Freitag, Januar 24

Vögel die Erde essen - Self Titled 10"



Irgendwann ist bestimmt jeder mal auf eine Band gestoßen, die für sich einen seltsamen Namen auserkoren hat. Meistens stellt man sich dann darauf ein, dass es durchaus etwas extravaganter zugehen könnte. Manchmal ist man vom Resultat überrascht, ja vielleicht sogar erschrocken oder auch angewidert. Oder die Musik steuert in eine vollkommen andere Richtung als erwartet. Die Faustregel könnte somit lauten: Je komischer der Bandname, desto komischer auch die Musik.

Vögel die Erde essen. Zunächst einmal dürfte mit Erde essenden Vögeln grundsätzlich etwas nicht stimmen, picken die ja bekanntlich lieber am Hirsekolben oder fressen, je nach Gattung und Größe, untergeordnete Artgenossen. Im islamischen Glauben sei dieses Phänomen ein Zeichen für die bevorstehende Apokalypse, wie VdEe-Gitarrist Moritz Bossmann von einem Koranschüler erfahren haben will. Im Falle des Berliner Trios Vögel die Erde essen macht es also durchaus Sinn, schon beim Bandnamen den Kopf anzustrengen und diesen nicht nur als reine Laune der Musiker zu deklarieren.

Anstrengend und apokalyptisch sind vielleicht auch die beiden Schlüsselwörter, die für eine Beschreibung ihrer Musik unumgänglich sind. Das zehn-minütige "Schneckendasein" in etwa, stampft zu Beginn mit bedrohlichem Riff und knarzenden Rückkopplungen auf, täuscht zur Mitte hin eine sanfte Indie-Versöhnung an und feiert schließlich doch den kolossalen und tosenden Einzug in den Black Metal, ehe sich der Song über vier Minuten lang durch Improvisationsgefrickel zum Ende quält. Das vermag zwar nicht unbedingt den Weltuntergang zu veranlassen, stellt jedoch vermutlich so ziemlich jede bisher dagewesene Punkmutation in den Schatten. Und so etwas funktioniert eben auch bloß im Punk, obwohl man sich sicher darüber streiten kann, welche Sparte nun den größten Einfluss auf Vögel die Erde essen ausübt. Die Video-Single "Hitchcock", das metallastige und trotzdem seltsam poppige "Sixteen Tons" und dessen soulige Erweiterung "Schiffe versenken", solidarisieren sich mittels aufgewühlten Sprechgesangs mit dem Hip Hop und erinnern - wenn überhaupt - vor allem durch den homophonischen Gesang an ehemalige Test Icicles. Bossmann, der zuvor bei der Progressive-Metal-Band Unsoul die Gitarre schredderte, konnte sich ähnlich, wenn auch anders, bereits bei Die Tentakel von Delphi auslassen, einem eigens für Käptn Peng rekrutierten Background-Kollektiv. Ihm dürften es Vögel die Erde essen auch zu verdanken haben, dass sie mit ihrer selbstbetitelten Debüt-EP gleich mal bei Kreismusik gelandet sind, das CD's und pinke Vinyls pressen ließ.

Vögel die Erde essen sind sicher nicht der Kloß im Hals, an dem man ersticken wird. Einige werden ihn sofort wieder ausspucken, andere ihn herunterwürgen und erst später auf den Geschmack kommen. Und wiederum andere werden vielleicht sogar behaupten, es sei der beste Kloß seit langem gewesen. Guten Appetit.


Bandcamp (Song "Hitchcock" for free)


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