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Dienstag, Juni 4

Gesplittet, Teil 17


Sickmark/Always Never Fun - Split-EP



Endlich mal wieder Nachschub aus dem AJZ Bielefeld, auch wenn dieses Split-Release schon ein Jahr auf dem Buckel hat. Gemeint sind hier natürlich Sickmark, die sich bereits mit ihrem 2013ner Debüt gekonnt vom Powerviolence-Mainstream absetzen konnten. Zu verdanken war das vor allem den unberechenbaren Störfaktoren, die sich immer mal wieder in das Gemenge zwischen des brodelnden Sludge und des noisigen Geballeres mogelten. Im Falle der hier vorliegenden Split sind das eben ungewohnt rhythmische - nunja - Fragmente, die Songs wie "Fuck This Unity", "Couch Kill Destroy" und "The Price To Pay" fast schon harmonisch ausklingen lassen, und ein free-jazziges Saxofon, das gelegentlich völlig schizophren dazwischen grätscht. Da haben sich die ehemals ¾-Hyëna doch tatsächlich nochmal selbst übertroffen.
Eingeleitet wird die Split von den wesentlich zu- wie eingänglicheren Always Never Fun, kurz ANF. Die vier Italiener starteten zum Release-Date auch bereits in das sechste Bandjahr, vorher wie nebenbei waren die Jungs aus Palermo bereits in etlichen anderen Kombos wie F.U.G., Popsters, Elopram, You Are The Problem und Cavernicular unterwegs. 
Die elf Songs auf der A-Seite fügen ihre Einflüsse aus Fastcore und Hardcore-Punk äußerst dynamisch und, für PV-Verhältnisse, fast schon zu harmonisch zusammen. Geht aber immerhin sofort in die Gliedmaßen über, die man für die B-Seite ohnehin nochmal neu sortieren muss.
Da ANF so viel Spaß am Splitten haben, ist für dieses Jahr bereits eine Split mit den Münsteraner Fastcore-Punks ill angekündigt.


Sickmark: Facebook\\//Bandcamp

ANF: Facebook\\//Bandcamp

DL & Buy "Sickmark/ANF Split-EP" A-Side & B-Side

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Start A Fire/Lyvten - Im Himmel Fluchen Split-EP


Nach ihrem tollen Album "Schattenjagd", melden sich Start A Fire zwei Jahre später mit einem neuen Song zurück. Und wie! In "Sargträger" packen die Stuttgarter Po(esie-)st-Hardcoreler schonungslose Gesellschaftskritik in kunstvoll umschmeichelnde Verse, die vom Reibeisen-Schreigesang in eine Hit-verdächtige Melodie gepresst werden. Das eingestreute, melancholische Klavier unterstreicht dabei den anspruchsvollen Charakter des Quartetts, obwohl der Song mit dem wavigen Chorus im letzten Drittel schon fast in gothige Düsternis abtaucht.
Die Züricher Band Lyvten hat ebenfalls letztmalig im Jahr 2017 ein Album veröffentlicht, dass, genauso wie das ihrer schwäbischen Label-Kollegen und Tourpartner, über Twisted Chords erschien. Mit "Schmutz und Schminke" haut das Quartett einen gewohnt mitreißenden Punk-Party-Smasher raus, irgendwo in der Schnittmenge post-punkiger Duesenjaeger und Hardcore-lastigeren Disco//Oslo. Obwohl mich auch dieser Song mit seiner leicht verkopften und theatralischen Art an eine Light-Version von Boysetsfire denken lässt. Liegt vielleicht am Gesang...
Als digitalen Bonus zur schick aufgemachten 7inch, gibt's zwei Coversongs der jeweils anderen Band.

Start A Fire: Facebook\\//Bandcamp\\//Youtube\\//Myspace\\//Soundcloud\\//Instagram

Lyvten: Bandpage\\//Facebook\\//Bandcamp\\//Instagram\\//Soundcloud

Stream & Buy "Im Himmel Fluchen" Here & Here

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Echelons (ex-Unable To Fully Embrace This Happiness)/Varicella Zoster - Split

Die musikalischen Wege der drei Klagenfurter Béla, Daniel und David kreutzen sich bereits in Gruppen wie Disclone, Matando Güeros, Hulk Hogan, John F. Cannibal und Bicycle Terror, doch erst mit Unable To Fully Embrace This Happiness hatten sie sich eine nennenswerte Fanbase in der österreichischen Untergrundszene erspielt. Ihr bis dato letztes Release, die Split mit ihren Grazer Screamo-Kollegen Varicella Zoster, offenbarte jedoch einen Wandel im Sound der Band, der sich aus neu einwirkende Einflüsse, die in einem 15-teiligen Post-Countdown auf der Facebook-Seite dokumentiert wurden, ergibt. Als Echelons huldigt das Trio seit Mitte 2018 also vor allem wegweisende Größen des 90er-Hardcores/Screamos und wirft dabei auch gerne mal einen nostalgischen Blick auf die nord-deutsche Hardcore-Bewegung dieser Dekade. Genauso sprungvoll gestalten sich auch die fünf Split-Song, die durch melancholische Skramz-Passagen und Emotive Hardcore gleiten und bis zum Emoviolence bersten. Das wäre an sich ein routinierter Mix, wie er auch in der Gegenwart vielfach anzutreffen ist. Doch durch die melodisch-druckvolle Gitarrenarbeit, die vielleicht als markantester Unterschied zu ihrem Lo-Fi-igen Alter Ego ausgemacht werden kann, bleiben Echelons Songs auch nachhaltig im Ohr hängen.
Varicella Zoster, benannt nach dem Gürtelrose und Windpocken verursachenden DNA-Virus, sind mit ihren fünf Songs mehr im Emocore zu verorten. Zwar schüttelt auch dieses österreichische Quintett so manche treibende Melodie unbeschwert aus dem Ärmel, die sich auch hervorragend für die mittelgroße Festival-Bühne eignen würden. Die sympathische DIY-Produktion, die den kratzigen und manchmal leicht schrägen Gitarren einen 90er-Underground-Charme überstreift, zieht die Band aber doch wieder zurück in die Kellergewölbe.
Split-Tape erschien über Hardcore For The Losers.

