlich Post-Rock und flirrender Shoegaze-Ästhetik, während "Myriad of Future Plans" seine Härte nur unterschwellig und dosiert zwischen viel Atmosphäre und Gefühl durchblitzen lässt und somit vielleicht ein außergewöhnliches Album vermuten lässt, wie es Pride and Ego Down im letzten Jahr veröffentlichten.




Lions Form Alaska


Naja, die Kulmbacher Melodic-Hardcore-Band Lions From Alaska ist auch nicht gerade das, was mensch produktiv nennt, zumindest wenn es darum geht die Fangemeinde mit nachhörbarer Musik zu versorgen. Nach ihrem Debüt-Demo-Song "Alaska" aus dem Jahr 2014, ist das kürzlich erschienene "Dead Thoughts" gerade mal der zweite Song auf Youtube. Bandcamp, Soundcloud & Co. wird vom Quartett bislang gemieden. Dafür sind die Jungs immerhin fleißig unterwegs und wer sich einen Gesamteindruck von der Band verschaffen will, sollte sie eben am besten live erleben. 
"Dead Thoughts" liefert immerhin schonmal einen stimmigen Vorgeschmack. Melancholische wie sphärische Gitarren, Bass und Schlagzeug halten druckvoll dagegen, cleane Gesangspassagen und solides Geshoute, eingefangen in einem fetten Sound. Ein Song, der auch hervorragend dem Metalcore zu Gesichte stehen würde....aber das wäre ja langweilig.



Specht Ruprecht


Hier mal wieder was zum Ausgraben. Passend zum Thema, präsentieren uns Specht Ruprecht einen nostalgischen Horror-Trash-Zusammenschnitt im Video zum Non-Album-Track "What Is It", der grob in die Kategorie "Krach" eingeordnet werden kann. Herrlich eingängiges und kathartisches Old-School-Hardcore-Punk-Gebolze, das mit einem halben Bein im Fastcore steht. Wer mit dem Debüt-Album "Kaisers neue Kleider" (als Digipak-CD über Bandcamp und Bigcartel) der slashdpeach-Nachfolgeband aus Erfurt vertraut ist, weiß allerdings auch, dass jeder Song der Band eine Momentaufnahme ist. Ob es noch Sinn macht, auf das seit vier Jahren angekündigte zweite Album zu warten, weiß ich nicht. Lohnen dürfte es sich jedoch allemal. Tschüss.



Montag, Juni 6

Die Bandcamp-Punks Vol.26

The Brannigans



The Brannigans teilen sich unüberhörbar ein Mitglied mit THE MALADRO!TS und Peng! Peng!. Im Gegensatz zum trashigen 70ies-Garage-Punk Erstgenannter und die noch zusätzlich orgelnden Zweitgenannten, bringt das Lörracher Trio ihren Retro-Garage wohl noch am bodenständigsten rüber, wohlgemerkt in Relation gesetzt. Vielleicht ist es ja eine Demonstration, um zu zeigen, in welche Richtungen dieses als eingängig empfundene Genre so alles entweichen kann.
Zwei Jahre ist es nun schon her, als uns die Brannigans mit ihrem Debüt-Tape "Opinion Former" so sehr überraschten, dass wir sie aus lauter Panik gleich mal zur "Platte des Monats" kürten. Zwar konnten wir die Band damit nicht wirklich pushen, was allerdings trotzdem nicht erklärt, warum sie noch immer nicht die 100-Likes-Marke geknackt haben. Vielleicht ist die Stimmung Hierzulande einfach bloß am Tiefpunkt und keiner empfänglich für, zumindest in akustischer Hinsicht, gut gelaunten Punk. Aber was haben denn die Ärzte jedes Mal im Radio verloren?! Egal. The Brannigans gehen mit ihrer zweiten EP, die abermals auf Tape erscheint, ihren Weg unbeirrt weiter und liefern neun energiegeladene und tanzwütige Songs ab, die wegen des frivolen und teils überoktavierten Gesangs eine leicht trashige Note abbekommen. Kein ausladendes Gegniedel, keine künstlichen Schnörkel, allesamt auf das Nötigste reduziert. Zwischendurch gibt's etwas Retro-Georgel in "Away", in "Your Fault" fehlen für den Ska-Bonus eigentlich bloß noch die Trompeten und "Please/Broke/Hate You All" liebäugelt gar mit dem Hardcore-Punk. All das sind kleine Gewohnheitsausreißer, denn vor allem die ansteckenden "When You", "Kill Team", "Can't Stand Your Face" und "Stay At Home" sind, neben den zuvor genannten, partytaugliche Smasher der Marke The Hives. Sowas gehört eigentlich auf Vinyl, is klar, ne?!

