Freitag, September 28

Elektropunk geht in die nächste Runde: Endigital Rec. veröffentlicht das DiskoCrunch-Debút



Okay, genug harter Hardcore. Widmen wir uns wieder dem Genre, das unseren Blog bekannt gemacht hat: Deutschlandverbrennender und naziwegpogender Ravepunk - Einige wollen es am Liebsten gleich mit Audiolith beim Namen nennen, was ja eigentlich falsch ist.

Und trotzdem: In Deutschland entwickelte sich dieser Szenekreis in der Nähe der Reeperbahn und dort entstand auch die Band DiskoCrunch um die es hier gehen soll. Einigen sollte diese Truppe bereits ein Begriff sein, denn sie remixten ein paar der besten Hits, die aus dem Hause Audiolith kommen und durften auch als Vorband von Egotronic und Kompanen dienen.

In diesem Rahmen spielte man auch einige eigene Songs, die es nun endlich physisch gibt. Obwohl das passende Label dazu quasi direkt vor der eigenen Haustür saß, gab es einige Komplikationen und Endi von Egotronic machte Anfang des Jahres spontan den Vorschlag: "Ich veröffentliche euer Album!". Auf einmal ging alles rasend schnell. Das Label Endigital Rec. stand Mitte des Jahres und nun wird die selftitled Platte von DiskoCrunch veröffentlicht. Das 8-bit-lastige Basselectro Teil, das enorm an Das Flug erinnert, gibts als sehr cool aufgemachte Vinyl-CD in rot oder schwarz für grade Mal 8 Euronen. Bestellen kann man mit einer Mail an endigital@web.de. Alles was drin stehen muss ist eure Adresse und die gewünschte Farbe.

Ihr könnt euch nicht entscheiden? Hört erstmal das komplette Album auf Soundcloud:


Endigital Rec.
DiskoCrunch
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Donnerstag, September 27

No Chance for False ScrEaMO



Anteater

Es wird halt nicht langweilig im deutschen Hardcoreuntergrund: Anteater sind vier Paderborner und ein Bielefelder, die sich seit Ende 2011 nicht nur einen gemeinsamen Proberaum, sondern auch die Leidenschaft für intensiven Screamo, teilen. Die Band ist emanzipiert genug, ihre einzige Frau gleich mal hinters Mikro zu stellen. Sängerin Hanna wiederum bedankt sich mit der selbstbewussten Haltung, so manchen männlichen Kollegen an die Wand schreien zu können. Das stellt sie bereits im ersten Song "Above Than Beside Me", der übrigens das Thema Sexismus behandelt, eindrucksvoll unter Beweis. Und hätte ich mich vorher nicht belesen, ich hätte diesem Schreihals keine Brüste zugetraut. Mit Kapitalismus und leeren Versprechungen, knöpft sich die Band auch einige gesellschaftskritische Themen vor, was dem Ganzen etwas Punkattitüde verleiht. In anderen Songs hingegen werden eigene Gefühle, wie Einsamkeit und Verlustängste, verarbeitet. Hierin besteht vielleicht noch die einzige Schwäche der Band, da es am Ende dann doch ein paar "You Said" und "I Said" zu viel sind, an anderer Stelle einige Verse regelrecht in die Instrumentierung reingezwungen werden. Ist im Screamo aber wahrscheinlich eh bloß zweitrangig. Dafür sitzen Riff und Melodie umso treffsicherer. Zudem beweist die Band ein gutes Gespür dafür, auch mal das Tempo herauszunehmen und Sängerin Hanna ihre Stimmbänder etwas entlasten kann. Besonders toll wirkt das im letzten Song "Solutions, Decisions", wo sich die Sängerin fast schon manisch in den Song hineinsteigert, bis hin zum verzweifelten Ausbruch. Tolles Debüt. Ende des Jahres soll dann ihr erstes Album erscheinen. Na dann!




