Screamo/Crust/Hardcore/Metal mit Folk-typischen Instrumenten sind mittlerweile sicher keine Ausnahme mehr. Bands wie
Respire,
Recreant und auch
Mononoke hierzulande, befinden sich zweifelsohne an der Kreativ-Ader. Auch die ehemalige Band
Universe aus Bloomington, Indiana kann sich getrost dieser Riege anschließen, obwohl sie doch vollkommen anders klingen.
Die Band mit damaligen Mitgliedern aus nicht weniger verqueren Gruppen wie
Sophie Nun Squad,
Ghost Mice,
Good Luck,
Harry And The Potters,
Black Rainbow und
Dead Letter Auction, spielt auf einer Basis von melodischen wie teils mathigen Alternative-Rock, mit einigen Twinkle-Twinkle-Pop aber auch Emocore-Ausflügen - und eben diesen Harfen- und Violinenklängen, die Songs wie "Pass The Ipecac" oder "Interplanetary Land Grab" einen fast schon seriösen Anstrich verpassen. Im Grunde sind
Universe aber auch auf ihrem zweiten Release "Passenger", das halb DIY und halb über das Bloomingtoner DIY-Punk-Label
Harlan Records erschien, eine ziemlich ausgelassene Truppe, die mensch lieber nicht seiner seriösen Verwandtschaft vorstellen möchte.
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DL "Passenger"
Forgive Me - Demo
Junge Band aus alten Bekannten. Hinter der Offenburger Band
Forgive Me verbergen sich Gitarrist
Ben und Bassist
Kevin, die zuvor bereits gemeinsam bei
Sense und meines Erachtens auch bei
Century (lasse mich aber gerne korrigieren) gespielt haben. Ohne viel Vorgeplänkel, dafür mit bedrohlichem Riff und wütendem Geshoute, stürmt ihr selbst-veröffentlichtes und -produziertes Demo durch Tür und Angel. Im Laufe der drei Songs blitzen immer wieder kleine Post-Rock-, Melodic Hardcore- und sogar Old-School-Versatzstücke in ihrem - nunja - Post-Hardcore-Sound auf, die allerdings aufgrund der rohen und analogen Aufnahme nur unterschwellig wahrgenommen werden.
Ihr Demo gibt's kostenlos oder gegen Spende auf Bandcamp. Dazu fertigte das Trio eine Kleinstauflage von CDr-Unikaten (jedes Cover anders bemalt) an, die scheinbar schon restlos vergriffen ist.
DL "Demo"
Minutes From Memory - Start From The Beginning EP
Da hat sich Einiges getan bei der Stuttgarter/Ludwigsburger Band
Minutes From Memory. Nicht nur, dass sich im Gegensatz zum drei Jahre zuvor erschienenen Vorgänger "
Life Portrait" zwei neue Gesichter hinter Bass und Gitarre wiederfinden. Auch die cleanen Gesangspassagen von Frontfrau
Marta haben zu Gunsten des reichlich emotionalen Geschreis deutlich abgenommen, was die Band dann doch endlich ein Stück weiter weg vom immer mehr aufkeimenden Vergleich zu
Paramore drängt. Vielleicht verbirgt sich ja auch genau das hinter dem EP-Titel - ein Neuanfang. Gut so, denn die emotionalen, teils düsteren und persönlichen Texte stehen dem wütendem Sound so eindeutig besser zu Gesicht. Auch, weil sich die Songs wesentlich aufgeräumter, um nicht zu sagen eingängiger, präsentieren und nun scheinbar mit der Sparte Melodic Hardcore ihr endgültiges Ziel gefunden zu haben. Hört euch nur die Songs "Witness" und "Day In Day Out" an, zwei Ohrwürmer, die mensch nicht zwangsläufig in der untergründigen Musiklandschaft vermuten würde.
Toll gelungen ist auch das Artwork, dass mit dem zentrierten Waldgott aus dem Anime "Prinzessin Mononoke" den niemals vollkommen resignierenden Gedanken der EP zum Ausdruck bringt. Lässt sich übrigens am besten auf dem Cardboard der selbstveröffentlichten CD bewundern.
