Mittwoch, Oktober 16

Die Bandcamp-Punks Vol.14


Cowboy Poetry & Tigeryouth & life.story

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Hinter Cowboy Poetry verbirgt sich der Singer/Songwriter und Gitarrist Philipp Dunkel aus Trier, der dieses Solo-Projekt 2009 ins Leben rief. So richtig ausgetobt mit diesem hat er sich allerdings nur in den ersten 2 1/2 Jahren, wo er auch mit den Stuttgarter Hardcore-Punks Turn Away auf Euro-Tour unterwegs war. In diesem Zeitraum entstand auch der Großteil seiner Songs, die er passend vor seiner zweiten Euro-Tour 2013 als Spendendownload ins Netz stellte. Und da sich die diesjährige Tour überraschend als Abschiedstour erwies, können die 14 auf Bandcamp erschienenen (Demo-)Songs auch gleichzeitig als sein Vermächtnis für die Nachwelt angesehen werden. 14 akustische Punknummern, in denen sich manchmal auch eine Orgel zur Klampfe hinzu gesellt, die allesamt als Spiegelbild von Dunkel's emotionalen Gemüts herhalten. Mit forschem Gesang und einigen aufmüpfigen Akustik-Anschlägen allerdings alles andere als Emo-Kitsch. Dunkel war es auch, der sich größtenteils für's Songwriting der Saarländer Punk-Combo life.story verantwortlich zeichnete. Das Quintett gründete sich 2012, spielte in derselben Formation aber bereits seit drei Jahren unter dem Namen Finding Faith. So war es lediglich der Stil, der sich unter neuem Namen ein Stück weit vom Hardcore-Punk entfernte und sich dem Pop-Punk annäherte. Im Juni 2013 verkündete die Band dann ihre Auflösung, welche sie mit ihrem Abschiedskonzert am 14. September vollzog. Immerhin spielten sie vorher noch ein Demo ein, dass als Tape über den Bigcartel-Shop oder als Spendendownload erhältlich ist. Trotz der vielen Auflösungserscheinungen seiner Bands, muss man sich dennoch keine Sorgen um Philipp Dunkel machen. Mit Perfect Youth hat er bereits ein neues Solo-Projekt am Start. Um dieses seinen alten Fans nun vorzustellen, geht's im November gemeinsam mit dem Akustik-Punk-Singer/Songwriter Tilman Benning aka Tigeryouth auf Tour, der nach seinem Live-Album im letztem Jahr (höre & lade HIER), vor einigen Monaten erneut die Lala Studios besuchte, um seine neue EP "Im Sitzen" aufzunehmen und somit seinen Fans ebenfalls etwas Neues vorzuweisen hat. Bislang sind noch einige Termine ihrer "YouthYouthTour" offen. Wer also ein besetztes Haus, eine geräumige Wohnung, Klub usw. kennt, in denen die beiden ihr musikalisches Unwesen treiben können, kann ihnen gern unter die Arme greifen -> Infos HIER.

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Turn Away:

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Apropos Turn Away. Das Quintett aus Ludwigsburg gelangte nicht ganz grundlos in den obigen Post, denn 2009 war auch für die Hardcore-Punk-Urgesteine kein gewöhnliches Jahr. Es war das Jahr nach Erscheinen von "Ways to Say it, Ways to Get it", dem letzten Album mit Sänger und Gründungsmitglied Tobi, der die Band nach acht gemeinsamen Jahren verließ. Hinter'm Mikrofon konnte mit Daniel ein ebenso engagierter wie aggressiv treibender Frontmann vorgestellt werden, mit dem Turn Away in den folgenden drei Jahren eine EP ("To the Open Sea", Stream HIER) und ihr bislang letztes Album "Time and Tide...Wait for No Man" (Stream HIER) veröffentlichten. Vielleicht auch um der eingefleischten Fangemeinde diesen Personalwechsel etwas versöhnlicher zu gestalten, überließ es die Band dem Hörer, wieviel dieser für den Download von "Ways to Say it, Ways to Get it" zahlen möchte. Und egal wieviel dieser nun letztendlich zahlt, lohnen tut es sich so oder so. Ein Album das vor Energie nur so strotzt und eine Hymne nach der anderen ausspuckt, das zum Moshen und Mitgrölen oder einfach bloß zum Mittelfinger ausstrecken animiert und vor allem die melodieverliebte Fraktion ordentlich verwöhnt. 



Zustände:

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Ganz klar: Zustände aus Mannheim kommen, um sich zu beschweren. Worüber? Den inhaltlichen Kontext ihres Debüt-Demos bündelt der letzte Song "Bleib ein Penner" vielleicht am besten. Dabei bringen "Aufziehen" und "Trostpreis" die artikulierte Pennerattitüde vielleicht noch am ehesten rüber, die rotzig und ohne Kompromisse schnell über die Bühne gebracht werden. Frühere TempEau. kommen einen da in den Sinn. "Prost!" hingegen könnte auch von den Hives stammen, die anstelle der Kopfschmerztablette versehentlich die blaue Pille mit dem Smiley eingeworfen haben. Und genau mit dieser Garage-Breitseite verabschieden sich Zustände dann wieder von ihrem Pennerpathos, indem sie ihren berstenden Krachblizzards auch immer wieder etwas Melodie einhauchen. Die kann sich zwar selten für längere Zeit über Wasser halten, aber sie ist da. Nach sieben Songs und zehn Minuten ist ihr Demo Tape auch schon wieder vorbei. Dafür finden sich die Songs auf der B-Seite des Tapes noch einmal wieder. Im August und September war die Band mit den Wiesbadener Punks von The Void unterwegs. Am 2. November sind sie dann auf dem Mannheimer Pennerfest zu erleben. Wo sonst?!

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Liberty Madness:

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Man mag es kaum glauben, aber auch Liberty Madness kommen aus Mannheim. Dass ist weniger negativ auf die Stadt bezogen, als dass es vielmehr zum Ausdruck bringen soll, dass man derartig routinierten Punkrock eher auf der anderen Seite des großen Teiches verorten würde. Von daher drängen sich Referenzen zu Größen wie Strike Anywhere und NOFX regelrecht auf, in deren Spannungsfeld zwischen Melodycore und Pop-Punk sich das Quartett mit viel Spaß austobt. 13 treibende Hymnen zählt ihr S/T-Debüt-Album aus dem Jahr 2011, dass die Band zur noch größeren Freude kostenlos anbietet. Liebhaber versuchen noch eine der auf hundert Stück limitierten LP zu ergattern, müssen nach erfolgreicher Jagd aber aufpassen, dass sich die Nadel bei diesem Tempo nicht all zu tief ins orangefarbende Vinyl fräst. Nach einer EP und einer Split mit den Tübinger Hardcore-Punks Derby Dolls, ist es das dritte Release der Band. Mitglieder von Liberty Madness spielen u. A. auch bei Modern Pets und The Rätz. Mit letzterer ist eine gemeinsame Split-12" geplant, von der es die ersten Roughmixes bereits zu hören und kostenlos zu saugen gibt -> HIER.