Echelons: Facebook\\//Bandcamp

Varicella Zoster: Facebook

DL "Echelons/Varicella Zoster - Split" A-Side & B-Side

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Cut/Empty. - 2 Split-Tape


Wer eine Bachelor-Arbeit über "Die Ästhetik des DOOM" schreibt und damit sogar als Referenz für einschlägige Wiki-Einträge herhält, der sollte mit seiner Band schon ordentlich abliefern können. Hinter der Bonner Band Cut verbirgt sich nicht nur der They Call Us Weak-Drummer Claus, sondern auch Arne Ebner, der seine Interpretation der Wall Of Sound bereits in der 80er-Metal-Hommage-Band Way Of The Fist und im Torche huldigenden Doom-Stoner-Sludge seines Projektes WALL auslebte, sie bis in den Synth-Metal von WAVES transferierte und schließlich auch im "Messer-Core" von Cut zum wesentlichen Merkmal deklariert.
Für das 2016er Split-Tape mit Empty. kamen drei Songs zustande, die in ihrer düster-groovenden Art wieder mehr in Richtung WALL schielen, durch den verhallten Schreigesang aber auch gut und gerne als eine Stoner-rockende Variante von Atari Teenage Riot durchgehen könnten. Das ist schon ein ziemlich fetter und tanzbarer Sound, inmitten dessen der Gedanke an ein Queen-Cover sowohl passend wie auch abschreckend daher kommt. Was Cut allerdings aus "Who Wants To Live Forever" machen, muss mensch einfach mal gehört haben.
Die knapp elf-minütige B-Seite des Split-Tapes bekleiden die Bergkamener Empty. mit ihrem Downtempo-Black-Metal-Crust. Dieser fällt zwar im direkten Vergleich mit ihren Split-Partnern weniger groovig aus, breitet dafür aber seinen Sound über einen düster-schrammeligen Teppich aus, der von noisigen wie unerwarteten (vor allem in "Alle Kauen Keiner Isst") Querschlägern aus der Routine gebracht wird. Und wie das nunmal so bei uns ist, wenn wir (weiter) zurückliegende Releases besprechen, hat sich inzwischen auch bei dem nordrhein-westfälischen Quartett so einiges getan. Hier ein kurzer Abriss: 2012 aus der Asche von Jigsaw Uncomplied (später Plagueis) als Empty On The Inside gegründet; 2014 einige Besetzungswechsel; 2015 Umbenennung in Empty. - aus Gründen; 2017 Schluss und Flucht in neue Projekte. Wisst ihr Bescheid.

Cut: Facebook\\//Bandcamp

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DL "2" Here & Here


Dienstag, Mai 21

Der Bandcamp-Hardcore Vol. 42


Grey Walls - Grey Walls EP

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Ein fieses Gebräu aus Hardcore-Punk und Crust servieren uns die vier Jungs von Grey Walls mit ihrer selbst-betitelten Debüt-EP. Kommt der Opener "Honset Self-Deception" zunächst noch träge aus dem Downtempo-Hardcore gekrochen, geht's mit "Hirnmoloch" direkt ins Moshpit. Und bevor im treffend betitelten "Heute spucken wir Zähne" gehörig die Powerviolence-Keule geschwungen wird, gönnt sich das vorherige "Hunger Iss dich auf" noch ein paar einleitende, surfige Delay-Gitarren.
Das krächzende Gebrülle lässt nur erahnen, gegen wen oder über was sich die Landauer hier echauffieren. Leider bietet Bandcamp keine Lyrics zu den Songs. Ein Blick auf die Internetseiten der Band könnte da aber schon eine gewisse Richtung weisen. Vielleicht ist es aber auch bloß ein kaum gesprochener Bergdialekt. 
Die Tape-Version von "Grey Walls" (50 Stück) ist über das benachbarte Label Puzzle Records erhältlich, die 7inch soll demnächst über WOOAAARGH und Kink Records folgen.

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DL & Buy "Grey Walls"

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Black Jump - -X-
 
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Mit Referenzen ist das ja immer so eine Sache: jede/r hört etwas anderes heraus. So wäre der ohnehin seit jeher labile Craig Nicholls an dem, anfangs von den Medien zugesprochenem, Erbe Kurt Cobains beinahe vollständig zerbrochen. Und nun soll der nächste große Grunge-Wurf ausgerechnet aus Deutschland kommen?! Zugegeben, Black Jump's Label-Album "Marching" war schon ein störrisches Hitmonster, angeführt von den zeitlosen "D.N.D." und "Stolen Identity", obwohl ich für meinen Teil dann doch eher Parallelen zu Bands wie The Vines, Cloud Nothings oder Union Youth höre. Egal, die Vorschusslorbeeren für ihr Folge-Werk hatten sie damit jedenfalls geerntet. Um so erstaunlicher ist es, dass sie die EP #2 fast komplett in Eigenregie produzierten und veröffentlichten. "-X-" wirkt im Vergleich zum Vorgänger wie ein zynischer Abgesang auf das Leben im Rampenlicht. Die rohere Produktion, die unmissverständlichen Songtitel ("Volkstod", "Need No Cops, Need No State"), die genretypischen Sample-Einleitungen und das unverkrampfte Songwriting fernab der mainstreamigen Erwartungshaltungen, katapultieren die drei Marburger unweigerlich in den Untergrund zurück. Abgesehen vom melancholischen Ohrwurm "Polygamy", verpassten Black Jump den übrigen fünf Songs ohnehin einen gehörigen Metalcore/Nu Metal-Anstrich, vielleicht auch, um die Vorschusslorbeeren wieder zurück zu geben und einen Neuanfang zu wagen.
Als Bonus gibt's noch vier Live-Songs oben drauf, die sich hervorragend in die rohe Proberaumästhetik von "-X-" eingliedern.

DL & Buy "-X-"

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Kraene - Kraene EP

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Das Debüt- und bislang einzige Release von Kraene ist hier eigentlich in zweierlei Hinsicht ziemlich fehl am Platz. Zum Einen, weil ihre selbstbetitelte EP bereits 2013 erschien. Zum Anderen, weil das Leipziger Quartett tief im instrumentalen Post-Rock verwurzelt ist und den (Post-)Hardcore, wenn überhaupt, nur minimal tangieren. Ist mir aber egal, ich haue es trotzdem ins Bandcamp-Volumen.
"Kraene" ist ein stoisches und doch sehr facettenreiches Werk. Die fünf Songs führen bedächtig durch epische Soundscapes. Der über alles liegende, melancholische Schleier wird durch sanfte aber auch düster-vernebelte Geigen- und Synthie-Einsätze untermalt. Zudem verstärken beigemischte Originaltöne (u. A. aus den Filmen "Absolute Giganten" und "Into The Wild") die fragilen Songstrukturen. Schwer zu leugnen also, dass Godspeed You! Black Emporer für die eine oder andere Idee Pate standen, auch wenn sich das Geschehen der Kraene in weitaus finsteren Gefilden abspielt.
Und wer noch immer hartnäckig nach dem Hardcore-Bezug, muss sich schon fast 30 Minuten gedulden, denn am Ende des krönenden Closers "Alles im Jetzt" lässt Gitarrist Martin die EP mit ein paar Schreien ausklingen.
Nachdem die Band seit ihrer Gründung gefühlt jedes Jahr ihr Aus beschloss, scheint es 2019 nun doch endgültig besiegelt zu sein. Folge-Projekte der Mitglieder sind u. A. Jeffk, No King. No Crown, Lotta Sleeps, Mate Meo und Paulinchen Brennt.

