Sonntag, November 29

Platte des Monats 11/2015: The Wulffs - How to Join a Nameless Cult



Band: The Wulffs

Titel/Release: How to Join a Nameless Cult/Album (Digital, Vinyl ???)

Label: Ghost Town Noize

Erscheinungsjahr: 2015

Genre: Punk, Alternative, Old School

FFO: Data Control, Rivers & Tides, Dave's Pawn Shop

Links: Facebook\\//Bandcamp\\//Soundcloud\\//Youtube\\//Last.fm



Kurzinfo:

Achtung, The Wullfs sind los und hetzen uns mit neun neuen Songs durch das Old-School-Zeitalter des Punks!
Es gibt tatsächlich Leute, die The Wulffs mit älteren Queens of the Stone Age oder Joy Division vergleichen. Passt nicht zusammen? Dann wird euch der Opener "Across the Brows" mit verhallten Rage-Against-the-Machine-Crossover-Gedächtnis-Raps wohl vollkommen den Rest geben. Das Regensburger Quartett mit ehemaliger The Rumble Bumble Bees- und aktueller Erdspecht- und Death Portal-Beteiligung zeigte schon auf den beiden Vorab-EP's, dass die Grenzen des Punkrocks zu eng bemessen sind für ihren facettenreichen Sound. Ihre abenteuerliche Reise führt die Band aber nicht in die unentlichen Weiten des post-modernen Kosmos, sondern zurück in die Spät-80er und 90er-Jahre. Kein Wunder also, dass an ihrem ersten Longplayer "How to Join a Nameless Cult" neben klassichem, melodischem Punkrock vor allem auch Versatzstücke von Cold Wave, Post-Punk und Alternative hängen geblieben sind. So drängeln sich zwischen treibenden Punknummern á la Bad Religion und Social Distortion wie das eingangs erwähnte "Across the Brows", "Parasites", "Dalara's Dance" oder "Serpent Charmer", auch immer wieder einige Albumausreißer. "Eternal War is Love" in etwa, das sich in einer unterkühlten Düsternis hüllt oder gar "Blind Spot", das neben Post-Rock-Momenten zum Ende hin im Refrain schizophren zwischen Surf- und Psychobilly-tauglicher Frivolität umher springt. Apropos Post-Rock. Instrumentale und atmosphärische Ausdauer beweisen The Wulffs dann im fast 7 1/2-minütigem "Les Loups", genauso wie in der abschließenden Ballade "hjanc".
Verblüffend, was sich hierzulande so alles im Untergrund tummelt. Wären The Wulffs mit ihrem Album zwanzig Jahre früher dran gewesen, wären sie heute wahrscheinlich eine unterschätzte Referenzband, wonach sich Plattenlabels eigentlich reißen müssten. Stattdessen ist die Band der Musikindustrie zum Opfer gefallen, sodass das geplante Release des auf 200 Stück limitierten, colorierten und extra verpackten Vinyls vorerst auf unbestimmte Zeit verschoben wird. Eine Schande, denn "How to Join a Nameless Cult" gehört zweifelsohne in den bunten Plattenschrank!

DL How to Join a Nameless Cult

Montag, November 23

Great Escapes - Nicht einfach nur Punk


Facebook // Spotify // iTunes

Vor über einem Jahr formierten sich drei der vier ehemaligen Post-Punks von Pavement Poetry neu als Great Escapes. Mit der Bandneugründung und der jahrelangen gemeinsamen Zeit fiel es der Band nicht schwer neue Songs zu schreiben und veröffentlichten letzten Freitag schließlich To My Ruin I'll Go Gladly, welches euch ebenso intensive Punkrock-Schoten um die Ohren wirft wie ihre Ex-Band. So haben sie sich nicht zwingend komplett neu erfunden. Dafür wurde gerade der Gesangspart um verlegt. Die Schreiattacken fallen nun komplett in den Bereich von Frontmann Frederik, der sich auch mal nicht zu fein ist noch die letzten Stickstoffpartikelchen aus den Lungen zu pressen. Abgesehen davon, lebt das Album enorm von seinen Texten. Bei Great Escapes harmonieren Bandgeschichte und Gesellschaftskritik so gut, dass jeder Song immer wieder unterschwellig den neuen Bandnamen erklärt. Der Kopf der das Album schrieb, muss wirklich eine Handgranate sein... und jeder Gedanke ist.... 



Das Album muss laut einer geheimen Studie mindestens ein Mal gekauft oder wenigstens 1000 Mal auf Spotify gestreamt werden. Erhältlich ist das Teil bei den gängigen Herunterläden oder im schicken Digipak bei der Band selbst (PN auf Facebook oder Nachricht an greatescapesband@gmail.com). Die CD kostet nen schlappen 10er + Versand und damit kaum mehr als die digitale Kopie.

Und weil ein Song mehr sagt, als ein schlampiges Review, gibts hier noch ein weiteres Musikvideo:


Montag, November 16

Agador Spartacus - Agadawesome EP



Band: Agador Spartacus

Titel/Release: Agadawesome/EP (25x Promo-CD & DIY-Release-CD, Digital)

Erscheinungsjahr: 2015

Genre: Alternative, Post-Hardcore, Punk




Kurzinfo:

Mal ganz ehrlich: kompromissloser Punk - geht das denn heutzutage überhaupt noch? Wer in der Zeit stehen bleibt, kann nichts verändern und wer sich zu Vielem widersetzt, bekommt schnell mal die Bezeichnung Hipster übergebügelt. Sind Smartphones und Internet überhaupt noch Punk? Selbst alte Hasen wie Slime können sich dem Fortschritt nicht verwehren. Autsch! Wer sich damit abfinden kann, lebt wahrscheinlich länger, weil er sich weniger herumärgern muss. Mal ganz davon abgesehen, dass man sich auch wichtigeren Diskussionen zuwenden kann. Also, was ist heutzutage noch kompromisslos, was Punk?!
Für ihr Demo-Debüt "Agadorable" ernteten Agador Spartacus nicht nur Wohlgesinnen von der Schreiberfraktion. Warum? Weil sie einen musikalischen Kompromiss eingegangen sind und Punk nicht als stures Genre, sondern zur eigenen Freiheit erklärt haben, tun und lassen zu können, was sie wollen. So tobten sich die vier Ruhrpottler/Hamburger darauf ungeniert zwischen Alternative, Post-Hardcore, Emo und Punk aus und verärgerten damit vor allem letztgenannte Szenegänger. Der Gegenschlag saß tief, schickte die Band aber nicht auf die Bretter. Mit ihrer zweiten (Demo-)EP setzen die Jungs sogar noch einen drauf. Klar, nach "Agadorable" kommt schließlich "Agadawesome". Die Kanten etwas zurecht geschliffen, die Riffs noch druckvoller in den Sound gemeißelt, während darüber eingängige und -prägsame Melodien thronen, die von Sir Lesley Adam Pay's mehr im Alternative Rock zu verortenden, heiser-markanten Stimme in die Spur gepeitscht werden. "Anything to Lose", "Redefine" und "Please Proceed to Next Level" zum Beispiel, sind angerauhte Punkhymnen, die man in etwa auch zwischen Größen wie Rise Against oder Billy Talent schummeln könnte. Agador Spartacus goes Mainstream? Warum nicht?! Punks müssen schließlich nicht mehr auf die gegenwärtigen Miszstände aufmerksam gemacht werden. Doch trotz dieser gewagten Tendenzen, sind es auch immer wieder Songs wie das Post-Rock-beflügelte "How Dare You?!" oder das destruktive "The Dynamics", die die Band weg von den Massen und hinab in den Untergrund zerren, womit sich auch gleich mal der Bogen zur Releaseparty von "Agadawesome" spannen lässt. Die steigt am 28.11.2015 im Dattelner RaZ 4 U gemeinsam mit den Ruhrcoastpunks PHONEY14 und den alten Alternative-Punk-Hasen Cumbersome.

Freitag, November 13

Younger Us - Graustark



Band: Younger Us

Titel/Release: Graustark/EP (100x black & 400x gold screenprinted Clear 12", Digital)

Label: Through Love Records, Koepfen, Tief in Marcellos Schuld, Day by Day Records, Teenwolves Records

Erscheinungsjahr: 2015


Genre: Post-Hardcore, Hardcore, Düster-Hardcore, Grunge

FFO: Defeater, Nails, The Saddest Landscape, Fashion Week

Links: Facebook\\//Bandcamp\\//Twitter\\//Soundcloud\\//Instagram



Kurzinfo:

Würde ich über Bands aus dem Mainstreamsektor schreiben, wäre ich wahrscheinlich ein ziemlicher Querulant. Vielleicht liegt es ja an den hohen Erwartungshaltungen gegenüber solcher Gruppen oder auch, weil die Radiodauerschleifen bereits im Vorhinein dem jeweiligen Release sämtliche Spannung austreiben. Im Untergrund läuft das zum Glück anders. Als mir die vier Stuttgarter Jungs von Younger Us bereits vor Monaten einen Stream zu ihrer Debüt-EP "Graustark" zuschickten, haben sie mich gewissermaßen unvorbereitet erwischt. Nach einem ersten Lauschangriff musste ich mich erst einmal vergewissern, ob hier nicht versehentlich ein Deathwish-, Epitaph- oder Hydra Head-Sprössling in die falsche Verteilerliste geraten ist. Trifft beides nicht zu, denn ihr erstes Labelrelease erscheint über fünf heimische Labels, darunter auch das vom Younger-Us-Bassisten Felix Froehlich mitbetriebene Day by Day Records. Und das ist doch schon mal eine interessante Konstellation, denn über Musik schreiben - so wie ich - kann jeder, der ein übermäßiges Mitteilungsbedürfnis verspürt. Hand anlegen (am Instrument!), das machen nur die Coolen. Cool, so pubertär dieses Adjektiv auch sein mag, klingt auch "Graustark". Ein fettes Post-Hardcore-Brett, düster, fein arrangiert, freigeistlich expandierend und fett produziert. Mit Jay Maas und Philipp Koch (Heisskalt, Big Spin), der nebenher noch im Song "Philophobia" zu hören ist, kümmerten sich schließlich auch keine Amateure um den akustischen Feinschliff. Von der Verpackung ganz zu schweigen.
Wer den Platten seiner internationalen Genrelieblingen zumeist vergeblich hinterher rennt, hat mit Younger Us nun vielleicht eine passende Alternative parat, denn mit der amerikanischen, englischen und französischen "Konkurrenz", kann das schwäbische Quartett allemal mithalten. Mindestens. Younger Us wollen es auf diesen Vergleich aber gar nicht ankommen lassen. Mit "Graustark" bahnen sie sich unbeirrt ihren eigenen Weg. Durch einen finsteren Tunnel, der zwar nicht am Ende, dafür aber in regelmäßigen Abständen zwischendurch immer etwas gedämpftes Licht durchschimmern lässt. So schält sich inmitten des post-apokalyptischen Sounds von "Voices" plötzlich eine Emo-taugliche Melodie heraus, "Ceremony" und "Phasm" gönnen sich und uns ein paar akustische Verschnaufpausen, während "Philophobia" neben beidem noch zusätzlich eine grummelig-schwingende Grunge-Gitarre auspackt. Ein starkes Label-Debüt, dass man gar nicht so weit unten erwarten würde.

DL Graustark

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