We Had A Deal

Die vierköpfige Band We Had A Deal aus Stuttgart veröffentlichte seit 2008 bislang zwei Alben und zwei EP's. Ihrer eigenen Klassifizierung nach, spielen die Jungs 90ger-Jahre-Screamo, kombiniert mit Hardcore und etwas Punk. Vor allem die Zeitangabe spielt eine wesentliche Rolle, denn in der Tat hört es sich so an, als würde die Band noch immer in den 90gern feststecken. Eine Zeit, in der sich Hardcorebands noch nicht mit Plagiatsvorwürfen herumärgern mussten und niemand auch nur im Traum daran gedacht hätte, diese Sparte mit dem Mainstream in Verbindung zu bringen. Vielleicht auch deshalb klingt der Sound von WHAD so ehrlich und unbekümmert. Sicher nicht die Neuerfindung des Rades, aber mit gezielten Flashbacks jene Größen ins Vorderhirn lockend, die den 90ger-Hardcore prägten und -Screamo etablierten. Aus gutem Grund verzichtete die Band bei ihren ersten drei Releases auf Screamo und Emocore, bekleideten diese lediglich mit den Tags Hardcore und Punk. Der Sound noch roher, das Geschrei brachialer, immer wieder durch rauhen Gesang und punkigen Chören unterbrochen. Die Melodie war schon von Anfang an das anvisierte Ziel, nur waren die Instrumente dreckbeklebter als beim Neuling "Dialectics". Dieses ist dem Screamo bedeutend näher als dem Hardcore, dichter am Emo als am Punk. Trotz der streng konzeptionell angelegten Tracklist, ist "Dialectics" weniger darauf bedacht einen Synapsenkollaps zu erzwingen, als vielmehr das Moshpit zu füllen. Aneinander gereihte Melodiebögen, raffinierte Riffs und ein fast pausenlos hohes Tempo. Dazu die glasklar ausproduzierten Screams, die den oben erwähnten Schmutz nicht vollkommen weg, sondern lediglich in die Ecke kehren. Screamo nach Definition eben. Ausnahmen bilden da z.B. der Chapter IV, dessen Song "Pianoman" in drei Parts gegliedert wurde. Pt. 1 ist die von einer Frauenstimme getragene Ballade, Pt. 2 das Screamgewitter, und Pt. 3 eine Art Spelunken-Song. Neben einer weiblichen Gastsängerin und einen Freund, erhielt WHAD auf "Dialectics" zusätzlich Unterstützung von den Hardcorekollegen The Tidal Sleep.




Andorra~Atkins

Sie starteten keine Revolution, verfügen derzeit nicht mal über einen Labelvertrag, füllten weder Stadien, noch waren sie Teil einer Jugendbewegung. Dennoch dürften Andorra~Atkins einen Platz unter den Top-Ten der bekanntesten unbekannten Hardcorebands Deutschlands einnehmen. Dabei musste die Band bereits unter ihrem Alter Ego Kill Kim Novak - aufgrund des Druckes der Staatsanwaltschaft durfte die Band keinen Merch oder Songs mehr unter diesem Namen veröffentlichen, bzw. Vorhandenes vernichten - oftmals als Referenz herhalten. Von den Medien und Rezensenten wurde die Band in die Sparte des Screamo gesteckt, obwohl sie sich selber eher als Vertreter des Post-Hardcores ansahen. Schwer zu sagen, denn gerade in den Genres Screamo, Emocore, (Post-)Hardcore und Punk, kann bereits eine Textzeile eine vollkommen neue Schublade aufstoßen. Tun wir der Band also einen Gefallen und sehen sie als Verfechter des Post-Hardcores an. Zur Musik will ich hier eigentlich gar nichts weiter sagen, da ich denke, dass diese Band dem geneigten Hörer sowieso ein Begriff sein dürfte. Zur Zeit haben die Jungs eine Bandpause eingelegt, haben Auflösungsgerüchte aber einen strikten Riegel vor die Nase geschoben. Stattdessen sollen vor allem Nebenprojekte, wie Have Rocket. We Travel, vs. Rome, Andorrapopexpress und nicht zuletzt die schlagfertgen Kosslowski, mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden. Da sich die Band seit ihrem KKN-Release "03:05" (benannt nach der Zeitspanne, in der die Songs des Albums entstanden) auf Labelsuche befindet, erschien "Augenlied" in Eigenregie, das uns die Jungs kostenlos zur Verfügung stellen. Danke, Meiner!