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DL "Broke" Here & Here

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See More Glass

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In Hamburg ist es eher wahrscheinlicher, dass sich eine neue Band aus alten Teilen zusammensetzt, als dass sie wie aus dem Nichts auf der großen Bühne erscheint. Dafür hat sich in den letzten Jahren in der dortigen Szene einfach zu viel getan. Hinter See More Glass verbergen sich demnach vier bekannte Gesichter aus ehemaligen oder winterschläfrigen Gruppen wie Girolamos Walk, Torpedo Holiday, Ashtray Monument, I Found Myself in Austin, Texas und Moro, die sich mit ihrem neuen Projekt nun auf eine andere Reise begeben, als bisher. Mensch muss es schon in aller Deutlichkeit sagen, was die vier Jungs auf ihrer Debüt-EP "Tomorrow", die auch in einer kleinen Auflage selbstvertriebener Tapes erscheint, ist an vergleichsweiser Eingängigkeit wohl kaum zu überbieten, was keinesfalls negativ gemeint sein soll. "Tomorrow" ist aber dennoch ein Release, das mensch mit diesem Backgroundwissen so nicht erwarten konnte. 
Die sechs Songs stehen am Scheideweg zwischen New Wave und Post-Punk, und somit inmitten der 80er-Jahre. See More Glass klingen mit ihrer unaufdringlichen Instrumentierung und dem dazu konkurrierenden, kratzigen Gesang, der immer wieder auszubrechen droht, als müssten sie die damalige Rebellion unbedingt weiter anheizen. Das klingt dann mehr Vintage, als Retro und gehört eigentlich in den Plattenschrank zwischen The Cure, The Smiths und Echo and the Bunnymen.

DL Tomorrow EP

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Forester

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Das Extensive Magazine hat es sich vielleicht etwas zu umständlich gemacht, als es im Interview mit den fünf Jungs von Forester ihren Stil zum Pop-Punk-Hardcore erklärte. Das ist sicherlich nicht falsch, eben bloß etwas naiv umschrieben, denn die Musikevolution hat für derartige Musik bereits seit fast drei Jahrzehnten einen festen Begriff: Emocore. So weit wollen Forester, die sich zu 3/5tel aus den ehemaligen Deathcorelern Medea Rising zusammensetzen, aber gar nicht in die Zeit zurückreisen. In den 90ern waren es Bands wie Weezer, Blink-182 oder Sum 41, die den Punk auch im Mainstream populär machten und als logische Weiterentwicklung Gruppen der etwas härteren Gangart wie Colour of Fire, Funeral for a Friend und Emanuel nach sich zogen. Genau hier steigt das Sachsenbrunner Quintett ein und könnte damit vielleicht sogar wieder den Nerv der Zeit treffen, denn viel zu lange schon ist dieses Genre verpönt. Forester legen auf ihrer letztjährig erschienenen Debüt-EP los wie junggebliebene Altmeister, mit dem Wissen, dass das Alles schonmal dagewesen ist. "Forever in Doubt" fängt für diese Verhältnisse fast schon etwas zu progressiv an, verliert sich schließlich aber doch noch in einer eingängigen Melodie mit aufgewühlten (Schrei-)Gesang, samt Schreichöre. Auch "Failure" ist ein Song, der die Millenium-typische teenage angst mit viel Theatralik freien Lauf lässt, ehe der dritte und letzte Song "The Nameless Kid" auch dank Gastsänger Mark von Shattered Lions mit einer ordentlichen Kante Melodic Hardcore entfremdet wird. Das klingt für hiesige Untergrundverhältnisse tatsächlich ganz schön fett und wäre in den Staaten wahrscheinlich schon das nächste große Ding.