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I Kissed Captain Hook:

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I Kissed Captain Hook sind fünf junge Männer aus dem Alpenländle, die mittlerweile auch schon über vier Jahre auf dem Buckel haben. Die Band aus Garmisch-Partenkirchen konzentrierte sich bislang hauptsächlich auf ihre Shows, rockte bereits zweimal das, sich für wohltätige Zwecke einsetzende, Kulturknall-Festival, auf dem sie sich in diesem Jahr unplugged bis zu den Backstreet Boys durchcoverten. Eine Band, die sich selbst eben nicht ernster nehmen muss, als erforderlich. Erforderlich ist es erst dann, wenn es um die eigenen Songs geht. Die präsentieren I Kissed Captain Hook auf ihrer S/T-EP in einem ordentlich ausproduzierten Melodic-Hardcore-Gewand, bzw. um beim Thema zu bleiben, mit Hook-lastigem Hardcore-Punk und einsetzenden Riff-Gewittern. Mit ihren vier Songs versuchen sie es recht schnell, sich aus dem Untergrund Richtung breitere Masse zu bohren, was keineswegs negativ gemeint sein soll. Wer kann, soll das auch ruhig zeigen. Und I Kissed Captain Hook können.


Power:

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Was kann man schon großartig von einer Band erwarten, die sich selbst Power nennt?! Im Falle des Kieler Quintetts eben genau das. Hemmungslos abgehender Hardcore-Punk, der sich seine Vorbilder aus den 80ern und Früh-90ern zusammensucht, mit seiner Affinität zur unvollkommenen Melodie aber auch etwas mit den frühen Beatsteaks liebäugelt (z. B. der Song "Humanoid Liars"). Und überhaupt klingt alles was die Band bisher so über ihre Instrumenten geschreddert hat, als käme es als mahnender Weckruf direkt aus der Vergangenheit, um den Leuten noch einmal vor Augen zu führen, was Punk einmal ausmachte. Und das, ohne Retro zu wirken. Ende letzten Jahres erschien ihre 12" "Overthrown by Vermin", die auf grünem und schwarzem Vinyl über Horror Business Records erschien, dem Ruhrpotter Hardcore-Punk-Label um Krombacherkellerkinder-Sänger und Not Enough-Gitarrist David Zolda. Eine bessere Adresse hätten sie wohl nicht finden können.
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A State of Grace:

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Fünf Jahre lang spielten sie zusammen als Blind Weasel, bis nach einigen Line-Up-Wechseln und einer Neuordnung der Bandphilosophie schließlich auch ein neuer Bandname her musste. 2009 wagte das Quartett nun also den Neuanfang und ist seither als A State of Grace unterwegs. Und als Nachweis dafür, dass die vier Hanauer nicht nur dem lotterhaften Punk-Dasein fröhnen, stehen bislang schon über 50 Konzerte und ihre 2011 erschienene Debüt-EP "And the Savant Starts to Think..." auf der Habenseite der Band. Diese wurde komplett und nicht überhörbar im Proberaum eingespielt und später von Offpist- und Rotvelt-Bassist Kristoffer Follestad in dessen Cantus Studio abgemischt und gemastert. Heraus gekommen sind fünf Hardcore-Punk-Songs, die nostalgische 80er-UK-Punk-Luft atmen, wobei das leicht verschrobene und kratzige "1-50" gar an kultige Dead Kennedys erinnert. Mit dem letzten Akustik-Song "Big Dipper & The Snow" schweifen A State of Grace dann nochmal mit einer Mundharmonika im Rücken in Richtung Country-Punk ab. Ein Song, der allerdings auch offenbart, dass sich Sänger Sepp, ehemals Schlagzeuger der Alternative-Punks Johnny Hates Rock, deutlich wohler fühlt, wenn ihm seine Kollegen ein höheres Tempo vorgeben. Derzeit arbeiten die vier an ihrem ersten Album, wovon die ersten drei Songs bereits im Kasten sein sollen.



No More Art:

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Zum Abschluss gibt's nochmal eine Art Supergroup, die ich vor allem der noch immer trauernden Masshysteri-Gemeinde ans Herz legen möchte. Dass sich hinter dem 2011 gegründetem Quartett No More Art aus Hamburg keine Anfänger verbergen, merkte man schon dem anfang 2012 erschienenem Demo an, das bereits mit vor Selbstbewusstsein strotzenden Ohrwürmern keine Berührungsängste kannte. Ein Blick hinter die Fassade offenbart dann Namen wie Jessica "Milo" Milone, Multiinstrumentalistin, Songschreiberin und Sängerin, die bereits mit ihrer Punk-Band Rhonda viel Bühnenerfahrung sammeln konnte. Ihre leicht unsichere und zerbrechliche Art als Rosie Tie streift sie als No-More-Art-Sängerin von sich ab und schlüpft stattdessen in die Rolle einer energetischen Rock-Röhre mit ordentlich Punkattitüde. Angefeuert wird sie von Drummer Juan Miguel Pardo (u. A. bei Los Dolares und Etacarinae), No Options Records- und New Dark Age Records-Gründer sowie ehemaliges Mitglied der amerikanischen Anarcho-Crust-Punks Born/Dead (Free-DL's HIER) und der Portländer Punk-Truppe Red Dons (Free-DL's HIER) Will Kenser und Bassist Jonas Ball. Dass ist sicherlich eine ganze Menge Information, kann angesichts der vielen und vor allem langjährigen Einflüsse aber durchaus mal erwähnt werden. Zusammen spielen die vier nun also klassichen und melodiösen Punk im Stile der Adolescents, mit etwas Pop-Punk-Einschlag und somit einen Riesen-Spaß macht. Einzig allein die Tatsache, dass man sich ihre Songs von diversen Split's und 7inches zusammensuchen muss, ist etwas nervig. Aber eine erste LP, die voraussichtlich den Titel "Sorrows of Youth" tragen wird, ist bereits in Arbeit. 