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DL "Augenlied"

Montag, September 24

Aldo Raine - Welthass



Aldo Raine, benannt nach dem von Brad Pitt gespielten, nazikillenden Leutnant aus Inglorious Bastards, ist das neue Projekt von Yannic Pöpperling, der ja bereits mit Arroyo zwei brachiale Whateverpostcoremonstren durch den deutschen Untergrund hetzte. Auch "Welthass" könnte so ein Monstrum sein, wenn es denn die drei Beteiligten so gewollt hätten. "Anchored", das Intro der EP, plätschert melancholisch vor sich hin, will Spannung heraufbeschwören, ohne jedoch einen Spannungsbogen zu kreieren. Irgendetwas zirpt unter der Oberfläche, will raus. Vier Minuten lang hält einen der Song hin, bereitet den unvermeintlichen Ausbruch vor. "God Called Me to be a Nun. I Became a Prostitute." schließt nahtlos an, allerdings nicht mit der erwarteten Wall-Of-Sound. Ein kräftiges Schlagwerk und eine melodiöse Gitarre begleiten den Song in die nächste Etappe und so langsam wird einem klar, dass man sich spätestens jetzt im eigentlichen Spannungsbogen befindet. Erst im letzten Drittel des Songs überschlagen sich die Instrumente. Pöpperling kreischt sich die Seele aus dem Leib und hat mit Kim Wermes einen ebenbürtigen Schreihals an seiner Seite. "Seppuku" (der ritualisierte Selbstmord der Samurai) nimmt den wuchtigen Schluss seines Vorgängers direkt auf, platziert dort, wo man eigentlich mit einsetzenden Schreiattacken rechnet, plötzlich einen frivolen Fidel-Twang, ehe sich wieder Schlagwerk und Gitarre in stoischer Ruhe die Bühne teilen und sich Pöpperlings klagendes Wehgeschrei, wie ein letzter verzweifelter Hilferuf, darüber ablegt. Der Rest ist abgeklärte Routine einer ambitionierten Band, die Postrock und -Metal als Basis zum Herumexperimentieren nutzt, und damit nicht mal ansatzweise Rückschlüsse auf genretypische Definitionen zulässt. Pöpperling selbst zeichnete sich für das Coverartwork verantwortlich, welches sich in Papierhülle mit silberglänzendem Aufdruck präsentiert. Der weiß bedruckte Silberling erschien in einer streng limitierten Auflage von gerade mal 20 Stück.

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DL Welthass-EP via Bandcamp

Donnerstag, September 20

3x Midsummer Records



Biffy Clyro wurden einst nachgesagt, sie hätten mit ihrem Album "Infinity Land" eine neue Dimension des Emocores erschaffen. Nun, den Spalt zu dieser Dimension haben die vier Marburger anscheinend auch gefunden. Ihre Debüt-EP "Putting the Pieces Together" fand lobpreisende Resonanz und angelte sich zielsicher die Krone des Demos des Monats 06/2005 in der Visions. Wenngleich Biffy Clyro auch noch in einer anderen Liga spielten/spielen, die Parallelen waren nicht zu überhören. Ihr treibender Emo wagt immer wieder Seitensprünge in den Post- und Indierock. Nicht selten verlaufen die Songs unerwartet in vollkommen andere Richtungen, ändern Melodie und Tempo, was besonders dieser verdammte Übersong "White Butterflies Pay Tribute" eindrucksvoll unter Beweis stellt. Natürlich werden mit kitschigen Arrangements auch mal einige Klischees bedient, da muss man als Emoband und -hörer nunmal durch. Alles erlaubt, solange die Band für sich weiß, was sie will. Oder besser, was sie nicht will. Nämlich hysterische, pubertäre Mädchen zum kreischen bringen oder Feurzeugromantik. Lieber ab ins Moshpit und einmal mehr den unverhoft einsetzenden Taktwechseln in die Falle tappen. Über das überschaubare Label Roadmovie-Productions erschien auch der erste Longplayer "The End Begins Tomorrow", auf dem die Band weiterhin ihre eigene Philosophie auslebt. Das nur ein kleiner Geldbeutel zur Verfügung stand, macht sich nicht nur in der live eingespielten Instrumentierung, sondern vor allem beim rohen Geschrei und Tobi Mösch' ungefiltertem, nicht immer ganz treffsicherem Gesang, bemerkbar. Das ist weniger negativ gemeint, als das es der Band eine Menge Sympathiepunkte einheimst. Vor allem Letzteres sollte seit je größtes Markenzeichen der Band sein. Mit ihrem Wechsel zu Papership Records eröffneten sich neue Möglichkeiten, die die Band auf ihrem zweiten Album "Accidental Goals" (über Bandcamp kann man sich lediglich einige Songs gratis downloaden) jedoch nicht wirklich in originelle Ideen ummünzen konnte. "Accidental Goals" wirkt statisch, wenngleich auch immer noch losgelöst von jeglichen genretypischen Konventionen. Kein wirklich schlechtes Album, aber eben auch kein gutes.
2012 bei Midsummer Records angekommen, erscheint ihr bislang letzter Output "Places". Ihrem POST hängen die Jungs nun ein fettes HARDCORE hinten dran, ihre tiefsitzende Emotionalität spiegelt sich in düsterer Atmosphäre wider. Ein wichtiger und vielleicht auch richtiger Schritt vorwärts, auch wenn AOP, meiner Meinung nach, die Naivität besser stand, als die Souveränität. In Deutschlands bekannter Hardcoreszene sind die Jungs jedenfalls angekommen, supporteten u. A. Größen wie Taking Back Sunday, Turbostaat, Jupiter Jones und Escapado und tourten regelmäßig mit nicht weniger ambitionierten Bands wie Adolar, Todd Anderson, Urlaub in Polen und The Gauss Experience.