DL "Kraene EP"

Buy CD via FB or Mail to: kraenebooking@gmx.de



Unfaded - Work/Life Balance

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Unfaded existieren nun auch schon über fünf Jahre und rückblickend lässt sich sicherlich feststellen, dass der Göttinger Vierer sowohl die Licht- als auch Schattenseiten des Banddaseins kennen gelernt hat. Zum letzteren zählt sicher auch, wenn man sich mit dem eigenen Sound nicht mehr so recht identifizieren kann. Doch wo andere das Handtuch werfen oder voreilig in neue Projekte flüchten, gehen Unfaded ungeniert offen mit dem Thema um, verwischen die digitalen Spuren ihrer bisherigen EP's "Somewhere In Between" und "Tape '17" und holen mit einem neuen Sänger in eine andere Richtung aus. Diesem wird nachgesagt, dass er etwas irre ist und Klöße mag. Zum Glück bleibt dem neuen Mann hinterm Mikro für ihre dritte - oder quasi auch Debüt - EP "Work/Life Balance" ein solcher nicht im Halse stecken, denn die fünf darauf enthaltenen Songs strecken den lyrischen Mittelfinger gen gesellschaftlichen Miszstand und Diskriminierung. Ein Umstand, der inmitten ihres kathartischen Genre-Mixes aus Hardcore-Punk und Old-School-Hardcore leicht überhört werden könnte. Zusätzliche Rückendeckung gab's aus der regionalen Szene von den Swoon- und The Cold Shoulder-Sängern Eric und Dennis, was das insgesamt recht eingängige EP-Konstrukt etwas auflockert.

DL "Work/Life Balance"



Falls - One Hundred Percent Strong

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Ich weiß nicht so genau, ob F A L L S zu spät oder genau zur richtigen Zeit in Erscheinung treten. Ihre bislang letzte EP "One Hundred Percent Strong" (2017) ist ein freakiges Biest aus Alternative und Party-Hardcore, irgendwo in der Schnittmenge von Pulled Apart By Horses und Test Icicles. Wer der Trennung letztgenannter immer noch nachtrauert, findet im walisischen Quartett vielleicht einen passenden Trost. Die vier Songs strotzen nur so vor Dynamik, birgen mit routinierten Breaks und Rhythmuswechseln eine Menge Abwechslung und bieten wegen des polyphonen (Schrei-)Gesangs eine enorme Vielfalt. Und auch, wenn dabei die musikalische Willkür aus Martin Gallagher's (Git., Vox) und Ben Griffiths' (Bass, Vox) Pre-Band Stokoz To Moscow unüberhörbar mitschwingt, bleiben im Kern die gut gelaunten und schwungvollen Melodien erhalten.
"One Hundred Percent Strong" gibt's geschenkt über Bandcamp. Die restlichen digitalen EP's und Singles kosten euch eine Newsletter-Anmeldung bei Musicglue.

DL "One Hundred Percent Strong"

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Futbolín - Shy Guys, Malmo Days

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Mit Futbolín bleiben wir gleich mal beim Glamour-Math, verlagern das Rumgezappel aber von der Britischen Insel in die Stadt der Liebenden. Das 2015 gegründete Trio debütierte noch im selben Jahr mit ihrer selbstbetitelten EP und legte Anfang 2018 ihre zweite und bislang letzte EP "Shy Guys, Malmo Days" nach, deren knallbuntes Pop-Art-Cover nun auch auf 10"-Format zu bewundern ist. Giordano, Giacomo und Nicola, die sich aus der italienischen DIY-Szene um Bands wie Farglow und N[i]ebo zusammen gefunden haben, drehen ihre recht kurzen Songs dermaßen durch den Rhythmuswolf, dass man nach den erlebten elf Minuten entweder einem Synapsenkollaps erlegen ist oder zumindest seine Gliedmaßen wieder entknoten muss. Ein frickeliges Abenteuer, das mit dezenten Twinkle-Gitarren, etwas Midwest-Emo-Melancholie und einem gestörten Keyboard ehemalige Fans von What Price, Wonderland?, The Mae Shi und Help She Can't Swim gleichermaßen beglücken kann. Und weil den drei Italienern ihre Überdosis Wahnsinn scheinbar noch nicht genug ist, holten sie sich für "Filters" auch noch gesangliche Unterstützung ihrer Kollegen Shit Kids Galore und Flag Of Estonia
Krasses Teil, sollte sich jede_r musikalische Chaot_in schleunigst zulegen!

DL "Shy Guys, Malmo Days"

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60659-c - The Next Part Is A Blur

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Eigentlich wollte ich ja nicht mehr über Emo-/Screamoviolence schreiben... . Eine bereits jahrelang anhaltende Flut aus (meiner Sicht) oft gleich klingenden Bands, denen stets (zu Recht) die selben Referenzbands wie Orchid, Raein oder Louise Cyphre anhaften. Und ist man in diesem Kuddelmuddel dann doch irgendwie mit einem Ohr an einem Vertreter hängen geblieben, löst sich die Band nach einem kurzen Gastauftritt auch schon wieder auf und verteilt sich auf zig andere neue (gleich klingende) Projekte. Auch die vier Amis von 60659-c waren bereits sehr umtriebig (u. A. Caust, Yusuke, Gas Up Yr Hearse!) und kannten sich sogar aus einigen Vor-Projekten (u. A. Kaoru Nagisa, gif. from god, Ostraca). Wisst ihr also, was euch auf der 2017er Debüt- und vermutlich auch letzten EP "The Next Part Is A Blur" blüht: heftiges Riff-Geschreddere mit intensiven Kreischorgien im Fahrwasser von ... nein, das lasser wir lieber. Dennoch offenbart dieser kurze, kathartische Blizzard (10 Songs in knapp 7 Minuten) einige Raffinessen, die den eingängigen und brutalen Sound immer wieder unberechenbar ausbremsen.
Die EP kommt als Tape in den vier verschiedenen Label-Versionen.
DL "The Next Part Is A Blur"

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Portrëit - Dëmo

 

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Hätte ich mir vor Kurzem nicht den Backkatalog für eine Sammelbestellung über Dingleberry Records geben lassen, wäre ich wohl nie über die Gießener Band Portrëit gestolpert. Ihre Debüt-EP "Dëmo" liegt nun auch schon geschlagene zwei Jahre zurück und live stellt sich das Quartett eher als kurzfristiger Lückenfüller zur Verfügung, als eifrig durch die Lande zu ziehen. Klar, ohne Kohle ist die DIY-Band eben auf Mundpropaganda und kleinen Zine-Reviews angewiesen, um vielleicht mal über die hessischen Grenzen hinaus Gehör zu finden. Dass Portrëit, bei denen ex-Stand der Dinge- und Love Channel-Gitarrist Dirk und ex-Faltre- und Knife Trade-Drummer Timo mitmischen, auch noch eine musikalische Nische zwischen Screamo, Emoviolence und Post-Hardcore besetzen, dürfte den Massenandrang an Hörlustigen nicht unbedingt fördern. Dennoch passt der Begriff Lückenfüller, so negativ er auch behaftet sein mag, recht gut zu der Band. Mit stoischen Intros und Outros, hektischen Eruptionen, melancholischen wie melodiös-scharfen Gitarren und leidendem Geschreie, sind Portrëit die Ruhe vor dem Sturm und der erschöpfende Anheizer zugleich.