DL EP 2015


Lester

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"Heavy Pop" oder "nicht-wirklich-pop-aber-punk-schon-auch-gar-nicht" - Lester verstehen es nicht nur hervorragend, sämtlichen Rezensenten die wortgewaltigen Phrasen von der Tastatur zu klauen, sondern vor allem den Kritikern jeglichen Wind aus den Segeln zu nehmen. Hat ja immerhin auch schon wunderbar in "8 Mile" geklappt. Ich will der Band keineswegs auf die Füße treten, aber was die Theorie schon vermuten lässt, klingt auch in der Praxis wie eine Mischung aus den Donots, Jupiter Jones und anfängliche Revolverheld, nur, dass sich bei dem bayerischen Quintett eben noch alles im Untergrund abspielt. Nach der Debüt-EP "Der Einöde zum Trotz" und ihrer Split mit Glorious Thieves, ist "Manöverkritik" das dritte Release der Band, das diesmal allerdings als Tape und mit Hilfe des Labels Laserlife Records erscheint. Drei neue Songs, die gewohnt eingängig und druckvoll ins Ohr wandern und durchaus das Zeug dazu haben, es sich dort gemütlich zu machen. Die beiden Gitarren liefern eindringliche Melodien, der Bass legt darunter den Groove ab und das Schlagzeug sorgt dafür, das Alles im Takt und somit auch für die Schüchternen tanzbar bleibt. Sänger Andy füttert seine Stimme mit reichlich Leidenschaft und dezenter Wut, bekommt ab und an etwas Unterstützung von nachdrücklichen und mitreißenden Chören, und sorgt somit für ein rundes Gesamtkonzept. Keine Frage, derartiger Musik kann und darf mensch auch gerne kritisch gegenüber stehen. Solange sich Lester allerdings ihre Songs von der Seele musizieren, anstatt sie der verwöhnten Hörerschaft leblos zum Fraß vorzuwerfen, ist das Alles erlaubt.

DL Manöverkritik EP

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We Laugh

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In Sachen guten, untergründigen Hardcore-Punk ist das Ruhrgebiet schon seit Jahrzehnten eine sichere Bank. Ich für meinen Teil trauere immer noch den grandiosen Millenium-Violencern Tristan Tzara und Kobra Khan nach. Glücklicher Weise konnte sich seitdem auch der Nachwuchs recht gut hören lassen, zu dessen jüngeren Vertretern auch die pissigen Hardcore-violencer Madame Monster und die Hardcore-Punks Barren Land gehören. Die beiden Dortmunder Knüppeltruppen teilten sich in der Vergangenheit nicht nur öfters eine gemeinsame Bühne, sondern seit dem letzten Jahr auch ein gemeinschaftliches Projekt. We Laugh, das sind ⅓ Barren Land und 2⁄3 Madame Monster, deren Sound sich auch exakt in dieser Schnittmenge wiederfindet. Im Mittelpunkt steht ganz klar das schier wortlose Gebrülle, das dermaßen räudig und schnell vor sich hin gekotzt wird und sogar eingefleischte Rätselfreunde beim Mitlesen der auf Bandcamp eingespeisten Lyrics vor eine knifflige Aufgabe stellen dürfte. Fast schon divergent dazu serviert uns das Trio sechs old-schoolige und rifflastige Hardcore-Punk-Bretter, die wie in "Phrasenschwein" und "Aus der Ecke an den Tresen" mal etwas rasanter gen Fastcore sprinten oder sich auch mal in twangiger Melancholie verirren können ("Und komm mir nicht mit Gott"). 
Ihr Debüt-Demo ist bislang nur digital erschienen. Für den Spastic-Fantastic-Sampler "Sex mit Bekannten" (kaufst du am besten HIER) hämmerten We Laugh das 38-Sekunden-Epos "Es könnte immer so sein" ein. Vielleicht wird aus dieser Affäre ja noch eine Liebesbeziehung...

DL Demo


Kyrest

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Kyrest existieren bereits seit 2008. Von einem Geheimtipp dürfte mittlerweile also nicht mehr die Rede sein, auch wenn das Quartett aus Erlangen mit gerade mal vier Veröffentlichungen eine noch recht überschaubare Diskografie aufweist. Um Quantität ging es der Band allerdings noch nie so wirklich, stattdessen konnten sich Kyrest schon immer gut den Umständen anpassen, ohne dabei an eigener Identität einzubüßen. So ist nicht nur der anfängliche D-Beat-Einschlag ihres 2009er Demos ein ganzes Stück näher dem Dark Hardcore-Punk der letzten "Life.Life.Disaccord"-EP auf den Pelz gerückt, auch die musikalischen Themen greifen stets aktuelle Miszstände auf: "[...] you spreading fear of losing little status to those who have lost everything [...]". Geschürte Ängste, die von Kyrest in einem entsprechend krachigen und düsteren Soundtrack eingefangen wurden, der widerum unverkennbar in der Tonmeisterei und dem AJZ Bielefeld zur Formvollendung fand. Das mag dann in der Summe vielleicht nicht aus der Masse um artverwandte Genre-Vertreter wie Ruins, Jungbluth oder Lentic Waters herausstechen, braucht sich hinter genannten Größen aber auch keineswegs verstecken.