Buy Here, Here, Here & Here


Außerdem

Zentralheizung of Death:

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Ich habe Zentralzeizung of Death, deren Name man auch beliebig mit des Todes verlängern oder auf ZHOD komprimieren kann, erst vor kurzem auf dem Berliner Torstraßen Festival kennengelernt, dem weniger der Charakter eines Straßenfestes als vielmehr einer ausgedehnten Kneipentour inne wohnt. In jedem Fall ist es aber eine Veranstaltung, die Fans von mainstreamartigen Hörgewohnheiten einen großen Bogen um den kultigen Szenebezirk schlagen lässt. In diesem Sinne verteilte sich das Publikum im St. Oberholz an jenem Samstagnachmittag entweder auf neugierige Kulturtouristen, die von der Musik hinter diesem merkwürdigen Namen nun etwas vollkommen anderes erwartet hätten, oder auf Leute, die den infernalen Krach des Thüringer Quintetts bereits kennen und lieben gelernt haben. Beide Parteien konnten jedenfalls eine ausgelassene Show begutachten, bei der die Band in schrägen Outfits und in gewohnt zügelloser Manier auftrat. 2010 erschien ihre Debüt-10" "The Death of Death - Scusi Capitano Kirk" in Eigenregie, welches sieben Songs zählt und nach knapp zwanzig Minuten Spielzeit eine tiefe Furche in den Gehörgängen hinterlässt. Schwer zu sagen, ob es nun Garage-Punk oder Noiserock ist, was den Hauptteil von ZHOD's Musik für sich beansprucht. Auf jeden Fall spielen schneidende Surfgitarren ebenso eine Rolle, wie ein an Tobsucht leidendes Schlagzeug. Mal rein instrumental gehaltene Songs, dann wieder die volle Dröhnung abgedrehten Gesangs oder Gekreische. In diesem Jahr erschien ihre "Busy Ghost"-7", diesmal auf einem Label und in ungewohnt zugänglicher Weise, da sich die drei neuen Songs fast schon am eingängigen Garage Rock orientieren. Die 10" und die 7" sind noch vorrätig, kommen beide aber leider ohne DL-Code. Das "Kneel Before"-Tape ist bereits vergriffen.      

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or mail to: zentralheizungdestodes@gmail.com

Kazimir:

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Wird eine Band ruhiger, gemäßigter, ihre Texte intellektueller, oder nähert sie sich gar den gewohnten Strukturen, ist oftmals zu lesen, sie sei erwachsener geworden. Ein gutes Beispiel dafür dürften wohl Tocotronic darstellen, die sich mittlerweile vollkommen von ihren ungestümen Anfangsjahren verabschiedet und sich der Ernsthaftigkeit zugewandt haben. Wie aber kann man eine Band beurteilen, die bereits seit ihrem ersten Release den mahnenden Zeigefinger in ihren gesellschaftskritischen und emotionalen Texten erhoben hält und dennoch keinen Gedanken daran verschwendet, ihre Dynamik und Energie zu drosseln? Muss man das denn überhaupt beurteilen? Vielleicht auch deshalb betitelten Kazimir ihr zweites Album "Messlattenblues", dessen Song "Rückennummer 0815" diese Thematik am deutlichsten zur Ansprache bringt. Nein, Kazimir wollen diesen Vergelich nicht. Nicht einmal mit den "Altlasten der sogenannten Hamburger Schule" wollen sie in Berührung kommen, was als 3/4-tel Hamburger Band und angesichts dessen, dass man neben Turbostaat-Ausbrüchen tatsächlich auch etwas jugendliche Tocotronic in ihrer Musik wahrnehmen kann, äußerst schwierig sein dürfte. Ihr Debüt-Album "Keine Zeit für Starallüren" verstand es schon ziemlich gut, Emo- bzw. Indie-Punk mit etwas Aggressivität zu vereinen. Auf ihrer selbstveröffentlichten EP "Brokenlande" (Free-DL, bereits HIER besprochen) fand sich plötzlich diese Ballade "Junge küsst Mädchen..." wieder. Allerdings nicht ohne Grund sind es die Songs "Schienenspiel", "Brokenlande" und "Joggen vs. Amoklaufen" von eben genannter EP geworden, die auch auf "Messlattenblues" ihren Platz fanden, da diese dann doch besser ins dynamische Albumkonzept einfließen und sich mühelos mangt den neuen Punk-Hymnen wie beispielsweise "Sternenschießen", "John Hume" oder "Too Big to Fail" einreihen können. Ein tolles Album, dass Eindringlichkeit und Melodie perfekt unter einem Hut vermengt. Glücklicherweise hat dass auch das Hamburger Label My Favourite Chords erkannt, dass "Messlattenblues" auf schwarzem Vinyl (im Gatefold mit Sticker und DL-Code) und als Digipak-CD veröffentlicht.


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Kurzmeldung: Die Darmstädter Punkband Rollergirls will noch in diesem Jahr ihre erste LP veröffentlichen. Die Release-Tour steigt im November (u. A. mit den Wiener Post-Punks Lorraine), danach soll das Album über das Darmstädter Label Fear of Heights erhältlich sein, wo auch schon Rollergirls Gesangs-Debüt-EP "Bombs" (Free-DL HIER) erschien. Es wird das vierte Release des Labels.

Montag, Oktober 14

Taunuszweitausend - Obergeile Selbstzweifel EP


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Es wäre wohl zu viel verlangt, eine Musikgruppe einfach mal anhand ihrer Tags beschreiben zu können. Dann müsste man als Rezensent nicht immer so viel Herumeiern oder sich bis in die undefiniertesten Subgenres hinabgraben. So ganz einfach macht es einem das Hanauer Trio jedenfalls nicht, und dass fängt schon mal mit der bandeigenen Definition ihrer Musik an - "Elektro Laser Dada Pop". Aber auch das trifft den Kern eben nur an seiner fauligsten Stelle, denn wohin und wie weit Taunuszweitausend mit ihrer Debüt-EP "Obergeile Selbstzweifel" kommen wollen, ist ihnen anscheinend selber noch nicht so recht klar. "Kaspar" lautet der erste Song dieser EP, der aus mäandernden Indierock eine mathematische Wissenschaft machen möchte und in schizophrenem Gedudel endet. Soweit, so gut kann ich damit noch leben. Mit den folgenden "Der Demokratische Konsum" und "Liebe" allerdings, weiß ich mich noch nicht so recht anzufreunden. Ersteres beginnt tatsächlich mit den selbstbetitelten Dada-Pop und erinnert mich leider nur an den albernen Comedy-Pop des Berliner Duos Keule (ja genau, die von dem Bundesvision Song Contest!), endet später aber immerhin etwas versöhnlicher. Naja und "Liebe" könnte nicht nur vom Titel her aus dem Reportoire der Söhne Mannheims gegriffen sein. Aber bevor man hier bereits völlig entnervt die STOP-Taste drücken möchte, lohnt es sich tatsächlich noch einen Song weiter zu hören, denn "Desig", der beste Song der EP, knüpft etwas unvorbereitet am ersten Song an und greift dessen verschleierten Post-Rock-Gedanken auf, um den Song in einem tollen Finale explodieren zu lassen. Hier offenbart sich dann auch Taunuszweitausend's sympathischte Seite, nämlich wenn sie etwas nach Hamburger Schule klingen. Dass "Fakten über Fett" ein reiner Indiepop-Song ist und das auch ruhig zeigen darf, ist ebenfalls nicht weiter schlimm. 
Eine Band, die weitaus mehr als zwei Gesichter hat, von der allerdings nicht alle hübsch anzuschauen sind. Den Wortwitz und die Kreativität für spannenden Indierock - oder meinetwegen auch -pop - haben sie bereits für sich gepachtet. Warum also noch Dadaismus?! Für Albernheiten und Peinlichkeiten seid ihr schlichtweg verschwendetes Talent.