 

DL "Dëmo"

 

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Dispassionate - Self_Distortion

 

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Um die Bezeichnung Nischen kommt man auch bei der Band Dispassionate nicht herum, denn das Quartett aus Konz bewegt sich mit seinem Sound fernab von dem, was man herkömmlich nennt. Die rheinland-pfälzische Band wird oft mit dem Begriff Screamo angekündigt, was angesichts des eröffnenden Titeltracks und des Instrumentalstückes "Cut These Threads" auch nicht vollkommen an der Realität vorbei ist, dem gemeinen Fan am Ende des Durchlaufs ihrer zweiten EP "Self_Distortion" aber durchaus etwas verstört zurück lassen könnte. Der einleitende islamische Gesang des Openers oder das noisig-fragile Interlude "pg.19", stellen dabei sicherlich noch die kalkulierbarsten Ausreißer dar. Vor allem die Stücke "Der Effekt ist..", "Ladies and Gentlemen.." und "Es war schön..." breiten ihren düster-harschen Sound vielmehr in Bereiche des Blackened Crust oder Post-Hardcores, vielleicht auch des Hardcore-Punks, aus. Das ist jedenfalls ein Mix, der mir nicht alle Tage unter die Ohren kommt, verstörend und doch irgendwie auch wohlwollend vertraut in die Gliedmaßen rutscht.

 

DL & Buy "Self_Distortion"

 

 

 

BURT - Generell fick dich EP

 

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"Generell fick dich" ist ja schon mal eine grundsolide Ansage. Was anderes ist man von den Saarbrücker Powerviolencern BURT aber auch gar nicht gewohnt. Auf ihrer mittlerweile - wenn ich richtig gezählt habe - achten EP, fegt das Quartett durch pfeilschnellen Hardcore- und Trash-Punk oder wühlt sich durch schleppende Powerviolence-Passagen. Was soll ich schon großartig schreiben? Da hat sich seit ihrer Bandgründung 2008 nicht wirklich viel dran geändert. BURT bringen mich dazu, einen vertrauten und vergessen geglaubten Gedanken an das Gute in den Menschen hochzuwürgen. Ein treuer Freund an der Seite, mit ehrlichen wie direkten Ansagen ohne anbiederndes Geschwafel und Geplänkel. Nihil Baxter sind tot. Alarmstufe Gerd sowieso. Battra// - tot. Henry Fonda haben erst kürzlich das Handtuch geworfen. Nur BURT machen einfach immer weiter - und das hoffentlich noch viele Jahre.

Leider habe ich das Tape-Release zu "Generell fick dich" verpasst. Über einige kollaborierende Labels - darunter Sengaja Records, Puzzle Records, Hackebeil Records und Knochentapes - soll demnächst aber die 7inch-Version nachgereicht werden.

 

DL "Generell fick dich EP" Here & Here

 

 

 

In der Kürze liegt die Würze


We Are On Fire - Demo

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Und ehe man sich verhört, haben sie auch schon wieder ein neues Projekt am Laufen. Hinter We Are On Fire verbergen sich die beiden Kinderzimmer Recordings-Köpfe Lela und Nico Beqović. Wer sich früher seine tägliche Dosis an nordischen Screamo beim ehemaligen Label mum says; be polite rec. abgeholt hat, der weiß also, dass hier der ex-Manku Kapak-, Mira-, fljora- und Cetacea-Gitarrist und die Mira-Drummerin ihre Hände und Stimmen im Spiel haben. Mit "Underneath The Sun" steht derzeit lediglich ein (kurzer) Song zu Buche, der die Marschrichtung für die diesjährig angekündigte 12" aber schon mal gut vorweg nehmen dürfte: 90er-Jahre-Emo(-Core) der analogeren Art. Wir sind gespannt.



Let's Start With A Forest Level - Rehearsal Room Tracks

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Eine ähnliche Richtung wie We Are On Fire schlagen auch die Berliner Mädels und Jungs von Let's Start With A Forest Level ein, auch, wenn sich das in wesentlich Hardcore-lastigeren Gefilden abspielt. Die beiden Proberaum-Demos der ehemaligen Tall As Trees-, Fuck, Wolves!- und te:rs-Mitglieder_innen lassen vorerst nur erahnen, welche Dynamik ihr Sound bei einer entsprechenden Produktion entwickeln könnte. Auch hier sind wir - gespannt.



Radio Schizo - Chatbot/Abschied

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Ihr 2013er Debüt-Album "Die Menge macht das Gift" war schon ein ziemlich überraschender Bastard aus New Wave, Post- und Hardcore-Punk und bot all das, was man sich von einer 80er-Jahre-Punk-Reunion wünschen würde. Dass sich Radio Schizo für den Plastic Bomb-Compilation-Song "Hassbad" mit Andreas Löhr (Chaos Z, Fliehende Stürme) zusammen taten und überraschend auf dem Debüt-Album der von Max Rieger inszenierten Band Die Selektion mit dem Cover-Song "Du Rennst" vertreten waren, rundet diesen ersten Eindruck natürlich ab.
Mit der Ende letzten Jahres erschienenen, digitalen Single "Chatbot/Abschied", die live aufgenommen und deren Session in einem Video festgehalten wurde (siehe HIER), hat das Berliner Quartett seine Hörerschaft zwar auf die lange Folter gespannt, ganz sicher aber nicht enttäuscht. Die beiden Songs entpuppen sich abermals als unberechenbare Grenzgänger mit nostalgischen Wehmutstropfen, die sowohl musikalisch als auch lyrisch mehr als nur ein Ohr abverlangen.