DL Life.Life.Disaccord

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Max Power

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Ja gut, der Name Max Power ist spätestens seit den Simpsons ein ausgelutschter Hut. Immerhin hat mensch so schonmal eine vage Vorstellung, wohin die Reise mit dem Leipziger Quintett gehen könnte. Max Power nehmen sich selber nicht ernster als sie müssen, was im Übrigen auch für ihre Genresprünge gilt. Adoleszente und sarkastische Zeilen wie "[..] die alte ist jetzt mausetot im himmel gibt‘s sicher auch mal mehr als immer nur eintopf und dazu altes schimmelbrot [..]", "[..] Mama was ist ein Rimjob?[..]" oder "[..] ich bin ein fleißiger robbenklopper, mir geht es gut klopp‘ ich robben locker  [..]", münden auch immer wieder in bitteren Ernst, wobei sogar die eigene Szene ihr Fett wegbekommt ("Militante Gruppe"). In musikalischer Hinsicht sind die Sachsen gar noch etwas flexibler. Für ihr frivoles Partyprogramm ist ihnen nichts heilig, egal ob Punk'n'Roll, Fun-, Indie- und Hardcore-Punk oder einfach bloß erdiger Punkrock. Natürlich dürfen dabei auch nicht die gut gelaunten Blechbläser fehlen, die die Band aus alten WARP NOIN-Zeiten bis in die Gegenwart verschleppten. Max Power klingen somit nicht nur wie eine Mischung aus Specht Ruprecht und Tiefenrausch, sie sind auch ein weiterer Beweis, dass Meckern manchmal auch Spaß machen kann.

DL Eisgeburt LP

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Kotwort

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Deutschpunkgruppen mit Stuhlgang im Bandnamen, das passt. Angeschissen, Kackschlacht, Mann kackt sich in die Hose und nun also auch Kotwort. Wurde ja auch endlich mal Zeit, denn ein derartiges Wortspiel wirft sich so richtig dreckigen und räudigen Straßenköterpunk ja regelrecht vor die Füße. Und dennoch gibt's auf dem Debüt-Album "Lückenloser Lebenssauf" des Düsseldorfer Trios nicht nur die kalte Bierdusche zu spüren, sondern vor allem eingängige Punknummern, die das Blut ordentlich in Wallung bringen und direkt auf die Zwölf gehen. Sorry, aber das sind nunmal Standardfloskeln für kernigen Deutschpunk. Drei Akkorde für zehn eingängig-melodiöse Songs, hat ja auch wunderbar schon zu Revolutionszeiten funktioniert. In diesem Sinne sind Kotwort natürlich mehr Wellenreiter, als Vorläufer. Aber das ist ok, denn Songs wie "Doc Holiday", "Bildung vs. Stadion", "Bauarbeiter" und die obligatorische Hass-Hymne "Abgefuckter brauner Dreck" machen auf der Tanzfläche vor der kleinen Kellerklubbühne keine Gefangenen.
Mit dem Titeltrack sind Kotwort übrigens auch auf dem Soli-Sampler "Gleiches Unrecht für Alle" (Schallhafen, Heartcooksbrain, My Favourite Chords) vertreten.

