Samstag, Februar 16

Die Bandcamp-Punks Vol. 31

Bruised Willies - Dark Humour



Die Südost-asiatische Insel-Kette war für mich in musikalischer Hinsicht bislang nicht sonderlich interessant, mit Ausnahme des malaiischen Labels Utarid Tapes natürlich, das aufgrund gemeinsamer musikalischer Interessen kontinuierliche Beziehungen auch zu deutschen Labels pflegt (u. A. Time As A Color, Moment Of Collapse). Bruised Willies haben damit direkt erstmal recht wenig zu tun, fördern mit ihrer dritten EP nun aber auch schon über zwei Releases die deutsch-asiatische Freundschaft. Wie zuvor schon "John Malkovich Was Great As John Malkovich In Being John Malkovich", erscheint auch "Dark Humour" als Co-Release der Labels Dangerous Goods und Dingleberry Records. Und wie bereits Bandname und Titel der Vorgänger-EP zeigen, erweisen sich die drei Singapurer als wahre Cineasten, was auch auf der neuen EP in Form von schwarz-humorigen Zitaten aus Filmen wie "Grosse Point Blank", "7 Psychos" oder "Kiss Kiss Bang Bang" zum Ausdruck kommt. Musikalisch bewegen sich Bruised Willies ziemlich straight zwischen Emo, Punk, Alternative und Post-Grunge mit ganz viel Pop-Punk-Affinität. Das ist zwar nichts Neues und erinnert ungeniert an Größen wie Citizen und Cloud Nothings oder auch Vertreter hierzulande (Pool Rules, Oat), bringt aber eine Menge Spaß mit. Und eben das, ist auch das erklärte Ziel dieser Spaßtruppe aus Szene-bekannten Musikern von Bands wie The Caulfield Cult, To Hell With You und Abolition A.D.. Nicht mehr und nicht weniger.


DL "Dark Humour"

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Disgusting News - Demo

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Auf wesentlich pissigeren, aber keineswegs melodieärmeren Pfaden wandelt die Band Disgusting News, die im Sommer dieses Jahres mit ihrer Demo-EP debütierte, deren Sound der dunklen Jahreszeit aber irgendwie besser zu Gesicht steht. Die Band aus Bielefeld, die sich den Drummer mit der noisigen Hardcore-Punk-Band Phantom Pain teilt, vermittelt vor allem lyrisch viel aggressive Anti-Haltung, die sicher auch im ortsansässigen AJZ viel Anklang finden dürfte. Dazu ein herrlich manisch-wirbelndes Schlagzeug, in die Prärie galoppierende, dreckige Gitarren und eine Sängerin, die echauffiert Gift und Galle spuckt und dabei gelegentlich Rückendeckung ihrer nicht weniger angepissten männlichen Kollegen erhält. So und nicht anders, sollte Punk klingen, der ernst genommen werden will.
Mit Hilfe von No Firecracker, Please, veröffentlichte das nordrhein-westfälische Quartett sein Demo auf Tape. 

DL "Demo" Here & Here

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Lunch Break - Demo 2018


Herrlich angespisst klingt auch der heisere Schreihals hinter dem Mikro von Lunch Break. Das Berliner Trio, dem zwei ex-Sleep Routines angehören, spielt rotzig-schnellen Hardcore-Punk mit einem Hauch von D-Beat und Crust, der mich vor allem in den rockig-überschäumenden, melodischen Parts wie in "Wrongnorw", "Radar Love II" und "Solving Strategies" an die dänischen Crust-Punks Parasight erinnert. Übrigens genauso eilig scheinen es die drei Hauptstädter auch zu haben, die die neun Songs ihres Debüt-Demos in der gleichen Zeit über die Bühne bringen, wie oben genannte Disgusting News die sechs ihres eigenen. Und die lagen mit knapp 9 ½ Minuten schon gut in der Zeit. 
Bis auf den PWYW-Download auf Bandcamp, sind derzeit nicht wirklich viele Infos über Lunch Break im Netz zu finden. Aber sowohl das kultige Cover (ich liebe diese verdammte Frühstück-Szene) als auch der kurze musikalische Amoklauf, hätten zumindest ein Tape-Release mehr als verdient.

DL "Demo 2018"



Bomb Out - Bomb Out

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Dritte EP des 2013 gegründeten Quartetts Bomb Out. Das Berliner Underground-Star-Ensemble um (ehemalige) Mitglieder von Fabrik Fabrik, Sleep Routine, New Golden und somit auch aus dem näheren Henry Fonda/Ancst/Afterlife Kids-Umfeld, serviert uns auf der selbstbetitelten EP vier gewohnt eingängige und äußerst aggressive Hardcore-Smasher, die im Moshpit garantiert für eine unangenehme und schmerzhafte Rudelbildung sorgen dürften. Straight in your face, lautet hier wohl die Attitüde. Nur gut, dass diese Jungs ihre Herzen am linken Fleck tragen, da verzeiht mensch dann gerne auch mal einige platt-gedroschene Phrasen. Zumal "Bomb Out" zu guter Letzt mit dem Chab Loozy-Rap-Feature "Kein Pardon" nochmals ordentlich hinlangt.