Sonntag, Mai 12

Platte des Monats 05/2019: Choir Boys - III



Kurzinfo:

Sie posten EP's auf Bandcamp, deren Songs vielleicht irgendwann mal geschrieben werden und wer der Band eine 4-Way-Split abkaufen will, landet am Merch-Tisch und bekommt einen Schal (!!!) vorgehalten. Wer die Choir Boys seit ihrer Gründung 2015 auf dem Merkzettel zu stehen hat, brauchte bislang einen langen und strapazierfähigen Geduldsfaden. Nun, im Jahr 2019, gibt es auch endlich das erste offizielle Release, das chronologisch richtig zur divergenten Zahlenfolge der Schein-Veröffentlichungen konsequenter Weise mit "III" betitelt wurde.
Ich will mal behaupten, dass sich das Warten für musikalische Anarchisten definitiv gelohnt hat, denn die sechs Songs ihres Debüts sind ein ausgelassener Reigen durch sämtliche Freidenker-Stile des Hardcore-Punks. Und so scheint es zunächst, als würde der erst twängige und dann ins rockige Solo übergehende Opener "Diary Of A Teenage Smoker" die Bühne für die ganz große Stadionhymne vorbereiten. Stattdessen formen aggressive Riffs und Blastbeats den Song zu einem grindigen Blizzard, inmitten dessen zwei Galle-speiende Vocalisten aneinander geraten, fast so, als würden Eric Wood und Justin Pearson hier einen handfesten Genre-Streit austragen wollen.
Das new-schoolige "Das Weiße Gold" lädt danach unvermittelt ins Moshpit ein zum kompromisslosen Ellenbogen- und Schuhsohlenaustausch. "Wake Me Up Before You Gogh-Gogh" und "Lied 4" krempeln die Chronologie des Openers um und lassen nach einigen Beatdown- und Grindmetzeleien durchaus melodisch-rockige Hooklines in den Vordergrund treten. Das kann bisweilen sogar an den eigenwilligen Brachial-Stadionrock-Mix der ersten Kvelertak-Alben erinnern, nur, dass die Choir Boys eben tief im Hardcore-Punk verwurzelt sind und vor allem wegen des unentwegt räudigen Gebrülls die dunklen Kellergewölbe nie so wirklich verlassen.
Nicht nur aufgrund des Break-verliebten "50m Keta", sonder auch wegen des divergend-polyfonen Geschreies, erhalten die Songs gar eine leicht chaotische Note. Im alles ausschöpfenden und vielleicht etwas zum 80er-Jahre-Metal schielenden Closer "Zur Rhytmizität/...", darf sich dann scheinbar nochmal jeder ein Mikro krallen, der nach acht Bier noch halbwegs geradeaus singen kann. 


Band: Choir Boys

Titel/Release: III/EP (Tape; Digital)

Label: DIY / Interceptor Editions, Z&K

Erscheinungsjahr: 2019

Genre: Hardcore, Punk, Trash, Noise, Chaoscore

FFO: Fabrik Fabrik, Lasershark, Retox

Links: Facebook\\//Instagram\\//Bandcamp




DL "III"

Buy Tape via PM on FB or Mail to: choirboys@ilovecheesypoofs.com

Montag, April 1

Younger Us - Tired Tried



Kurzinfo:

Nachdem wir mit unserer "Platte des Monats" vor allem dem puristischen Gedanken des Post-Hardcores huldigten, begrüßen wir mit Younger Us nun einen Vertreter auf unseren Blog-Seiten, der sich, wenn überhaupt, nur mit Nischen-Bezeichnungen oder zusammengewürfelten Genre-Tags erklären lässt. Ein kniffliges Ratespiel, das uns bereits bei der Besprechung ihrer 2015er EP "Graustark" einige Falten auf die Stirn legte. Und so werfen die vier Stuttgarter auch mit ihrem Debüt-Album "Tired Tried" zunächst einmal die Frage auf, welcher Hauptstil hier eigentlich mit welchen Einflüssen durch den Fleischwolf gedreht wird. Das spielt sich natürlich alles irgendwo in der weiten Sphäre des Hardcores ab und ist im Albumkontext gewisser Maßen auch recht eingängig inszeniert. Vor allem die schrammeligen, fast schon fuzzigen Gitarren und düster-molligen Bassläufe ziehen sich wie ein roter Faden durch die zehn Songs, die sich natürlich fernab der altbewährten Songstrukturen bewegen. Zwar gibt es auch einige Songs, die gelegentlich eine vorangegangene Melodie oder Hook im weiteren Verlauf wieder aufnehmen. Younger Us wollen sich aber keineswegs in Schönspielereien oder Ohrwürmern verlieren. Vermutlich könnten sie das sogar. Stattdessen werden Harmonien durch kratzige Breaks und Rhythmuswechsel aufgebrochen, ehe es zu gemütlich werden könnte. Kennt (noch) jemand Fecal Matter? Da gab es ja auch mal eine Zeit vor den ohrumschmeichelnden Nirvana. Und so klingen die Songs auf "Tired Tried", als hätte die Band nach 25 Jahren ihre Instrumente aus der staubigen Proberaumecke geholt, ohne sie vorher abzuwedeln oder nachzustimmen. Herausgekommen ist eine komplexe Session, die in ihrer herrlich analogen und rohen Art viel zu schade ist für den Hardcore-Präfix "Post-" und trotz der niederdrückenden Schwermütigkeit nicht durch den Sludge kriecht, obwohl es für beide Bereiche sicherlich Überschneidungen gibt. Vielleicht lässt sich sogar ein schüchterner Blick Richtung Gainesville ausmachen, ohne dabei zwangsläufig den dort beheimateten musikalischen Urvater zitieren zu müssen. Und wenn sich die heiseren Screams und die Shout-Chöre wie in "Artax" und "Some Lovely Song" mal etwas vom Geschreie lösen, wandert dieser noch ein Stück weiter nach oben gen Mittleren Westen.
Younger Us bauen in ihrem Sound viele Schlupflöcher ein, die immer wieder nostalgische Assoziationen durchrutschen lassen. Dennoch haben sie mit "Tired Tried" ein Album geschaffen, das sich auf ganzer Länge nur wenigen Referenzen anbiedert - wenn überhaupt.




Band:Younger Us

Titel/Release: Tired Tried/Album (100x Black Vinyl; 200x Mint Vinyl; 200x Translucent Red w/ Black Marble Vinyl; Digital)

Label: Day By Day Records

Erscheinungsjahr: 2019

Genre: Hardcore, Noise-Rock, Grunge

FFO: Trap Them, Bastions, Fashion Week

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Montag, März 25

Platte des Monats 03/2019: .leaves - Was erzählen wir jetzt unseren Kindern?



