Sonntag, September 8

Der Bandcamp-Hardcore Vol.16

Nervöus:

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Trotz ihres noch jungen Daseins als Band (seit 2011) konnte sich das Berliner Quintett Nervöus bereits einen beachtlichen Namen im deutschen Hardcore-Punk-Untergrund erspielen. Mit ihren ersten beiden EP's "EP #1" und "Nullachtsechzehn...", die als Tapes über das Label Mustard Mustache erschienen und mittlerweile ausverkauft sind, empfahlen sie sich nicht nur als Support für Strike Anywhere. In diesem Jahr kam die Band mit der digitalen Veröffentlichung ihrer EP "El Atea" in etwas ungewohnter Weise zurück, auf der sie sich nicht nur mit Dub und Beats auf fremden Terrain bewegten, sondern mit etwas Geschrei auch dem Breakcore huldigten. Einen Monat später erscheint ihr Debüt-Album "Konfetti & mutwillige Zerstörung", das von diesem experimentellen Ausflug glücklicher Weise kaum etwas abbekommen hat, aber dennoch nicht vollkommen auf Experimente verzichtet. So bilden das Intro "Skit It", das Interlude "Skit Il" und das Outro "Skit Ill" zumindest vorübergehend die letzten Überbleibsel des elektronischen Einflusses und der Rap-Part von Tim Geyer, Autor der Seite Punkpoprap, in "Schwermutwillig" bleibt auch die Ausnahme. In den restlichen fünf verbleibenden Songs gibt's dann wieder gehörig ausgespuckte Galle um die Ohren. Nicht immer ganz eingängig, dafür mit tollen Melodiebögen und treibenden Riffs für Diejenigen, die Hardcore, Punk und Screamo gerne unter einem Hut vermengt hören. "Konfetti & mutwillige Zerstörung" gibt's als einseitig auf Clear Vinyl bespielte 12inch in Siebdruck-Hülle zu kaufen. Und davon gerade mal 300 Stück.


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Ayakashi:

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2011 war eben ein ertragreiches Jahr für den deutschen Hardcore, denn auch die Fünfer-Truppe Ayakashi erblickte in diesem Jahr das Licht der Welt. Für ihr erstes (physikalisches) Release traten sie 2012 nicht nur zum Mainzer Stadtderby an, sondern fanden in You, the Ocean einen Bruder im Geiste. Ihre Musik macht es sich in den Bereichen Hardcore-Punk, Post-Hardcore und Screamo gleichermaßen gemütlich und absolviert von Aufregung über Erschöpfung, bis hin zur Melancholie ein breites Spektrum an Gefühlen. Ihr Debüt-Album ist derzeit in Planung. Als Vorgeschmack auf dieses, erschien "Biolumineszenz" als Spenden-Download und als streng limitierte CD (46 selbstgebastelte, handgemalte und eigens beschriebene Unikate).

DL Split 7" /w You, the Ocean (Free-DL nur Ayakashi-Hälfte, höre YTO-Hälfte HIER)

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Refuse Your Heroes:

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Narziss machten es mit ihrem Abschiedsalbum "Echo" vor, Callejon mit ihrem letzten Cover-Album "Man spricht deutsch" nach: der Metalcore nähert sich immer mehr dem beunruhigenden Trend zum Mainstream. Immerhin haben auch diese beiden Bands mal klein angefangen und mit ihren früheren Alben gezeigt, dass diese Sparte nicht zwangsläufig der Popkultur unter den Metallern vorbehalten sein muss. Refuse Your Heroes existieren seit 2012 und zeigen mit ihrer in Eigenregie aufgenommenen Debüt-EP "Behind Broken Mirrors", dass der Kompromiss zwischen Metal und Hardcore keinesfalls die Gutstellung zwischen Randgruppe und Popularität beinhalten muss. Bis auf einen flüchtigen Linkin-Park-Moment im Song "Locked in a Coffin" besinnen sich die fünf Dortmunder auf das Wesentliche - nämlich fette Riffs, Blastbeat-Attacken und garstiges Geshoute - und schütteln dabei sämtliche "Was-könnten-die-anderen-über-mich-denken"-Gedanken beim Headbangen im Moshpit ab.