Vor kurzem erschien ihre zweite EP "Gestalt von Zeit", die drei neue Songs zählt, die allerdings noch nicht im Stream verfügbar sind. Vielleicht gibt's ja da wieder spannenden Indie. Wer eine von der Band selbstveröffentlichten CD haben möchte, schreibt eine Mail an taunuszweitausend@googlemail.com oder hinterlässt einen Kommentar bei Facebook.

DL Obergeile Selbstzweifel EP
DL Song Pirz

Sonntag, Oktober 13

Herlathing - Alva und die Nachtgespenster + Interview


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Mit ihren beiden EP's "Parasit" und "Inferno" kam die Dark-Metal-Band Herlathing aus Menden bei uns bereits im letzem Jahr kurz zur Ansprache. Ende August diesen Jahres erschien nun ihr Debüt-Album "Alva und die Nachtgespenster" mit etwas Verspätung, dafür - wie bislang all ihre Releases - als Free Download. Eine DIY-Band, die sich in den Dienst des Hörers stellt und die ihre Musik nicht als Job, sondern als Freizeitspaß ansieht. Arbeit machte ihr Album trotzdem, sogar mehr als den beiden lieb war. Und so war es schließlich nicht nur ein langer, sondern vor allem auch mühseliger Weg bis zu dessen Vollendung. Familie, Jobs und ein Umzug, der die beiden Herlathing-Mitglieder fortan 400 km voneinander trennte, führten immer wieder zur Verzögerung des Releases. Ein Umstand, der nicht spurlos am Albumkonzept vorbei gegangen ist. Dennoch erweist sich "Alva und die Nachtgespenster" als ein solides Genrewerk, dass vor allem eines zum Vorschein bringt: nämlich Verständnis für Songstruktur und -wirkung. "Lass mich gehen" und "Nur ein Tropfen Blut" beispielsweise sind Songs, die schaurig-schön und mit toller Melodie sofort ins Ohr wandern. "Parasit" besticht durch eine bedrohlich treibenden Gitarren-Hook, während "Von Fleisch und Blut und Knochensplittern" fast schon von sinfonischem Black Metal getragen wird.

Anlässlich ihres Albums bitten wir Cauldyr (Gesang & Texte) und Clavayn (Gitarre & Programming) zum Interview, in dem sie nicht nur über Höhen und Tiefen in den Entwicklungsphasen von "Alva und die Nachtgespenster"sprechen, sondern uns auch gleich mal den Dark Metal etwas näher bringen.

Hallo Cauldyr, hallo Clavayn. 

Was verbirgt sich hinter den beiden Pseudonymen?
Cauldyr: Cauldyr ist ein alter angelsächsischer Name, den ich vor vielen Jahren als mein Pseudonym auserkoren habe. Eine tiefere Bedeutung steckt nicht dahinter, aberich mochte diesen Namen sofort und fühlte mich irgendwie mit ihm verbunden.
Clavayn: Dieser Name ist eine leichte Abwandlung eines, mir sehr am Herzen liegendenCharakters des Sci-Fi Autoren Alastair Reynolds. Es ist eine rein sentimentale Bedeutung.


Wie lange kennt ihr euch schon und wann habt ihr gemerkt, dass es Zeit für eine gemeinsame Band wird?

Herlathing: Wir kennen uns seit der Schulzeit. Die Liebe zur Musik war damals bereitstief in uns verwurzelt und entwickelte sich im Laufe der Jahre weiter. Wir hörten beide bereits zu dieser Zeitbevorzugt Metal und Hardrock. Anfang der neunziger Jahre entdeckten wir die düstereSeite dieser Musik und tauchten tiefer in die Materie ein. Clavayn kaufte sich eine Gitarre und wirnahmen ein paar Songs auf, damals noch mit einem Kassettenrecorder und in entsprechend schlechterQualität. Als wir dann etwas später weitere Mitstreiter fanden, gründeten wir unsereerste Band namens Beltane.

Mit Beltane, quasi die Herlathing-Vorgänger-Band, habt ihr euch bereits Mitte der Neunziger dem Dark Metal verschrieben, als dieser gerade durch eine Vielzahl stilübergreifender Metal-Bands neu definiert wurde und sich somit als eigenständiger Stil innerhalb der Metal-Szene etablierte. Wer oder was nahm Einfluss auf euch, dass ihr euch damals ausgerechnet dieser noch jungen, unerforschten Sparte zugewandt habt?

Herlathing: Das geschah nicht wirklich bewusst. Anfangs bezeichneten wir unsere Musik noch als Gothic-Metal, stellten später aber fest, dass die, noch recht neue Bezeichnung Dark-Metal wesentlich treffender war, da wir uns vieler Stilrichtungen bedienten. Unsere damaligen Einflüsse/Lieblingsbands waren Rotting Christ, Samael, Lake of Tears, Cemetary, Tiamat, Moonspell und noch viele weitere.

Mit Beltane habt ihr euch vor allem durch Live-Auftritte eine regionale, treue Fangemeinde aufgebaut. Jetzt seid ihr nur noch zu zweit. Wie sieht die Promotion bei Herlathing aus? Kann man euch live erleben?

Herlathing: Live-Auftritte stehen momentan für uns nicht zur Debatte. Für die Promotion nutzen wir die vielfältigen Möglichkeiten, die uns das Internet bietet, verteilen Flyer und CDs und halten engen Kontakt zu unseren Fans. Wir schließen es aber nicht völlig aus, eines schönen Tages nochmal in irgendeiner Form die Bühne zu entern.

Mit seinen vielen, weit in die Tiefe gegliederten Stilen ist der Metal ein sehr komplexes Genre. Allein der Dark Metal greift auf Elemente des Black-/Gothic- und Death-Metals zurück. Die wiederum beziehen ihre Ursprünge und Orientierungspunkte aus anderen Sparten. Läuft man als Metal-Band die Gefahr, vielleicht auch mal das falsche Publikum anzuziehen?

Clavayn: Im Metal ist die Akzeptanz eigentlich recht groß. Wir selbst hören auch von Hardrock bis Black -Metal alles, was das Metal-Spektrum hergibt. Wir stellen ja keine Bedingung an unsere Hörer. Wer uns mag, soll uns hören, Wer nicht, der nicht.
Cauldyr: In musikalischer Hinsicht ist es für eine Dark-Metal-Band in der Tat nur schwer möglich, so etwas wie ein „Falsches Publikum“ anzuziehen. Menschen, die Dark-Metal mögen sind in der Regel recht kompromissbereit und wissen, worauf sie sich einlassen. Diese Tatsache sorgt auch dafür, dass man sich als Dark-Metal-Band nicht so stark abgrenzen muss. Wir sind offen für (fast) jeden, solange er unsere Musik mag. Dazu kommt in unserem Fall ja auch noch die Tatsache, dass man sich irgendwelche Spinner im Internet weitaus leichter vom Hals halten kann, als z.B. auf Konzerten.