Kurzinfo:

Nach dem Label-Ausflug mit ihrem Debüt-Album "...bleibt das jetzt für immer?" (Subzine Records), sind .leaves mit ihrem zweiten "Was erzählen wir jetzt unseren Kindern?" nun wieder komplett im D.I.Y. zurückgekehrt. Ein für die Sammler glücklicher Schritt der Band, denn neben der dunkel-rot, weiß und schwarz marmorierten Vinyl-Auflage, bastelten die Jungs auch eine schick aufgemachte CD in Vinyl-Optik mit Poster-Inlay und ein im Cardboard beheimatetes Tape, dass ebenfalls mit Mini-Poster kommt und mit weißem Schleifchen verschnürt ist. Das Alles zum Spottpreis im Band-eigenen Shop auf Bandcamp, wo ihr den Preis für das digitale Album auch noch selbst bestimmen könnt.
Ob sich bei einem erneuten Label-Release auch musikalisch etwas geändert hätte, weiß ich nicht. Ich wage es aber trotzdem mal zu bezweifeln, denn auch hinsichtlich "Was erzählen wir jetzt unseren Kindern" haben die drei Jenaer nichts dem Zufall überlassen. Aufgenommen wurde abermals im Tautendorfer Hörsturz Studio, den Mix und Master übernahm wieder Die Tonmeisterei. Gesamtergebnis: brachial-krachiger Sound an den Stellen, wo es weh tun soll und kristall-klare, düster-melancholische Atmosphäre in den Momenten, in denen sich jede_r mal selbstkritisch hinterfragen sollte.
.leaves haben ihren streng antifaschistischen und links gerichteten Blick beibehalten, für die holprige Fahrt durch ihre dystopischen Landschaften aber mindestens einen Gang hoch geschalten. Und so beginnt die Tour de Post-Hardcore im Jenaer Stadtteil "Laasan" zwar noch recht unbeständig, erreicht im folgenden "Das letzte Hemd" aber so langsam Betriebstemperatur. .leaves türmen bewährte Bausteine des post-modernen Hardcores zu einer soliden Wand auf, die für a-puristische Einflüsse unüberwindbar ist. Hier geht es nicht darum, etwas vollkommen Neues zu erschaffen. Vielmehr verschafft das Trio seinem Ärger reichlich Luft, was nicht nur mit dem durchweg kehligem Geschreie des Frontmannes zum Ausdruck kommt. Richtig gut ab geht es dann in einem Song wie "Konzept//Gescheitert", in dem sich die Band plötzlich im Mathcore wiederfindet oder auch im Closer "Bekenntnisse", der sich im Zuge des stetig anwachsenden Gefühlsrausches fast schon überschlägt und ein paar Pirouetten im Noise-Rock hinlegt.
In Anbetracht dessen, dass auf "Was erzählen wir jetzt unseren Kindern?" lediglich drei Musiker agieren - von der schwedischen Amtshilfe in "Sista Gången" durch Shirokuma-Sänger Jonathan Lemberg mal abgesehen - , kann man hier durchaus von einem handwerklichem Glanzwerk sprechen, dass vor allem fernab des üblichen Laut-Leise-Spiels für reichlich Abwechslung sorgt. "Fuchs & Hase" und "Hallo Winter" zum Beispiel, lassen immer wieder melodische Momente und einprägsame Hooks unter den verzerrten Saitenschlägen durchblitzen, setzen aber ohne an Dynamik einbüßen zu müssen gezielte Breaks und Rhythmuswechsel, ehe die Songs in zu berechenbarer Eingängigkeit abdriften könnten. Somit verzetteln sich .leaves auf ihrem Zweit-Werk nicht unnötig bei der penetranten Suche nach einem eigenem Konzept und schicken stattdessen eine instinktive Reaktion in Richtung einer fundamentlosen Gesellschaft.
 

Band: .leaves

Titel/Release: Was erzählen wir jetzt unseren Kindern?/Album (300x Dark-Red MarbledVinyl; CD; Red & Gold Splatter Tape; Digital)

Label: DIY/Bandcamp

Erscheinungsjahr: 2019

Genre: Post-Hardcore, Screamo

FFO: We Had A Deal, Shizune, Fjørt, Calculator

Links: Facebook\\//Bandcamp\\//Bandpage\\//Youtube




DL & Buy "Was erzählen wir jetzt unseren Kindern?"


Donnerstag, März 21

Miami Death 2 - Miami Death 2 EP



Kurzinfo:

Hat es dem Druckwelle-Benny etwa ordentlich in den Fingern gejuckt oder war es mal wieder an der Zeit, gewaltig Druck über die Gesamtscheiße abzulassen? Der ex-Rant- und Voyta-Sänger hat sich jedenfalls mit vier anderen bekannten Gesichtern aus dem Leipziger Bandsalat (u. A. Chevin, Robert Paulson, Choir Boys) zusammen getan und unter dem schönen Namen Miami Death 2 (wahlweise auch Miami Death II) kürzlich eine EP veröffentlicht. Und die bietet der geneigten Hörerschaft in ihren nicht mal acht Minuten Spielzeit sämtliche Facetten des gestörten Musikgeschmacks. Angefangen vom harsh-noisig übersteuerten Opener "Strange Presents", dem Powerviolence-Freakout im folgenden "Leberglühen", bis hin zum grindigen Blastbeat-Gehämmere in "Beerdigt Alle", die allesamt ihren nervenfleddernden Höhepunkt im sich quälenden Gesang und dem asozialen Gegrowle finden. Das alles eingefangen in einer herrlich finsteren und gammeligen DIY-Produktion, die vor allem den (Hardcore-)Punk-Gedanken in den rhythmischen "Ruhephasen" der Band unterstreicht, wie etwa in "Food Play" oder "The Ballad Of MDII".

Eigentlich sollte dieses herzliche Stück Musik pünktlich zum Valentinstag auch als CD- und Tape-Version erscheinen. Eigentlich... . Musste ich meiner Freundin halt doch eine Bruno Mars CD schenken.


Band: Miami Death 2

Titel/Release: Miami Death 2/EP (Digital; CD's und Tapes in Planung)

Label: DIY/Bandcamp, Colossus Tapes, Gafas del Rigor Cassettes (evtl. CD)

Erscheinungsjahr: 2019

Genre: Powerviolence, Grindcore, Punk, Harsh Noise

FFO: Infest, Get Worse, Extinct!