DL Lückenloser Lebenssauf


HC Baxxter

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Ich bin der Auffassung, dass die eigene Meinung in einem Musikreview möglichst kurz gehalten sein sollte. Bringt euch ja nichts, ob ich etwas gut finde oder eben nicht. Ich muss mir das jetzt aber von der Seele schreiben: Punk und Electro, das wirkt auf mich immer noch befremdlich. Und ich meine keinen Synthie-Punk oder Nintendocore á la Snarg oder Antitainment, die sind nämlich cool, sondern so richtigen Techno und Rave. Vor allem bei so manchen antifaschistischen Straßenzügen, komme ich mir manchmal vor, wie auf der Love Parade. Hört eigentlich noch jemand Daily Terror? Naja...nur so am Rande, ich will ja schließlich nicht meckern, denn das kann der Hannoveraner HC Baxxter schließlich auch ganz gut. Sein "Zeckenkirmes" setzt sich aus Techno, Rave und Trance zusammen, wobei er mit tanzwütigen, 90er-mäßigen Happy-Hardcore-Beats seinem parodierten Namensvetter schon verdammt nahe kommt. Wird einem demnächst auf der Straße wohl noch öfters begegnen, zwischen Tathandlung und Robosaurus.

DL Debüt



In der Kürze liegt die Würze


Béatrice

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Der Gainesville-typische Emocore hat Germoney schon vor vielen Jahren erreicht und seine Spuren in der hiesigen Musiklandschaft hinterlassen. Dennoch scheint es beinahe so, als stünden die Sterne über dessen Jüngerschaft um Bands wie Rowan Oak, Rivers & Tides und gewissermaßen auch die Rollergirls nicht gerade günstig. Auch die Berliner Band Béatrice hat sich 2013 dem angerauhten Emo-Punk-Genre angeschlossen, debütierte ein Jahr später mit ihrem Demo und spielte zumindest anfangs noch fleißig Shows, ehe es zunehmendst ruhiger um ihr wurde. Wie wir mittlerweile wissen, gab es da einige Abwägungsprobleme, die zur Folge hatten, dass Drummer Andy wohl endgültig zu den Technoiden übergelaufen ist. Schade eigentlich, denn die drei Songs auf "The Sweaty Years" sind allesamt energiegeladene Bündel, die mit viel Groove und Leidenschaft daherkommen und bisweilen sogar an die großartigen Donots oder Goodbye Fairground erinnern.

DL The Sweaty Years EP

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Glowworms


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Ob nun die Progressive-Folkcoreler The Pax Cecilia, die Melt-Banana-Tribute-Grinder PANTS, die schrägen Folkrocker 9 Words oder die völlig überdrehten Neocruster Old Man of the Mountain - die diversen Neben- und Vorprojekte der aktuellen und ehemaligen Glowworms-Mitglieder lassen bereits erahnen, dass es einem die Pittsburgher Combo Glowworms nicht einfach machen wird. Auf ihren bisherigen zwei EP's treffen Post-Hardcore-typische Riffs auf verzerrte Noise-Gitarren, aber auch post-rockige und -punkige Melodien mit psychotischen Gesang. Ein wild ineinander verknotetes Potpourri verschiedenster Stile, das einem immer dann eiskalt erwischt, wenn mensch sich schon mit dem Schlimmsten abgefunden hat.

Stream & Buy "1" EP
Stream & Buy Digitally "Vapid Age" EP


Aika Akakomowitsch

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Und weil uns HC Baxxter schon so begeistert hat, gibt's gleich nochmal Nachschlag in Sachen Electro-Punk. Aika Akakomowitsch würden auf einem Label wie Audiolith sicherlich eine noch bessere Figur abgeben. Dort sind die drei Jenaer alledings nie gelandet. Dabei klingt die Band wie eine gesunde Mischung aus Egotronic, Does It Offend You, Yeah? und Daft Punk. Manchmal und manchmal eben auch ganz anders. Denn neben knackigen Beats, fetzigen Synthies und retro-futuristischen Roboterstimmen, haben Aika A. durchaus auch ihre experimentellen Phasen, wie im organisch-psychedelischen "Die Lunge brennt ab" oder beim Piano-Arrangement am Ende von "Insane Train".
Neben ihrem selbstbetitelten Tape, das von der Band selbst bereits in der zweiten Auflage feilgeboten wird, teilten sich Aika A. eine Split-EP mit ihren indie-post-punkigen Hometownboys Perry's, die als schwarze 7inch über idealPOP erschien.