Der Dark Metal zeichnet sich vor allem durch eine düstere Grundstimmung aus, wie man ja an eurer Musik und Bandpräsenz ziemlich gut erkennen kann. Wie sieht denn der restliche Tag nach dem Proberaum aus?
Cauldyr: Unser Alltag sieht ziemlich gewöhnlich aus, wir zelebrieren weder irgendwelche satanischen Rituale, noch beschäftigen wir uns damit, rund um die Uhr böse zu sein. Ich denke zudem, dass dies bei den meisten Metal-Bands der Fall ist. Es mag zwar, insbesondere im Black-Metal ein paar Bands geben, die ihr musikalisches Wirken zur Lebensphilosophie erklärt haben, aber so etwas ist eher die Ausnahme. Ich hege zwar auch ein gesteigertes Interesse für düstere Literatur und für Horrorfilme,aber diese Neigung bestimmt keineswegs meinen komplettes Leben.
Clavayn: Meine innere Einstellung ist schon ziemlich düster und spiegelt sich in unserer Musik wieder. Ich denke, das muss auch ein Stück weit so sein, da es sonst nicht authentisch wirkt. Du kannst als reine Frohnatur keinen Dark-Metal machen. Allerdings sind wir nach Außen durchaus Gesellschaftsfähig und schwiegermuttertauglich. Was den Proberaum angeht, den gibt es nicht. Ich nehme die Musik auf und Cauldyr den Gesang. Und das an unterschiedlichen Orten. Dem Internet sei Dank.

Und wie würden euch eure Nachbarn beschreiben?

Clavayn: Meine Nachbarn bestehen momentan zu 100% aus Studenten und die sind einiges gewohnt.
Cauldyr: Meine aktuelle Nachbarschaft lebt gekonnt aneinander vorbei und das finde ich auch gut so. Ich stamme allerdings aus einem kleinen Dorf und meine dortigen Nachbarn sehen mich schon seit vielen Jahren als freundlichen, umgänglichen Menschen, der halt lange Haare hat und meist schwarze Klamotten trägt.


An dieser Stelle erst mal einen herzlichen Glückwunsch zu eurem jüngst erschienenem Debüt-Album, das es in einer streng limitierten Stückzahl auch gleich mal auf CD geschafft hat. Zufrieden mit dem Endprodukt?

Herlathing: Danke. Wir waren wirklich überrascht, dass die CD-Version innerhalb kürzester Zeit komplett vergriffen war und wir möchten uns hiermit nochmal ganz herzlich bei unseren großartigen Fans für die Unterstützung bedanken. Wir sind allerdings mit dem Album nicht zu 100% zufrieden. Kurz vor dem Release musste Clavayn leider berufsbedingt umziehen und somit konnten wir das Album nicht gemeinsam fertigstellen. Das finale Stadium, welches natürlich sehr wichtig für ein Album ist, sollte ursprünglich als Team gemeistert werden. Wir haben beide wenig Ahnung von Mixing und Mastering, ergänzen uns bei solchen Dingen aber immer hervorragend und sind somit meist in der Lage, gemeinsam ein gutes, intuitives Ergebnis zu erzielen. Darauf konnten wir leider in diesem Fall nicht bauen und so haben sich viele kleine Fehler eingeschlichen. Wir wollten den Release aber nicht ein weiteres Mal verschieben und haben getan, was getan werden musste, um die CD endlich zu veröffentlichen. Angesichts der unzähligen Probleme sind wir wirklich stolz auf das Ergebnis.

Im Vergleich zu den überwiegend düsteren und bizarren Themen klingt "Alva und die Nachtgespenster" eher wie eine freundliche Gruselgeschichte für Kinder. Was hat es mit diesem Albumtitel auf sich?

Herlathing: Dieser Titel entstand während eines Brainstormings und gefiel uns damals auf Anhieb, weil er wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge passte. Der ursprüngliche Plan für "Alva Und Die Nachtgespenster" war äußerst komplex. Es sollte ein klassisches Konzeptalbum werden und eine epische Geschichte erzählen. Wir wollten tatsächlich so etwas wie ein Urban-Fantasy-Märchen in musikalischer Form erschaffen und dachten zeitweise sogar über ein Booklet in Comicform nach, welches die Hintergrundgeschichte erzählen sollte. Leider reichten unsere finanziellen Mittel nicht aus, um dies umzusetzen. Dennoch ist das Ergebnis natürlich im weitesten Sinne ein Konzeptalbum und verfügt über einen roten Faden, der sich durch alle Songs zieht. Dieser ist allerdings nicht leicht zu erkennen und wird für unsere Hörer vermutlich nur schwer zu interpretieren sein.

Der Song "Lass mich gehen" handelt von einer schockierenden Familientragödie, die ihr schonungslos durch die Verse tragt. Die Band Eisregen, einer eurer späteren Einflüsse, sang in ihrem Song "Zeit zu Spielen" über die Zerstückelung einer Frau. Sollte man Dark-Metal-Bands in der Nacht lieber nicht über dem Weg laufen?


Cauldyr: Meine Texte sind sicher teilweise etwas extrem, aber sie spiegeln nur das wieder, was in unserer Welt tagtäglich passiert. Diese Dinge sind leider sehr real und sollten nicht nur in psychiatrischen Sitzungen und/oder Horrorfilmen thematisiert werden. Zudem zeigen meine Texte nur jenen kleinen Teil meiner Persönlichkeit, den man als „Dunkle Seite“ bezeichnen könnte. Niemand ist immer nur gut drauf. Entscheidend ist, was man daraus macht. Ich schreibe Texte und versuche somit u.a. auf Missstände aufmerksam zu machen und meine negativen Emotionen in etwas positives zu verwandeln. Unser Album "Alva Und Die Nachtgespenster" verfügt über ein komplexes textliches Konzept, eine Geschichte mit vielen verschiedenen Figuren, in deren Rollen ich schlüpfe. Keine dieser Rollen entspricht mir wirklich, aber in jeder steckt natürlich ein kleines Stück meiner Persönlichkeit. Mir kann man übrigens recht gefahrlos in der Nacht begegnen - Ich tu nichts, ich will nur spielen ;
Clavayn: Ich sehe unsere Musik unter anderem auch als eine Art Therapie. Für mich, für unsere Fans. Man soll über das, was einen bedrückt reden. Dann kann man es verarbeiten und kommt mit dem Leben etwas besser zurecht. Diese „Political Correctness“, die einem verbietet, die Sachen beim Namen zu nennen sorgt nur dafür, alles in sich hineinzufressen. Und dann wundert man sich, dass orientierungslose Jugendliche Amok laufen. Also immer frei raus damit. Nachts sind wir Dark-Metaller übrigens meistens besonders zutraulich ;)

Bis zur Vollendung des Albums verstrichen mehrere Jahre. Warum dauerte es so lange und wie schwer ist es, über einen so langen Zeitraum an einem Konzept festzuhalten?