Links: Youtube\\//Instagram




DL "Miami Death 2"

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Freitag, März 15

Malm - Kollaps



Kurzinfo:

Kennt noch jemand diese Telefonsex-Werbung, die zu später Stunde auf diversen kommerziellen TV-Sendern lief, in der eine in schwarzem Lack gehüllte, ältere Dame mit Peitsche energisch dazu aufforderte: "Ruf! Mich! An!"? Obwohl sich die vermeintlich angebotenen Dienstleistungen fernab meiner damaligen Interessen bewegten, überkam mich als junger Dorf-Bursche das erdrückende Gefühl, ihrem Aufruf nachkommen zu müssen, lag es nun an der zweifelsohne stringenten Rhetorik der reifen Dame oder schlichtweg an meiner elterlichen Erziehung, stets respektvoll mit älteren Menschen umzugehen. Zum Glück aber hatte ich damals noch kein eigenes Telefon... .
Tja...Malm haben Ende letzten Jahres ihren dritten Longplayer "Kollaps" veröffentlicht, womit sich nun auch beim letzten geneigten Noise-Rock-Hörer der bandeigene Slogan endgültig eingebrannt haben dürfte: "Merke! Dir! Malm!". Mit dem Opener "Schwarze Liste" fallen die vier Würzburger auch gleich mal mit der Tür ins Haus, platzieren in kurzen Abständen messerscharfe Riffs und Breaks wie blutige Peitschenhiebe, während Sänger Ali Hartmann Gift und Galle spuckt. Auch das folgende "Tanz auf dem Vulkan" fühlt sich an wie ein hektischer und schier endloser Gang über glühende Kohlen. Das mathig-umherspringende "Enge" schafft in seinen knapp 3½ Minuten mehr Rhythmuswechsel unterzubringen, als Nickelback in ihrer gesamten, fast 25-jährige Diskografie. Und dann urplötzlich schmiegen sich Malm inmitten von "Captain" doch tatsächlich mit einer Art eingängigem Refrain einer melodieverwöhnten Randgruppe an. Man könnte das Spielchen nun bis zum 12. Track fortsetzen und unzählige Details offenlegen, wie das fast schon jazzige Intro von "Stopp!", der kleine psychedelische Ausritt im Titeltrack oder das, im Albumkontext vollkommen irritierende und irgendwie auch nichtssagende "Interlude". Dabei ist es schon beeindruckend, mit welchen minimalistischen Mitteln die Band hier maximale Abwechslung bietet. Malm verzichten bewusst auf Experimente außerhalb ihrer Komfortzone. Kein free-jazziges Saxofon oder überflüssiges Key-Geklimper, das die Hörerschaft nochmals mit gezielten Schlägen auf den Hinterkopf auf den freigeistlichen Gedanken des Albums hinweisen muss. Wo andere Genre-Vertreter über die Jahre hinweg schon längst in einer anderen Sparte gelandet sind, geht das Quartett seinen Weg unbeirrt weiter. So gibt es immerhin kein böses Erwachen und den Forderungen nach einem Back To The Roots dürften sich Malm ebenfalls nicht ausgesetzt sehen.
So ist "Kollaps" nicht mehr und nicht weniger ein brachiales, ur-instinktives Noise-Rock-Stück ohne Schnörkel und Kompromisse.

Auch, wenn der einleitende Vergleich zur sexuellen Extreme sicherlich an einigen Stellen hinkt (sorry, ein SM-Vergleich ist auch für mich absolutes Neuland), so wollte ich zumindest nicht vorangegangene Besprechungen wiederkäuen, die "Kollaps" metaphorisch mit klimatologischen und Straßenbau-technischen Ereignissen gleichsetzten. Im Endeffekt laufen aber alle Umschreibungen auf das gleiche Ziel hinaus: Hartgesottene machen Musik für Gleichgesinnte. Oder: man muss als Band schon leicht sadistische Tendenzen aufweisen, um derartige Musik einer etwas mehr noch masochistisch veranlagten Hörerschaft zugänglich machen zu können.


Band: Malm

Titel/Release: Kollaps/Album (500x Smokey Clear Vinyl; CD w/ Bonus-Song; Digital)

Label: Jackalope Music

Erscheinungsjahr: 2018

Genre: Noise Rock, Hardcore

FFO: Dÿse, Magnapinna, Haik

Links: Bandpage\\//Facebook\\//Bandcamp\\//Soundcloud\\//Youtube




Stream & Buy "Kollaps"

Buy Here, Here & Here



Donnerstag, Februar 28

Extinct - A Piece Of Extinction!



Kurzinfo:

Nach dem Best Of, ist vor dem Nächsten. Die Querfurter Band Extinct legt knapp drei Jahre nach ihrem "Greatest Hits" eine sechs Song starke EP nach und erweitert damit ihre bislang eindrucksvolle Diskografie. Wie es sich für eine Band im Spannungsfeld zwischen Powerviolence und Hardcore-Punk gehört, lassen sich die Songs nicht anhand von Attributen wie den klassischen Strophe-Refrain-Mustern oder Schönklang bewerten. Stattdessen sorgen die vier Sachsen-Anhaltiner auch diesmal wieder für einen wohlig-düsteren AZ-Sound im gemütlichen Kreis der Pogenden.
Und so kündigen sich Extinct mit dem anfangs noch schleppenden Opener "Redundancy" standesgemäß bedrohlich an, ehe der Track mit dem einsetztenden Scream-Shout-Duett so langsam Betriebsklima aufnimmt. Mit dem folgenden "Abuse" legen die Jungs dann auch furios los. Was für ein Brett, dass die Angepissheit über die Gesamtscheiße auf den Punkt bringt. Ein misanthropischer Reigen, der sich mit niederdrückendem Downtempo-Riffing und explodierenden Blowouts über die gesamte EP erstreckt.
Untermalt wird die Endzeitstimmung durch das tolle Artwork von OdeToBlack.
Kleiner Schmankerl für die Kassetten-Liebhaber: die Tape-Version über Lower Class Kids kommt auf der B-Seite mit einem kompletten Live-Set vom Gig im Gerber 3 in Weimar vom 14. August 2018.


Band: Extinct

Titel/Release: A Piece Of Extinction!/EP (7" Vinyl -> 5x Testpress w/ Alternate Cover, 57x Black, 156x Green; 66x Tape; Digital)

Label: Affront Vinyl (7"), Lower Class Kids (Tape)

Erscheinungsjahr: 2019

Genre: Powerviolence, Hardcore-Punk

FFO: Strafplanet, Svffer, Derbe Lebowski

Links: Facebook\\//Bandcamp\\//Instagram\\//Youtube




Stream "A Piece Of Extinction!"