The March on Kazan:

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Post-Hardcore zeichnet sich bekannter Maßen durch dynamische Kontraste aus mit denen er dem Hörer meist gleich zu Beginn ein gehöriges Brett vor den Kopf schlägt. Verhält es sich anders, sucht man entweder in der falschen Sparte oder es wird versucht über das eigentliche Wesen hinwegzutäuschen. Das Quartett The March on Kazan aus dem Raum Paderborn-Dortmund legt auf ihrem jüngst erschienenem Debüt-Album "Appeased/Appalled" gleich mehrere Finten und nähert sich auf subtiler Art der Magengrube an. Zum einen auch deshalb,  weil die Band mit Progressive- und Post-Rock-Allüren gleich mal auf mehreren Hochzeiten tanzt, zum anderen ihr Aggressionspotenzial stets unter der Oberfläche brodeln lässt und auf den Überraschungsmoment zählt. Oftmals wird lediglich nur zum Schlag ausgeholt, stattdessen frivoler Indie-Rock zelebriert wie in "Pearls" oder sogar Smooth-Jazz ("Pancernik"). Ist aber erst einmal genug Wut angestaut, hilft auch kein Druckablassventil mehr.

DL & BUY Digipak "Appeased/Appalled"


Sømerset:

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Taufrisch auf dem Präsentierteller serviert uns das Münsteraner Quartett Sømerset um Rohkehlchen Nadine gleich mal seine erste EP, die als Spenden-DL und auf Tape über Colossus Tapes erscheint. Sind der Opener "...Mourning" und das Outro "Fury" - die zusammen über sieben Minuten zählen und somit mehr als die Hälfte der Gesamtspielzeit für sich beanspruchen - noch redlich darum bemüht finstere Herzen zu beglücken, rasen die restlichen vier Songs durch Hardcore-Punk, Crust und schrammen haarscharf am Black Metal vorbei. Somit verbindet die vier nicht nur die räumliche Nähe zu ihren Kollegen von Alpinist und Planks. Mit ihrem Song "Confidence" sind Sømerset auf dem zweiten Sampler von (We built the world and) miss the stars vertreten -> Free-Download HIER.     




Giver:
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Giver nennt sich das noch junge Quintett (2012 gegründet, allesamt anfang 20) aus Paderborn, dass auf ihrer Debüt-EP "Choking on Pride" gleich mal zum Rundumschlag in Richtung sämtlicher Hardcore-Genres ausholt. Das Intro "Look Up to the Ground" leitet das Ganze mit seichter Gitarre, Violine und gesampeltem Fight-Club-Zitat ein. Die darauffolgenden fünf Songs allerdings eröffnen die hitzige Debatte, wo die Grenzen von Emocore ("Golden Rust"), Hardcore-Punk ("A Rat's City"), Post-Hardcore ("Dead End Blues"), New-School- und Melodic Hardcore anfangen bzw. aufhören. Da Giver aber ein gutes Händchen für treibende Melodien beweisen und mit einer beachtlichen Produktion auftrumpfen können, dürfte dieses Rätselraten eh bloß zweitrangig sein.   




Delos:

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Lang, lang ist's her, als Bands wie Calling Gina Clark, Arsen AKA König der Monster, Apoplexy Twist Orchestra, Einermusstot und Co. den deutschen Emoviolence/Screamo-Underground zum Explodieren brachten. Um so verblüffender ist es, wie originalgetreu Delos den damaligen DIY-Spirit aufgreifen und in die Gegenwart verlagern. Vielleicht auch deshalb riss sich Lars Ulbrich das Bremer Quintett für sein Label React With Protest unter den Nagel, dass somit einmal mehr unter Beweis stellt, eine der wichtigsten Anlaufstellen für Bands und Fans der Hardcore/Punk-Szene hierzulande zu verkörpern. Sieben Songs zählt die auf schwarzes Vinyl gepresste und auf 520 Stück limitierte Erstauflage ihrer Debüt-12". Über Sad Records soll noch in diesem Jahr ihre Split mit der amerikanischen Emoviolence-Truppe Yusuke (Free-DL's HIER) erscheinen.




Depravation:

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Spätestens seit Ende 2011 genießt nicht mehr nur das amerikanische Sunnydale das Privileg, auf einem Höllenschlund gebaut worden zu sein. Großer Vorteil für Sunnydale allerdings war, dass das dortige College in Buffy eine engagierte Kampfamazone fand, die trotz aller zwischenmenschlichen Problemen noch immer genügend Zeit fand, die Höllenbiester mit reichlich Kickass zurück in den finsteren Abgrund zu schicken. Gießens Universität muss sich da schon etwas mehr einfallen lassen, um die üblen Ausgeburten von Depravation wieder loszuwerden. Die widerum denken gar nicht erst daran sich vorzeitig zu verabschieden und legten stattdessen jüngst ihr zweites Werk "II: Maledictvm" nach. Ein fieser und finsterer Brocken, geformt aus Black Metal, Hardcore, Crust und jede Menge Hass. Der perfekte Soundtrack zur Apokalypse, zumindest für Diejenigen, die dieser sehnlichst entgegenfiebern. "II: Maledictvm" erscheint als LP in drei verschiedene Farben (jeweils 100x dark red/black marbled; grey/black marbled und black Vinyl) über das ortsansässige Label Dark Omen Records. Allerdings nicht so origenell aufgepeppt wie das Debüt "I: Praedictvm", dessen Tape-Version angeblich mit menschlichem Blut handnummeriert wurde.