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Buy Perry's & Aika Akakomowitsch - Mit dem Traktor nach L.A. Split-7"

Donnerstag, Juni 2

Rue des Cascades - Odes to Love, Flames to Paris



Band: Rue des Cascades

Titel/Release: Odes to Love, Flames to Paris/Album (200x Gatefold Vinyl, Tape, Digital)

Label: Cruel Bones/Ashes Cult

Erscheinungsjahr: 2016

Genre: Post-Hardcore, Post-Rock, Post-Metal, Ambient, Shoegaze

FFO: Aussitôt Mort, Fall of Messiah, Sundowning

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Kurzinfo:


Eigentlich machte sich die Schweizer Band Rue des Cacades bisher immer ganz gut zwischen französischen (nicht nur des Namens wegen) oder deutschen Post-Hardcorelern wie REVOK oder Jungbluth. Mit ihrem Debüt-Longplayer "Odes to Love, Flames to Paris" entfernt sich das Quartett aus Winterthur allerdings nicht nur ein ganzes Stück weit weg von dieser Riege, sondern vor allem vom eigenen Sound.
Klar, bereits ihr old-schoolig angehauchtes Demo-Debüt aus dem Jahre 2012, das zwei Jahre nach Bandgründung erschien, bot Platz für einen epischen Neun-Minüter und ließ auch an anderen Stellen vorsichtig durchschimmern, dass die Band keine kompromisslose Knüppeltruppe ist. Was allerdings noch als etwas umherirrender Selbstfindungstrip anfing, entwickelte sich schließlich auf der Split-EP mit den Dub-Post-Punks Abrassiv und der "Katalepsie"-EP zu einem eigenen Konzept, mit dem sich Rue des Cascades auch im Hinblick auf die internationale Konkurrenz durchaus hören lassen konnten. Mittlerweile befinden sich die vier Schweizer im siebten Bandjahr. Zeit für einen Umbruch? Jein, denn Rue des Cascades haben erkannt, dass es zu Zeiten der Kaltherzigkeit nicht immer zielführend ist, mit dem Brecheisen durch die Wand zu rammeln. "Odes to Love, Flames to Paris" ist eine Reflektion der gegenwärtigen Umstände und trägt einen Titel, der vor allem im Bezug auf die jüngeren Ereignisse mehrfach ausgelegt werden kann.
Das Album setzt sich aus zwei Songs zusammen, die es addiert auf eine stolze Gesamtlänge von fast vierzig Mintuen bringen. Und wer der Band mit der Einstellung gegenüber tritt, sie würde nahtlos an ihren vorangegangenen Post-Hardcore-Releases anknüpfen, der/die könnte die ersten elf Minuten der A-Seite auch ganz leicht überhören. Denn bis auf ein kurzes Intermezzo, in dem sich die zart schwingenden Becken, der knarzende Bass, die dronigen Akkorde, die flirrenden Shoegaze- und seichten Post-Rock-Gitarren zu einem lärmenden Ganzen aufwölben, gleicht "Korea/Germany" bis dahin einem beklemmenden Kammerspiel, deren ansätzenden Ausbrüche und Fluchtversuche aus der Einöde auf ein Minimum reduziert sind. Erst danach ertönt eine monotone Stimme aus der Ferne, die den/die Hörer/in durch die nebelverhangenen und einsturzgefährdeten Klangruinen führt, bis sich schließlich der post-apokalyptische Trümmerhaufen offenbart.
Die B-Seite führt diesen Konzept weiter fort und schließlich auch zum Ende der LP. Und da die A-Seite bereits beste Vorarbeit geliefert hat, kann mensch diesmal auch von Anfang an den intensiv arrangierten Aufbau des Songs aufmerksam verfolgen. Trotz seiner Überlänge, orientiert sich "Der Russ Dresdens" etwas mehr an den altbekannten und -währten Post-Hardcore-Mustern und zieht den Spannungsbogen etwas schneller auf. Zudem reicht die Band der unter Umständen irritierten Hörerschaft die versöhnliche Hand mit einem ausgeprägten Groove-Part und beweist somit, dass sie keinesfalls an Druck und Biss verloren hat. Die Frage, wie eingangs erwähnt, ist nur, ob es tatsächlich am Können oder Wollen liegt. "Odes to Love, Flames to Paris" klingt in erster Linie nach einem Album, das sich die Band von der Seele geschrieben hat, statt damit irgendwelche Erwartungshaltungen zu erfüllen. Es ist ein beklemmendes und düster-sphärisches (Hand-)Werk, das von Marc Bouffé (die Drahtbürstenstimme von Hathor, Recording) und Role Wiegner (Die Tonmeisterei, Mix & Master) in einem organischen Sound gepackt wurde.

Stream "Odes to Love, Flames to Paris"

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Jahres-Sampler