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Dienstag, Februar 19

Paulinchen Brennt - "wie Salz"



Kurzinfo:

Ich hatte schon die Befürchtung, dass Paulinchen Brennt bloß ein kurzweiliges Spaßprojekt wird, das nach dem ersten musikalischen Aufschrei ("Viele werden satt", 2016) mindestens genauso schnell wieder verstummt. Auch, weil Bassist, Sänger und Tausendsassa Daniel Schmitt in der Zwischenzeit für mehr Furore mit der Alternative-Desert-Rock-Formation Cannahann sorgte und kürzlich mit Maffai ein kleines Independent-Star-Ensemble um sich versammelte.
Zum Glück, wie sich nun also herausstellte, sind die drei Nürnberger/Leipziger immer noch kräftig am Tüfteln, was sie der Hörerschaft in Form einer zwei Song starken 7inch präsentieren. Ihr Label- und gleichzeitig Vinyl-Debüt "wie Salz" beginnt mit messerscharfen, abgehackten Riffs, mündet in plänkelnden Hooks, Flirr-Gitarren und wird durch kehliges Geschreie aufgerieben, ehe inmitten des Songs dieser unerwartete Hymnenchor selbigen vollkommen aus der Bahn wirft. Mit "Souzeraine" macht das Trio unmissverständlich klar, dass Menschen mit Vorliebe für Erwartungshaltungen und Schubladendenken bei ihnen nicht lange durchhalten werden. Mich persönlich erinnert der Song stark an Biffy Clyro zur "Infinity Land"-Ära oder auch Masada, die in ihren Konzepten einen ähnlichen Ansatz von destruktivem Schönklang verfolgten.
Der Titel-Track kommt da schon mit wesentlich monotoneren Saitenschlägen aus, verleiht dem schleiernden Post-Rock-Gedanken des Vorgängers hingegen mehr Kontur und galoppiert mit einer melancholischen Grundstimmung gen 90er-Skramz.
Aufgenommen und aufpoliert wurde übrigens im Leipziger Laboratorium von LIITTO-Kopf Jens Anders, der sich mit verqueren Genre-Koryphäen jeglicher Art (u. A. DRRST, Empire Club und Kraene) ja bestens auskennt und "Souzeraine" kurzzeitig sein zartes Stimmchen leiht.


Band: Paulinchen Brennt

Titel/Release: "wie Salz"/EP (200x Black 7inch; Digital)

Label: 30 Kilo Fieber Records, Different Records, Not So Happy Records

Erscheinungsjahr: 2018

Genre: Mathcore, Post-Hardcore, Screamo

FFO: Cortarmao, Tentackle, Dÿse, Masada

Links: Bandcamp\\//Facebook\\//Youtube




DL "wie Salz" Here & Here

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Montag, Februar 4

Video Kills The Radio Star Vol. 8


Malm - Ins Nirwana


Es gibt Bands, die feiern gefühlt alle fünf Jahre eine Reunion oder eben solche, die sich für ihr nächstes Release die nötige Zeit nehmen, ohne gleich alles über den Haufen zu werfen. 
Die Würzburger Band Malm, deren Mitglieder zwischenzeitlich auch bei Bands wie Omega Massif, Blacksmoker und Elision aushalfen, ist seit 1998 eine feste Größe im deutschen Noise-Rock-Sektor. Über drei Alben und vier EP's, blieben sich die vier Bayern ihren kompromisslosen Stil stets treu. Pünktlich zum 20-jährigen Bandjubiläum, erschien nun also Album Nummer vier, "Kollaps", auf dem das Quartett abermals ein wahres Noisegewitter entfacht. Minimalistisch, dissonant und brachial zugleich, ohne die blank liegenden Nerven über das nötige Maß hinaus zu strapazieren. "Ins Nirwana" ist nur eines von zwölf eindrucksvollen Belegen dafür.
Nach der Split (2008) mit der Berliner Noise-Rock-Formation Kint, ist "Kollaps" das zweite Bandrelease, das u. A. auch auf Vinyl erscheint.


Buy "Kollaps" Here & Here



Kind Kaputt - Unperfekt


Pop und radiotaugliche Härte - ein Konzept, dass sich spätestens mit dem Debüt von Madsen in den Mainstream-Sendern hierzulande durchgesetzt hat. Ein Klischee, das vor allem im letzten Jahrzehnt durch Bands wie Marathonmann, Naechte, Kaff König oder Heisskalt kräftig bedient und vom geneigten Publikum durchaus belohnt wird. Auch der Sound der relativ jungen Formation Kind Kaputt erscheint für die feucht-dunklen Wände der Punk-Spelunken etwas zu überambitioniert, obwohl das Mannheimer Trio auf seiner Debüt-EP "Die Meinung der Einzelnen" textlich am Zahn der Zeit bleibt und musikalisch durchaus einige Überraschungen parat hält.
"Unperfekt" ist der etwas ruppigere Ausreißer der EP, was sicherlich auch dem Feature von Jonas Jakob (8KIDS) zu verdanken ist.
Die zur EP gehörige CD ist über dem bandeigenen Shop erhältlich.





Peter Coretto - Sie zündeln wieder



Peter Coretto sind auch schon gefühlt eine Ewigkeit Bestandteil der deutschen Post-Punk-Bewegung. Jetzt, wo die Euphorie nach dem letzten Turbostaat-Studio-(und meiner Meinung nach weitaus nicht bestem)-Album allmählich verflogen ist und einige hoffnungsvolle Nachzügler vorzeitig die Segel gestrichen haben, könnte für die vierköpfige Band aus München vielleicht genau der richtige Zeitpunkt gekommen sein, um mit ihrem neuen Album "Angst kostet Freiheit" ein paar desillusionierte Genre-Verehrer zurück zu erobern. Der Vorreiter "Sie zündeln wieder" erzählt zwar nichts Neues, packt aber den heimischen und scheinbar stetig wachsenden Tumor direkt an der Wurzel: "Rassismus - keine Meinung! Antisemitismus - keine Meinung! Faschismus, Sexismus - keine Meinung!". So sieht's aus. Und vielleicht braucht es eben diese direkte Art und eine solch eingängige Hymne, um die breite, gleichgültige Masse zu erreichen und ihr die Augen zu öffnen.
Wurde die Vorgänger-EP "Gier" einmal mehr vom Quartett selbst produziert, legte diesmal kein geringerer als Torsun Burkhardt (Egotronic) persönlich Hand an.


Buy "Angst kostet Freiheit" Here & Here



[trap] - Gommage Éclat



Eigentlich gar nicht meine Musikrichtung, eigentlich nicht mal ein richtiges Video. Eigentlich habe ich mich auch bloß mal wieder gefragt, auf welchen musikalischen Pfaden Emmanuel Aldeguer (H.O.Z., Ebisu, 42 The Band) gerade so wandert. Und siehe an, da stoße ich doch tatsächlich auf ein (schon älteres) Projekt namens [trap], dem Manu zwar seine Stimme leiht, ansonsten aber gar nicht so wirklich involviert ist.
Hinter [trap] stecken der Breakbeat- und Sample-Virtuose Zôl und Drummer und "Hybrid Artist" Merlin Ettore. Für ihr Debüt-Album "Offrande 1,697", das standesgemäß über das japanische Label Murder Channel erschien, vereint das Duo schneidende Breakbeats mit tollen Drum n Bass-Kombinationen und etwas Dubstep - und sampeln dazu Manu's und Sylvain Bekaert's Gekreische und Geshoute aus dem H.O.Z.-Album "Loud Noise Making".



 

Jahres-Sampler