Stream & Buy Digitally "Start From The Beginning" EP
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Here
New Golden - New Golden EP
Und wieder einmal so 'ne Clique, die sich auf irgendeinem Dorfbums in Berlin kennen und schätzen gelernt und das nächtliche Saufgelage zur Gründung einer neuen Inzestband genutzt hat. Vermutlich.
Bei
New Golden mischen ehemalige und aktive Mitglieder von
Sidetracked,
Flyktpunkt,
Nervöus und
Sleep Routine mit, die mit ihrer selbstbetitelten Debüt-EP auch gleich mal beim Berliner Szene-Label
Colossus Tapes gelandet sind. Ob von den schwarzen Kassetten im weißen Pappschuber mit Poster-Inlay noch welche vorrätig sind, erfragt ihr lieber per Mail (colossus.tapes@gmail.com), da der Label-eigene
Bigcartel-Shop schon seit geraumer Zeit nicht ganz rund läuft.
Für ihr neues Projekt haben sich die vier (Wahl-)Hauptstädter ein Stück weit weg von ihren gewohnten Terrain bewegt. Irgendwo zwischen Post-Punk, Melodic Hardcore und rauhem Gainesville-typischen Emo(core)-Punk bewegen sich die sechs eingängigen Songs.
DL "New Golden"
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Sleep Routine - All Our Evil Deeds EP
Ehemalige Band bestehend aus ehemaligen Bands (
Easy Lover,
Morla). Anfang des Jahres gab das Berliner Quintett
Sleep Routine nach nicht einmal drei-jährigem Bestehen seine Auflösung bekannt. Konnte sich die
selbstbetitelte Debüt-EP gleich mal die Krone der
Visions-Rubrik "Demo des Monats" aufsetzen, folgte anderthalb Jahre später mit "All Our Evil Deeds" ein, meiner Meinung nach, ebenbürdiger Nachfolger. Rauher Post-Hardcore-Emo der melodischen Sorte à la
Hot Water Music oder auch puristischeren
Malkovich. Ein würdiger, wenngleich viel zu früher Abgang. Hätte ich gerne noch auf Albumlänge erlebt.
DL "All Our Evil Deeds" EP
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Bring Me The Author - Act 2: The Defined
Eine altbewährte aber ziemlich solide Mischung aus Progressive, Metal-, Melodic- und Post-Hardcore spielt dieses kanadische Quintett (Studio- und Live-Drummer wechseln, daher eigentlich Sextett). "Act 2: The Defined" ist bereits das zweite Konzept-Album der Band, dass sich als weniger vertrackt entpuppt, als es der Titel vermuten lässt. Im Gegenteil. Die Songs können auch für sich alleine stehen. "Some Will Wonder I Will Know" ist gar eine bitter-süße Romantikballade und auch der Closer "The Bitter Taste Of Denial" hält zum Ende hin eine lockere Akustik-Nummer im Verborgenen. Mit Gastsängern wie
Michael Ciccia (
Mandroid Echostar) und
Blake Prince (
Straight Reads The Line) wird das Ganze natürlich noch Genre-mäßig aufgepeppt.
DL "Act 2: The Defined"
Schwache Nerven - Demo
Als Göttinger Punkband kommt man mit seinen Aufnahmen wohl kaum am mobilen Record-Label
Henner Rekorder vorbei. Für den regional unerfahrenen und doch geneigten Hörer empfiehlt es sich daher, sich für einen groben Überblick an der Referenzliste der "Heimstätte des gepflegten Schmutzes" entlang zu hangeln. Über melodische wie trashigere Szene-Kombos wie
herculines,
Sorbet oder
Deutsche Laichen (da gibt's noch ca. eine Billion andere,
#billionenstadtgoettingen) wird man auch irgendwann über den Vierer
Schwache Nerven stolpern. 15 Songs in nicht einmal 12½ Minuten, die sich zwischen Punk, Fastcore und Crust ordentlich austoben. Was für ein fieses Brett, aber auch eines, dass ordentlich Spaß macht. Die Produktion ist rauh und dreckig, wie es sich eben gehört, aber immer noch klar genug, um die stark komprimierten aber melodisch antreibenden Gitarrenlinien genug Wirkungsraum zu lassen. Klingt für mich wie ein unkontrollierter Niesanfall, nur dass anstelle von Rotz kurze
Ruins-Nummern ausgeworfen werden. Geil!