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Gilb - Tape 1


Na wenn das mal kein gewollter Flashback ist... . Vieles auf Gilb's Debüt-EP "Tape 1" klingt wohl-wollend vertraut. Noisige, fast schon surfige Schrammelgitarren, die das solide und um Ordnung bemühte Drum-Bass-Fundament immer wieder aus der Ruhe bringen und hektisches Weirdo-Geschreie, sind die simplen wie effektiven Bausteine dieses katharsischen Garage-Hardcore-Punk-Gebräus. Sechs Songs, die in knapp neun Minuten weniger um Schönklang, als vielmehr um ein ausgelassenes AZ-Feeling bemüht sind.
Freunde des Flennen-Kollektives wissen unlängst, dass sich hinter Gilb umtriebige Gesichter aus Berliner Kombos wie Zelf, Pigeon, Molde und Pretty Hurts verbergen und zudem 3/4tel Deltoids, was optisch (Tape-Cover) wie musikalisch einige Parallelen offenbart.

DL "Tape 1"



Videowelt - Benediction

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Mit der ebenfalls aus Berlin stammenden Band Videowelt, folgt ein Vertreter aus dem Umfeld des Flennen-nahen Labels Spaeti Palace. Videowelt ist ein audio-visuelles Musikprojekt von Alex Roth (Yoga, Redakteur bei Tausend Ebenen), der sich für die musikalsiche Umsetzung u. A. Billy Billfred  von Trucks und Benjamin Wild aka DJ Dingo Susi auf die Bühne holte. So ist es nicht überraschend, dass auch in akustischer Hinsicht über die Debüt-EP "Benediction" ein künstlerischer wie experimenteller Charakter schwebt, der sich glücklicher Weise nicht zu tief in Spielereien verstrickt. 
Stilelemente aus Drone, Doom, Lo-Fi und Noise fordern von der Hörerschaft zwar eine gewisse a-puristische Offenheit ein. Auf der Basis von eingängigem Post-Punk, liefert das Quartett mit "Seventeen", "Televangelism" und dem Titeltrack dennoch einige melodische Songs zum Mitwippen ab.

DL "Benediction"



Freidenkeralarm - Nie Wieder Faschismus

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Kennt hier noch jemand diese intellektuelle Emo-Indie-Ska-Punk-Band Tut Das Not? Ich war jedenfalls ziemlich von derem Album "Bildfänger" angetan, was wahrscheinlich aber auch an der damaligen Zeit lag, in der ich meine Ohren mit viel Deutsch-Indie(-pop) á la Tomte, Tocotronic, Samba und Schrottgrenze weichspülte. Jedenfalls hat sich die Trierer Band Freidenkeralarm nach dem scheinbar auf Spotify beliebtesten Song eingangs erwähnter Band benannt, wobei wir die Suche nach weiteren Gemeinsamkeiten auch schon wieder getrost einstellen können.
Das Trio aus der ältesten Stadt Deutschlands (ja, wir sind stets um etwas Rucksackwissen bemüht) spielt munteren wie melodiösen Punkrock. Ihre zweite, ebenfalls im letzten Jahr erschienene EP "Nie wieder Faschismus" richtet sich konzeptionell über fünf Songs gegen braunes Gedankengut, mal direkter, mal ironisch oder Klischee-bedienend. Die Marschroute ist von Anfang an klar und mündet stets in eingängige Singalongs. Das hier hat Potential zu mehr, 2018 war zumindest das Ertrag-reichste Jahr der Ende 2016 gegründeten Band. Mal schauen, was Freidenkerlalarm 2019 noch so alles reißen können.

DL "Nie wieder Faschismus"



Limp Blitzkrieg - Koniec Kraju Polska

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Nicht nur wir sehen uns mit einem zunehmenden Rechtsruck konfrontiert, auch die polnische Bevölkerung muss spätestens seit 2015 miterleben, wie durch die rechts-konservative Partei PiS die Demokratie Stück für Stück aus der eigenen Verfassung gedrängt wird. 
Die in Polen beheimatete Band Limp Blitzkrieg hat mit ihrem zweiten Longplayer darauf nur eine Antwort - "Koniec Kraju Polska", zu deutsch: "Nieder mit dem polnischen Staat". 
Mit wütendem Hardcore-Punk keift das Warschauer Quartett gegen Diskriminierung, Patriotismus und rechte Tendenzen, aber auch gegen die Gemütlichkeit der Punk-Szene. Der grundlegende Queer-Gedanke der Band, der vor allem durch die Galle-speiende Frontfrau versprüht wird, findet schlussendlich Fromvollendung im Alex Freiheit (Siksa) - Feature "Dobre Rady" und Limp Wrist-Cover "The Ode".

DL "Koniec Kraju Polska"

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Knarre - Live Demo (Epple, 23.06.18)

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Und als seichten Abgang zum Schluss bekommt ihr nochmal eine rohe Schippe Rumpelpunk serviert. Eigentlich bin ich auf das Quartett Knarre aus Baden-Württemberg auch nur aufgrund meiner Recherchen zur gleichnamigen Berliner Skramz-Pop-Band gestoßen. Doch statt Balsam für die Ohren, durchdrang meine selbigen überraschender Weise kakophonischer wie ironischer als auch herrlich angepisst-direkter Deutschpunk, der mich vor allem wegen des schräg-krächzenden Gesangs nicht selten an Mann kackt sich in die Hose erinnert. Schön rumpelig, knarzend und einige nette Hook-Fetzen, die scheinbar vom übermäßigen Bierkonsum oder fehlendem Talent immer wieder verrissen werden. Vielleicht ist das ja auch einfach bloß Angst vorm Schönklang. Egal. Molle her, Nacken dehn, Pogen gehn!

DL "Live Demo (Epple, 23.06.18)"

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