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Außerdem



Afterlife Kids:

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Mensch, da legen Afterlife Kids aber ein beachtliches Tempo vor. Vor allem wenn man bedenkt, dass das Berliner Quartett seit Mitte 2012 nicht nur auf eine eigene, beachtlich angewachsene Diskografie (die experimentelle Synth-Drone-EP "Elementar."; das Mini-Album "Geisterhand"; eine Split mit Fuck Wolves! ->Free-Downloads HIER; und jüngst ihrem Debüt-Album "Morgengrauen") zurückblicken kann, sondern mit Ancst, bei der einige Afterlife-Kids-Mitglieder involviert sind, auf einen ähnlichen Schnellzug aufgesprungen sind. Von daher kann es gut sein, dass die Band bislang spurlos an einem vorbeigezogen ist, zumal der Bandname durch falsche Assoziationen auch mal schnell in die Irre führen kann. Wer einen Hörversuch wagt wird aber schnell feststellen, dass sich hinter Afterlife Kids weder pubertäre Teenager noch modebewusste, schminktäschchen-bekleisterte Emo-Pop-Sternchen verbergen. Dreht man die Zeituhr zwanzig Jahre zurück und hängt ihrem Emo ein fettes Violence an, hat man immerhin schon einen Grundpfeiler benannt, durch dem ihre Musik gestützt wird. Der eigentliche erste Song "Im Wohlgefallen aufgelöst" ihres Albums "Morgengrauen" distanziert sich klar von der klassischen Songstruktur, schlägt stattdessen massig Melodiebögen und reiht diese aneinander. Im darauffolgenden "Wie ich lernte die Bombe zu lieben" lassen sie nicht nur den Knüppel, sondern vor allem die Blastbeats aus dem Sack, und eröffnen uns mit einem Black-Death-Metal-Mix ihre zweite Vorliebe. Mischt man nun beiden Songs eine direkte Hardcore-Punk-Attitüde unter, ist auch der letzte Baustein gefunden. Diese stapeln Afterlife Kids auf ihrem Album nun von Song zu Song neu auf, hammern mit fetten Riffs und dem Kopf durch die Wand, treffen auch mal die leiseren Töne oder lassen die Gitarren kreischen.
Das subtil düstere Artwork entwarf abermals Afterlife-Kids-Drummer Tom (is the Bastard), der sich die Handgelenke u. A. schon bei Bands wie den ehemaligen Mathcorelern Call Me Betty und den Trash-Punks Henry Fonda aufwärmte. 500 LP's wurden gepresst, die ersten hundert der limitierten Pre-Order-Edition in grau, der Rest kommt schwarz.


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DL Afterlife-Split-Tape /w Fuck Wolves! -> AK-Side HIER / FW!-Side HIER


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rha.:

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Lange Zeit war nichts zu hören vom Lüneburger Quintett rha., bis sich die Band Ende Juni schließlich doch noch mit einem Sack voller Neuigkeiten zu Wort meldete. Seit Dezember 2012 könne ein neuer Drummer begrüßt werden. Der wurde nicht nur für den Konzert-Marathon im Juli in die Pflicht genommen, sondern durfte auch gleich mal in der Oldenburger Tonmeisterei sein Können unter Beweis stellen. Dort nämlich entstand rha'.s neue EP "Refugium.", ein 19-minütiger Ein-Song-Bastard, der gleich mal die Kondition und den Synovia-Gehalt des neuen Drummers auf die Probe stellte. Bestanden, würde ich mal behaupten, denn herausgekommen ist ein facettenreicher Song, der je nach Auslegung in verschiedenen Akten oder in mehreren, fließend ineinander übergehenden, Songs aufgeteilt wurde. Stilistisch pendelt das Ganze zwischen erbitterten Screamo und angriffslustigen Hardcore-Punk, der sich während der Ruhepausen etwas Melancholie gönnt. Da auch rha.'s drittes Release über Tief in Marcellos Schuld (als Co-Release mit Aim Down Sight Records) erscheint, braucht eigentlich nicht nochmal extra erwähnt werden, dass sich ein Kauf allein wegen der tollen Aufmachung lohnt. Ich mach's trotzdem. "Refugium" erscheint auf weißem Vinyl mit B-Seiten-Siebdruck in besiebdruckter Pappe und auf 300 Stück limitiert. Auf Marcellos zweitem Mixtape sind rha. ebenfalls vertreten, für das ein Akt ihres Songs "Refugium." (ca. ab Minute sieben) zurecht geschnitten wurde.


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