Buy Tape via Mail to:
schwachenerven@gmx.de
Nerf - Bespensterung
Einen ähnlichen Ansatz wie oben genannte Schwache Nerven verfolgen auch die raffsüchtigen Berliner_innen von Nerf. Gleiches Tempo, noch kürzere Songs, wesentlich trashiger. Und inmitten dieses "Kunstdozentenhardcores" schaffen es die fünf Hauptstädter_innen doch tatsächlich noch eine Orgel unterzubringen. Krass, denn meiner Meinung nach gibt es hierzulande viel zu wenige Snargs und Lafftraks.
Nach zwei "Alben" verkündete die Band dann im Jahr 2013 ihr Aus, nur, um sich zwei Jahre später genauso klammheimlich wieder unter die Punkmassen zu mogeln. Es folgten einige Shows und in diesem Jahr schließlich "Album" #3. "Bespensterung" kommt im schicken Fold-Out-Cardboard mit DLC oder digital.
Stream & Buy Digitally "Bespensterung"
Buy Tape Here
Sayras - S
Global-politisch gesehen, scheint die Schweiz ja immer ein ganzes Stück weit autarker zu sein als der Rest, was nicht bedeutet, dass in dieser Konklave nur Friede, Freude, Sonnenschein herrscht. Im Gegenteil, dass sich die Menschen auch dort ihre Gedanken machen, zeigen zumindest Bands wie Sayras, die unterschiedlichen Berichten zufolge bereits seit 2006 oder 2009 ihr musikalisches Unwesen treiben. Nach einigen Besetzungswechseln und Neudefinitionen ihres Sounds, fanden die fünf Luzerner 2015 endlich zu einem gemeinsamen Nenner und konnten nun an richtigen Songs arbeiten, die 2016 ihren Weg auf's Mini-Album "S" fanden. Darauf zu hören gibt's old-schooligen Metalcore, der so ganz ohne elektronische Schnörkel und cleanen Weichspüler-Gesang auskommt. Und, für diese Sparte auch etwas unkonventionell, mit ziemlich kritischen und direkten Texten, die mensch eher im Deutschpunk/Switz-Punk (??) verorten würde.
DL "S"
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In der Kürze liegt die Würze
Fratze - Im Nachhinein Bedenklich Demo
Die Flut an undefinierbaren DIY-Bands reißt einfach nicht ab.
Alfons Bauer,
Kannibal Krach,
Festefeste und nun also auch
Fratze. Das Berliner Duo betitelt ihren Stil selbst als "Schwachcore". Ein Lauschangriff auf ihr Debüt-Demo "Im Nachhinein Bedenklich" stellt sich dann glücklicher Weise als etwas harmloser heraus. Zwar sind die vier Songs in einem mehr als bescheidenen Proberaumklang gefangen. Stilistisch schielt das Ganze aber sympathisch-nostalgisch gen 90er-Noise-Rock, Alternative, Emocore und Grunge. Vielleicht wird da ja noch mehr draus, als nur eine reine Spaßband. Vielleicht ist es aber auch schon vorbei mit der Band, weil einige Beteiligte lieber ernstere Sache mit
JaaRi machen wollen...
DL "Im Nachhinein Bedenklich"
Anal Trump - That Makes Me Smart
Große Gefahren erfordern ein schnelles Handeln. Die beiden Amerikaner Hardcore-Veteranen
Rob Crow (u. A.
Holy Smokes!,
Pinback) und
Travis Ryan (
Cattle Decapitation,
5/5/2000, uvm.) haben schnell auf die amerikanische Präsidentschaftsmisere reagiert und mit
Anal Trump ein musikalisches Äquivalent geschaffen. Seit ihrer Zusammenkunft in 2016 hat es das Grindcore/Powerviolence-Duo bereits auf fünf Releases gebracht, wovon vier letztendlich auch zur physikalischen Formvollendung fanden, mittlerweile allerdings rar und teuer gehandelt werden. Ihr letztes "That Makes Me Smart" fasst ganze 30 Songs (!), die insgesamt nicht länger als 3 Minuten Spielzeit (!!) benötigen und ihren Platz auf 1 7inch (!!!) gefunden haben, 1-seitig bespielt (!!!!) natürlich. Muss man nichts zu sagen, denke ich. Typisch
San Diego.
DL "That Makes Me Smart"
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