Clavayn: Unterschiedliche Wohnorte, Job, Kinder, Zeitmangel und Unwissenheit bezüglich der richtigen Herangehensweise an so ein Album mit nur zwei Mann.
Cauldyr: Sowas ist verdammt schwer, insbesondere, wenn man im Laufe der Zeit bemerkt,dass man nicht alles so umsetzen kann, wie man es sich gewünscht hätte. Wie bereits von Clavayn erwähnt, gab es viele Punkte, die uns Probleme bereiteten.  Uns blieben nur zwei Möglichkeiten. Aufgeben oder weitermachen ohne Rücksicht auf Verluste. Wir haben weitergemacht und das Konzept umgesetzt. Nicht perfekt und auch nicht ganz so, wie es geplant war, aber wir haben es geschafft, trotz all der Schwierigkeiten.

Der Song "Swansong" verfolgt euch seit eurer Vorband und hat es nun auch in seiner dritten Version auf's Album geschafft, wo er von einer lieblichen Frauenstimme vorgetragen wird. Wer versteckt sich hinter dieser Stimme?

Herlathing: Dieser Song verfolgt uns tatsächlich schon seit beinahe 2 Jahrzehnten. Damals hatten wir noch eine Sängerin, später (auf der Parasit-EP) übernahm ich dann ihren Part. Kurz bevor unser aktuelles Album fertig wurde, bekamen wir die Möglichkeit, mit der ausgebildeten Sängerin Maredith Placencia zusammenzuarbeiten. So entstand eine weitere Version,die nun auf dem Album zu hören ist.



Im letzten Drittel des Albums kommt es zum Bruch, indem ihr mit sämtlichen Stilen (Industrial, Goth-Rock,usw.) herum experimentiert. Vor allem das letzte Stück "Tanz in den Ruinen" sticht als Punkrock-Nummer hervor. Alles nur experimentelle Ausflüge oder das Preview zum neuen Herlathing-Sound?

Clavayn: Das ist wohl dem Umstand geschuldet, dass das Album über mehrere Jahre entstand und ich auch diversen Stimmungen unterlag. Das hat sich in den Kompositionen natürlich niedergeschlagen. Wir wollen allerdings dem Dark-Metal treu bleiben. Was nicht heißt,dass wir nicht weiterhin den ein oder anderen Ausflug in andere Genres wagen werden.

Cauldyr: "Tanz in den Ruinen" ist unser Kniefall vor dem Punkrock, den wir neben dem Metal bereits seit unzähligen Jahren lieben. Die Grundidee war, den recht negativ belegten Text durch die Musik in einen fröhlichen Mitgröhl-Song zu verwandeln. Beim Songwriting machen wir eigentlich immer das, was uns gerade in den Sinn kommt. Meist entsteht aus den ersten Ideen dann ganz automatisch wieder ein Dark-Metal-Song. 

Apropos. Wird es ein weiteres Album geben?

Cauldyr: Unser großes Ziel war es, ein Album zu veröffentlichen. Dieses Ziel haben wir nun endlich erreicht. Wir haben mit dem Release von "Alva Und Die Nachtgespenster" auch all den musikalischen Ballast der letzten Jahre abwerfen können. Was nun folgt, ist noch ungewiss, aber wir werden definitiv weitermachen. Erstmal gönnen wir uns nun eine kleine Pause und wenn die vorbei ist, werden wir anfangen neue Songs zu schreiben. Vermutlich wird es 2014 eine Single oder sogar eine EP geben. Eine komplette Überarbeitung des Alva-Albums ist eine weitere Option, allerdings eher auf lange Sicht.
Clavayn: Es ist nicht so, als hätte ich nicht bereits neues Material für neue Songs. Und sollten wir ein weiteres Album realisieren, wird es diesmal schneller vonstattengehen. Jetzt wissen wir ja, auf was wir achten müssen.

Wollt ihr noch etwas sagen?

Herlathing: Das wäre wohl die Stelle, an der wir sagen sollten "Saugt euch unser neues Album gratis unter: http://herlathingband.bandcamp.com, besucht unsere Facebook-Seite: https://www.facebook.com/Herlathing" und sagt am besten auch gleich euren Freunden bescheid...
Da wir eben dies ja nun bereits ganz unauffällig erledigt haben, möchten wir uns natürlich noch ganz herzlich bei dir für das Interview bedanken und es mit einem kleinen Zitat aus einem unserer Lieblingsfilme abschließen: „Bunt ist das Dasein und granatenstark, volle Kanne Hoschi!“

Vielen Dank für das Interview.

Montag, Oktober 7

Der Bandcamp-Hardcore Vol.17

La Casa Fantom:

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Dass zwei Musiker manchmal mehr Krach machen können als eine ganze Kapelle, wissen wir hierzulande spätestens seit Dyse. Das norwegische Duo La Casa Fantom bewaffnet sich lediglich mit Bass und Schlagzeug und führt diese auf's dronige Schlachtfeld, um mit ihnen zermalmende Hirnf**k-Orgien zu feiern, die je nach Belastbarkeit des Hörers entweder zum Hirntod oder zum Höhepunkt führen. Ihr 2001er Debüt "Serum" spielten sie noch mit einem Drumkit und einem 4-Track-Tape-Recorder ein und wurde im heimischen Wohnzimmer aufgenommen. Mittlerweile besitzen die zwei Osloer nicht nur ihr eigenes Tonstudio, sondern basteln sich für die dronigen Klangmonstren ihre eigenen Amps zusammen. Das bringt zwar mehr Wumms, aber nicht unbedingt mehr Ordnung ins Chaos. Vom Experiment etwas entrückt und gleichzeitig den klaren Strukturen annähernd, kam ihr 2011er Album "Selection by Elimination" daher, auf dem ihre Affinität zu Metal, Punk und Hardcore bislang am deutlichsten hervor schimmerte. Bis 2012 schließlich "Feed My Silence", das in seinem Titel dennoch arglistig über den Albuminhalt hinweg täuscht, einen noch größeren Schritt Richtung Zugänglichkeit wagte. Natürlich immer noch alles andere als leicht verdaulich, in jedem Fall aber höchst interessant und spannend. Ihren Stil übrigens bezeichnen Lars und Bård als "Drum'n'Bass". Auch das ist arglistig.