Ebenfalls immer wieder gern gesehene Tourpartner sind Thoughts Paint The Sky aus Essen. Ihre Freundschaft mit AOP stellten sie nicht nur mit ihrer gemeinsamen, 2009 aufgenommenen Split unter Beweis, auch das Abschiedskonzert der Band am 28.09.2012 bestreiten sie zusammen. In ihrem herzzerreißendem Abschiedsbrief auf ihrer Homepage nennen die Jungs Arbeits- und Familienstress, Erfolglosigkeit und Internetpiraterie als Gründe für ihr Abtreten. Na klar, sowas trifft in erster Linie kleine Bands, die dann gezwungener Maßen aufgeben müssen, bevor das Herzblut zum existenziellen Ruin umschlägt. Bitter! Dabei war der akustische Screamo von TPTS schon von Beginn an grundsolide und sympathisch, wenn auch nicht die ganz neue Idee. Aber unterhaltsam eben. Vier Alben, vier EP's, zwei Split's und diversen Remixzeug kann die Band seit ihrer Gründung im Jahre 2005 aufweisen. Ein würdiges Vermächtnis aus sieben arbeitsreichen Jahren.
Ganz aufhören wollen sie mit dem Musikmachen nicht. Sänger und Gitarrist Daniel Senzek konnte man dieses Jahr bereits auf dem Truelove-Release "Lynch die Welt" der Band Kosslowski bestaunen. Wohin der Weg der anderen drei Bandmitglieder führen wird, bleibt abzuwarten. R.I.P. TPTS. Und danke für sieben Jahre deutsche Hardcoreinnovation.


 
Mit City Light Thief soll sich der Kreis hier schließen, denn diese spielten nicht nur mit AOP und TPTS einige gemeinsame Shows, sondern landeten letztlich ebenso im Hause Midsummer Records. "Laviin", das Debütalbum der fünf Nordrhein-Westfalen, ist bereits dermaßen komplex und vielschichtig, dass die Band nicht einmal selbst ihren Stil zu klassifizieren vermag, sondern das dem Musikmagazin Empireart überließ: "Für Punk zu komplex, für Post-Core zu poppig, für Indie zu hart." Nun gut, jetzt wissen wir wenigstens, was die Musik von CLT nicht ist. Obwohl man die Tags für sich, sicherlich so schon stehen lassen kann. CLT verknüpfen diese auf eine dermaßen homogenen Art, dass es in der Tat etwas vollkomen Neues sein kann. Vielleicht ist es aber auch einfach bloß Alternative im Indiepelz? Jedenfalls haben die Jungs eine Menge toller Melodien im Petto, was vor allem am mehrstimmigen Gesang (mindestens einer schreit) liegt. Die beiden Alben gibt's bei Midsummer. Über Bandcamp kann man sich die Single "Golden Roots" + Bonustrack und eine Acoustic-EP gratis downloaden. Hoffe, da kommt noch was.