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Our Man in Marrakesh:

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"Our Man in Marrakesh" lautet der Originaltitel einer 1966 entstandenen Verwechslungskomödie u. A. mit Senta Berger und Klaus Kinski. Our Man in Marrakesh lautet auch der Bandname einer deutschen Post-Hardcore-Truppe, die in den Jahren 2010 und 2011 aktiv war. Trotz ihrer Kurzlebigkeit hinterließ die Band praktisch zeitgleich mit ihrer Auflösung ihr Debüt- und gleichzeitig auch einziges Release, welches seit je her auf Bandcamp zum Free-Download zur Verfügung steht. Vier Songs befinden sich auf ihrer S/T-EP, in denen die Jungs wahnwitzige, mathige Sprunghaftigkeit á la Dillinger Escape Plan mit der progressiven Unberechenbarkeit von Protest the Hero vermengen. Das hat man in dieser Art hierzulande selten so gehört, und somit ist es nicht nur verwunderlich, sondern vor allem auch verdammt schade, dass sie sich nach so kurzer Zeit wieder trennten. Immerhin haben sich die Mitglieder mit Bands wie Cannon for Cordoba und The Tidal Sleep nicht vollkommen von der Musik verabschiedet.

DL S/T EP

Snakes & Lions:

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In ihrem Bandnamen stellen Snakes & Lions aus dem Raum Wiesbaden die Attribute GUT und BÖSE gegen einander auf. In ihren überwiegend persönlich gehaltenen Texten verhält es sich ähnlich, indem sie Schicksalsschläge, innere Konflikte und Ängste in ihren düsteren und bedrohlichen Songs auftürmen, die aber nicht immer nur Hoffnungslosigkeit oder Depressionen hinterlassen. Manchmal etwas zähflüssiger, an anderer Stelle dafür pure, in Melodie umgewandelte Energie und somit vor allem für Fans von Defeater, La Dispute & Co. zum Weiterhören empfohlen. Kurz vor ihrer September-Tour, die die Band u. A. nach Ungarn, Kroatien, Italien und Frankreich lotste, erschien ihre zweite EP "Among Falling Stars and Rising Tides", die man sich derzeit noch für eine festgeschriebene Ablöse von 5,- EUR über Bandcamp saugen kann. Nach der Tour soll diese ebenfalls als Spendendownload erhältlich sein und somit dem Prinzip ihrer "Untitled"-Debüt-EP und dem "Waterfront Demo" folgen. Alternative: kauft euch das auf 50 Stück limitierte, handnummerierte Tour-Tape,  das zusätzlich noch die "Untitled"-EP beinhaltet und ebenfalls lasche 5,- EUR kostet.


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Svffer:

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Eigentlich dürften die Credits schon ausreichen, um den geneigten Hörer mindestens zwei offene Ohren abzuverlangen: Da wäre zum einen Die Tonmeisterei, die abermals dem hoffnungsvollen Hardcore-Nachwuchs einen würdigen Einstand bescherte; veröffentlicht wird ihre Debüt-7inch (100x weiß, 400x schwarz) über Vendetta und Narshardaa sowie als Tape über Colossus Tapes; involviert sind u. A. Mitglieder von Unrest und Alpinist. Das Quartett Svffer aus Münster spielt emotional düsteren und depressiven Hardcore, der hakenschlagend und mit Affenzahn Richtung Grindcore und Emoviolence rast. Für dieses Jahr ist außerdem eine Split mit den Plauener Hardcore-Punks Tsarweather (Free-DL HIER, kaufe HIER) geplant, die ebenfalls über Vendetta erscheinen soll. Die Frage, welches Geschlecht sich hinter dem Mikrofon verbirgt, dürft ihr gerne selbst herausfinden.


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Øjne:

  

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Wow! Was für ein HAMMER-Debüt, um es mal im Slang jugendlicher Euphorie auszudrücken. Das italienische Quintett Øjne aus Mailand existiert bereits seit 2011 und schaffte es bis Mitte 2012 auf fünf eigene Songs, die sie in Eigenregie aufnahmen. Mit freund(schaft)licher Unterstützung der beiden Labels Stereo Dasein (u. A. Vertrieb-Label von Hauke Henkel und Manku Kapak, Free-DL's HIER) und Pike Records wurden diese nun auf die Debüt-EP "Undici/Dodici" gepackt. Mit ihrem Mix aus herben Screamo und Post-Hardcore setzen Øjne zwar auf altbewährte Strukturen, sodass man nicht einmal großartig außerhalb der italienischen Landesgrenzen nach Referenzen suchen muss, denkt man an Bands wie La Quite oder Raein. Dennoch stellen Øjne ihr Talent für eingängige Melodien eindrucksvoll unter Beweis, die sie mit vielen Breaks und überraschenden Wendungen aneinander reihen. Bestes Beispiel (und vielleicht auch bester Song) ist der Opener "Glasgow", der in seinen fünf Minuten Spielzeit von schreddernd bis melancholisch dermaßen viele Phasen durchläuft und sich schließlich zum furiosem Finale hochschaukelt. Im Oktober/November 2013 soll "Undici/Dodici" in Kooperation mehrerer Labels auch auf Vinyl erscheinen.

DL Undici/Dodici EP Here & Here

Awake the Mutes:

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Mal wieder etwas Metalcore gefällig? Hier, bitte schön! Das Mainzer Quintett Awake the Mutes hauchen dem in Verruf geratenem Genre zwar nicht unbedingt neues Leben ein, versuchen es aber immerhin wieder ein Stück weit ins rechte Licht zu rücken. Genrefans freuen sich über wuchtige Breakdowns und fieses Geshoute, technisch versiert und druckvoll aus den Boxen quellend. Gelegentlich mit Chören, die vor allem die melodischen Parts anfeuern. Sechs Songs beherbergt ihre diesjährig erschienene zweite EP "Changes", bei dessen Opener "Less Thinking" Simon Friedl, Frontmann der Darmstädter Hardcore-Punk-Truppe Nothings Left, mitmischte.



DL Changes EP Here & Here

This April Scenery:

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Nach dem Album ist vor dem Album. Mitte letzten Jahres debütierte das Düsseldorfer Quartett This April Scenery mit ihrem Album "Absence Makes the Heart Grow Fonder" (Stream & Buy HIER). Ein Album, das es sich in den Bereichen Indie, Progressive, Shoegaze und Emo(-core) gleichermaßen gemütlich machte und die Band somit vor allem sturen Stil-Puristen sicherlich einige Falten auf die Stirn zauberte. Für diejenigen hingegen, die das Verschwimmen von Grenzen, das Einbetten von eingängigen Melodien und leicht unterkühlter Atmosphäre in komplexen Strukturen als Herausforderung annahmen, notierten sich This April Scenery auf ihren Merkzettel. Fast ein Jahr mussten diese nun auf ein Lebenszeichen der Band warten, bis sich diese im März 2013 mit einer neuen EP zu Wort meldete. "Concrete Garden" zählt zwei neue Songs (plus vier Remixe des letzten Songs "The Electric Girl"), die nicht nur als Anheizer für ihr kommendes Album ins Rennen geschickt werden, sondern dessen Erlös aus dem Spendendownload auch direkt in die Produktion einfließen soll. In veränderter Formation erfindet sich die Band zwar nicht neu, wirkt stellenweise aber etwas fiebriger und ausschweifender als auf ihrem Debüt, nimmt dabei den stürmischen Fahrtwind von Circa Survive auf und erinnert an handzahme Fall of Troy oder weniger nervöse Mutiny on the Bounty. "Concrete Garden" gibt's physikalisch in sympathischer Demo-Selfmade-Variante. Wer das Debüt-Album als CD bestellt, bekommt kostenlos den Midsummer-Sampler "Listen Up, Kids! Vol.10" (siehe HIER) mit ins Haus geliefert.