CLT Bandpage
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CLT Myspace
DL Golden Roots via Bandcamp
DL Bedroom Sessions via Bandcamp
Buy via Midsummer Records
Buy via Bigcartel

Donnerstag, September 13

KELEVRA [Bandvorstellung]



KELEVRA sind eine Punkband aus München, die mal ganz anders tickt, als die gewöhnlichen Straßenjungs. Hier wird nämlich Iron Maiden artiger half-Metal mit HC-Punk vermischt - Ob das jetzt "Metal mit Hardcore", "Hardcore mit Metal" oder doch einfach Metalcore ist, ist eigentlich egal. Maidencore. Fakt ist, es zerstört den Proberaum und will aus ihm heraus.
Eine Demo gibts schon lange (2009); Jetzt ist ein neuer Song für den Sampler "In München Nix Los" produziert und eine 7"-EP soll Ende des Jahres folgen. Die Band wird wahrscheinlich im Hardcore- als auch im Metal-Bereich sehr erfolgreich sein und hat dafür jetzt schon den Plan aufgestellt.

HÖREN:



http://kelevra.blogsport.eu/
http://maidencore.bandcamp.com/

Donnerstag, September 6

Touché Amoré "Whale Belly" Songpremiere /+ Split mit The Casket Lottery



Wie was für die härteren Gemüter: Die Post- und Hardcore Band Touché Amoré, die in letzter Zeit viel am Touren (insbesondere sogar in Deutschland) waren, haben nebenher noch zwei dicke Tracks aufgezeichnet, die ab 2. Oktober auf einer Split mit The Casket Lottery zu hören sein werden.

Dazu kann man bei NPR Music schon ein recht cooles Review (englisch) lesen und bereits einen der neuen TA Tracks anhören - Klingt richtig geil !


Homepage Touché Amoré

Dienstag, September 4

Billy Talent's viertes Album im Stream vorhören!



Billy Talent haben ihr viertes Album Dead Silence bereits 3 Tage vor offiziellen CD-Release auf Soundcloud hochgeladen!

[Nachtrag von Crusty]

Ich habe mir erst vor kurzem das Album zu Gemüte geführt, da mich Billy Talent eigentlich bereits mit ihrem zweiten Album schon wieder als Fan verloren hatten. Zu gleichartig klangen ihre "Hits" und der zwanghafte Versuch, alles in eine Schablone pressen zu wollen. Dazu der stetige Konflikt, ob man nun eher eine Post-Hardcore- oder doch lieber die beliebte Pop-Punk-Band, die man auch gern seinen chartverwöhnten Freunden vorspielte, sein wollte.
Vielleicht lag es an meiner niedrigen Erwartungshaltung, dass mich ihr viertes Album nun regelrecht umhaute. Auch wenn in positiven Kritiken zu "Dead Silence" immer wieder von der Rückkehr zu ihren Stärken die Rede ist, finde ich eher, dass Billy Talent noch nie so entfesselt und unbeschwert aufgespielt haben, wie auf ihrem aktuellem Album. Na klar ist das auch ein großer Schritt Richtung Anfang. Aber die Band macht nun keinen Hehl mehr daraus, Pop-Punk in seiner reinsten Form zu zelebrieren, was vor allem die Tracks 4 und 5 zeigen. Und Pop-Punk soll keineswegs negativ gemeint sein, als vielmehr zum Ausdruck bringen, dass bei allem Spaß der nötige Ernst eben nicht vollständig abhanden kommen sollte. Das Wissen auch Billy Talent. Das Album ist aus einem Guss, könnte unentwegt in der Repeat-Schleife festsitzen, ohne zu nerven. Kein überflüssiges, aggressives Geschrei. Stattdessen treffsichere Chöre, die einem regelrecht Erpelpelle über die Haut jagen. Stellvertretend dafür ist eigentlich das letzte Drittel des Albums mit Songs, die so von der Band vorher noch nicht zu hören waren. Im elften Track singt sich Sänger Kowalewicz in einen wahren Melodierausch, ungehemmt und geradezu leidenschaftlich, sodass dieser Song ewig hätte weitergehen können. Und sowieso legen Billy Talent an den Stellen eine Schippe turbolenten Spaß nach, wo andere Bands mit Lückenfüllern oder Spielzeithascherei ihre Alben ein eher unwürdiges Ende bereiten. Dieses Album geht unter die Haut und macht Spaß. Ich für meinen Teil konnte nie so richtig verstehen, dass Songs wie "Devil in a Midnight Mass" oder "Devil on My Shoulder" zu Hitsingles avancieren konnten. Songs dieser Art beherbergt "Dead Silence" zum Glück nur noch mit "Surprise Surprise", der meiner Meinung nach der schwächste Song des Albums und zum Glück die Ausnahme ist.



billytalent.de

Jahres-Sampler