Buy Here
  
Hyëna:

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Ob es nun gewollt war oder nicht, oder einfach bloß billigend in Kauf genommen, dass sich das Quartett aus dem AJZ-Bielefeld-Umfeld wohl am treffendsten mit den Eigenschaften des im Namen getragenen Raubtieres beschreiben lässt. Leben müssen sie damit spätestens seit ihrer Debüt-7" "Breathing Death Rotting Flesh", ein dreckiger und räudiger Hardcore-Punk-Bastard, der sich mit arglistig schleppendem Doom an seinen Opfern heranschleicht und mit angriffslustigen Riffs über sie herfällt. Mit "Schemes" versuchen sie nun etwas größere Beute anzulocken, ködern die Hardcore-Gemeinde zusätzlich mit einigen Powerviolence- und Trash-Einlagen und servieren ihr 13-Gänge-Menü in Windeseile. Wie schon mit ihrer 7", die über das von Sidetracked-Mitgliedern gegründete Label Rising Riot Records erschien, schlafen sich Hyëna auch mit ihrem ersten Album durch die kleinen DIY-Label und hinterlassen dort wo es gerade passt ein physikalisches Release. So erschien das auf 50 Stück limitierte und bereits vergriffene "Schemes"-Demotape über Puzzle Records, wohingegen das geplante Vinyl im Herbst 2013 die Release-Disco von Fucking Kill Records und Sengaja Records um einen Eintrag erweitern soll. 


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Å∫†:

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Zeitgleich mit der Veröffentlichung der Debüt-EP "Discovery" der Würzburger Screamo-Band Dearest, feierte das kleine Ulmer Label Alcoves Records (u. A. JTZT!, Mahlstrom) gerade erst seinen ersten Geburtstag. Bereits kurz zuvor war zu lesen, dass die beiden Label-Betreiber auch an dem Debüt ihrer eigenen Band arbeiten, welches schließlich im August als Spendendownload auf Bandcamp erschien und später auch als Tape seine physikalische Vollendung fand. Mit ihrer S/T-EP setzen Å∫† nun ein dickes Ausrufezeichen und zeigen, dass sie nicht nur mit der Auswahl ihrer Labelsprosse ein treffsicheres Händchen beweisen. Droniger Black Metal, der in seiner reduzierten Art und dem immer wieder aufquellendem Bollwerk ein flaues Gefühl im Bauch hinterlässt und sich somit im Stromschnellen-ärmeren Fahrwasser von Nachtmystium wohl fühlt. 


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Außerdem

Citizen:

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Die einen sagen Grunge, die anderen Emo, während sich die Band selbst vom Alternative beeinflusst sieht. Immerhin lässt die Zeitangabe, die in etwa in den 90ern liegen dürfte, die getrennten Lager gemeinsam in den Armen liegen. Dem jungen Quartett aus Michigan dürfte dieser Umstand egal sein, solange sich die Leute überhaupt ihren Kopf über ihre Musik zerbrechen. Und das tun sie nicht erst seit ihrem ersten Album "Youth", dem dritten Citizen-Release auf Run for Cover Records. Mit dem Opener "Roam the Room" kommt das Album recht dynamisch aus den Startlöchern und platziert mangt dem melancholischem Gesang ein paar gezielte Shouts. Titel wie "The Night I Drove Alone" oder "Figure You Out" zeigen aber auch, dass eben nicht alles so flauschig gemütlich ist, wie einem das Cover weismachen will. Spätestens wenn Sänger Mat Kerekes im Song "Sick and Impatient" mit sanft flehender Stimme fragt "WILL YOU SAVE MY LIFE TONIGHT?", dann geht das mindestens genauso unter die Haut wie Brand New's Song "Limousine", wo mit den Worten "THIS SIGNAL INTERRUPTS MY BABY'S FREQUENCY..." plötzlich alle emotionalen Dämme eingerissen werden. Nur kriegen das Citizen eben wesentlich eingängiger hin, ohne Ausschweifungen oder künstlichem Bombast, dafür mit jugendlicher Unbeschwertheit und der Selbstsicherheit für Ohrwurm-Melodien. Ein leicht konsumierbares Album für die wärmeren Tage im Jahr, was euch allerdings nicht davon abhalten soll, "Youth" trotz Einzug des Herbstes anzutesten.


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O' Brother:

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Mit ihrem 2011er-Debüt-Album "Garden Window" setzte die fünf-köpfige Band aus Atlanta bereits ein beachtliches Ausrufezeichen, hielt sich mit ihm aber auch mehrere Möglichkeiten für das zweite offen, dem Fans nun entweder mit großer Vorfreude entgegen fieberten oder sie mit starker Befürchtung zittern ließ. Was es letztendlich auf "Disillusion" zu hören gibt, dürfte beide Parteien gleichermaßen erstaunen lassen, denn das Album erweist sich als klares Statement der Band, sich weder auf ihren Status ausruhen, noch irgendwelche Post-Hardcore-Klischees bedienen zu wollen. Somit ist es auch gar nicht weiter schlimm, dass der überfüllte Schnellzug um Passagiere wie Touché Amoré, Modern Life is War, Defeater & Co., spurlos an O' Brother vorbei gezischt ist. "Disillusion" ist ein atmosphärisch düsterer und komplexer Brocken geworden. Kein Hardcore-Album für Zwischendurch, sondern eines, dass vom Hörer die selbe Hingabe fordert, mit der O' Brother dieses Album ausgetüftelt haben. "Parasitical" und "Transience" sind dabei vielleicht die einzigen beiden Songs, die man vom Albumkonzept losgelöst und separat konsumieren kann. Die rsetlichen acht Songs würden eher wie herausgerissene Fetzen wirken, denen man der nötigen Zeit zur nachhaltigen Entfaltung beraubt hätte. Dass "Disillusion" zu keiner Zeit statisch wirkt, ist neben der gekonnt in Szene gesetzten Instrumentierung vor allem Sänger Tanner Merritt zu verdanken, der nicht nur zeigt, dass er die Zähne fletschen kann, sondern im Opener "Come Into the Divide" und letzten Song "Radiance" mit seiner Stimme die Umlaufbahn verlässt. "Disillusion" ist definitiv ein Highlight des Jahres 2013.


Buy Here & Here

Jahres-Sampler